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Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)

Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)

Titel: Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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man das, wenn ich Sie nicht mehr aus dem Kopf kriege? Wunschdenken?«
    »Das kommt ganz auf Ihre Wünsche an.«
    »Ich hab Sie gegoogelt.«
    Sie lehnte sich zurück und hob die Brauen.
    »Als eine Art Abkürzung, um die Neugier zu befriedigen. Aber manchmal macht man lieber einen Umweg und recherchiert direkt an der Quelle, vielleicht sogar bei einem guten Essen und einem Drink. Und falls Sie sich jetzt fragen, ob das eine Anmache sein soll, kann ich das nur mit einem eindeutigen Ja beantworten.«
    »Ich bin eine geschulte Beobachterin. Wenn ich etwas weiß, muss ich mich das nicht fragen. Ich weiß Ihre Aufrichtigkeit und Ihr Interesse sehr zu schätzen, aber …«
    »Bitte sagen Sie jetzt nicht aber, nicht von Anfang an.« Er beugte sich vor, griff nach einer Haarspange, die sie vorher verloren haben musste, und gab sie ihr. »Sie könnten es als eine Art öffentliche Dienstleistung betrachten, und ich bin die Öffentlichkeit. Wir könnten uns bei einem guten Essen unsere Lebensgeschichte erzählen. Wann und wo, bestimmen Sie. Und wenn uns das, was wir da hören, nicht gefällt – na und?«
    Sie legte die Haarspange auf ihren Schreibtisch. »Jetzt sind Sie der Verhandler.«
    »Und darin bin ich ziemlich gut. Wir könnten auch nur was trinken gehen – eine halbe Stunde, direkt nach der Arbeit oder nach Dienstschluss, wie Sie es nennen.«
    »Heute Abend kann ich nicht – da hab ich schon was vor.«
    »Und gibt es irgendeinen Abend in nicht allzu ferner Zukunft, an dem Sie noch nichts vorhaben?«
    »Jede Menge sogar.« Sie wippte sanft mit ihrem Stuhl vor und zurück und musterte ihn. Warum sah er auch so verdammt gut aus? Sie hatte jetzt wirklich keine Zeit für so was. »Morgen Abend, von neun bis halb zehn. Ich treffe Sie in der Bar.«
    »Prima. In welcher Bar?«
    »Wie bitte?«
    »Sie wollen doch bestimmt nicht ins Dunc’s – und erst recht nicht nach dem gestrigen Tag. Außerdem ist es dort laut und voll, und die Jungs reden nur über Sport. Ich bin eher fürs Swifty’s.«
    »Gehört Ihnen das Swifty’s?«
    »Sozusagen. Waren Sie schon mal da?«
    »Ein Mal.«
    Er zog die Brauen zusammen. »Und es hat Ihnen nicht gefallen.«
    »Mir schon. Aber meinem damaligen Begleiter nicht.«
    »Wenn Sie lieber woanders hinwollen …«
    »Nein, ist gut. Um neun also. Sie können dann einen Großteil der halben Stunde damit bestreiten, mir zu erklären, wie man ›sozusagen‹ ein paar Bars und ein Mietshaus besitzen kann.«
    Er schenkte ihr wieder sein gewinnendes Lächeln. »Ich hoffe, Sie überlegen es sich nicht wieder anders.«
    »Das passiert mir selten.«
    »Gut zu wissen. Also dann bis morgen, Phoebe.«
    Das war unvernünftig, dachte sie, während sie ihm nachsah. Aber wahrscheinlich war es immer unvernünftig, sich mit einem schlaksigen, charmanten Mann mit knallblauen Augen zu verabreden, und erst recht mit jemandem, der ihr Schmetterlinge im Bauch bescherte, wenn er sie anlächelte.
    Egal, es war ja nur auf einen Drink. Außerdem war es schon lange her, dass sie sich eine halbe Stunde aus den Rippen geschnitten hatte, um mit einem Mann unvernünftig zu sein.
     
    Kurz nach sieben kam Phoebe mit einer Tüte voller Lebensmittel und einer schweren Aktentasche vollkommen genervt nach Hause. Ihr Auto hatte in der Nähe des Polizeireviers den Geist aufgegeben. Die Abschleppkosten würden einen Großteil ihres monatlichen Budgets auffressen. Und wenn sie dann noch an die Reparaturkosten dachte, gefiel ihr die Idee mit dem Banküberfall immer besser.
    Sie ließ ihre Aktentasche fallen und sah sich im prächtigen Foyer um. Es war lächerlich, in einem verdammten Herrenhaus zu leben und nicht zu wissen, woher man das Geld nehmen soll, um einen acht Jahre alten Ford Taunus reparieren zu lassen. Es war lächerlich, von Antiquitäten, Kunst, Silber und Kristall umgeben zu sein, ohne irgendetwas davon verkaufen, verpfänden oder eintauschen zu können.
    Sie lehnte sich gegen die Eingangstür und schloss so lange die Augen, bis sie wieder so etwas wie Dankbarkeit empfinden konnte. Sie hatte ein Dach über dem Kopf, ihre Familie hatte ein Dach über dem Kopf. Dafür war stets gesorgt.
    Solange sie sich an die Regeln hielt, die eine tote Frau aufgestellt hatte.
    Sie richtete sich auf und verdrängte ihre Sorgen, bis sie sich wieder gefasst hatte. Dann trug sie die Tüte mit den Lebensmitteln quer durchs Haus in die Küche.
    Da waren sie auch schon, ihre Mädels. Carly saß am Küchentisch und brütete über ihren Hausaufgaben.
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