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Im Land der Sehnsucht

Im Land der Sehnsucht

Titel: Im Land der Sehnsucht
Autoren: Margaret Way
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zu arbeiten. Nur so konnte sie Riley bei sich behalten, bis er alt und gefestigt genug war und sie ihn auf ein Internat schicken konnte. Dafür würde sie zwar die restliche Geldsumme, die sie von ihrer Großmutter mütterlicherseits geerbt hatte, hergeben müssen, aber dazu fühlte sie sich verpflichtet. Außerdem war sie dem Schicksal unendlich dankbar, dass es sie so unerwartet mit Riley zusammengeführt hatte.
    Den Aufgaben einer Erzieherin fühlte sich Marissa durchaus gewachsen. Sie hatte ein Examen in Pädagogik abgelegt, im „Saint Catherine’s“ in Brisbane als Lehrerin gearbeitet und nebenbei für den Titel „Magistra Artium“ studiert. Die Begegnung mit Riley hatte ihren diesbezüglichen Bemühungen vorläufig ein Ende gesetzt, aber sie war entschlossen, ihr Studium später erfolgreich abzuschließen.
    Dr. Eleanor Bell, die Direktorin vom „Saint Catherine’s“, wo Marissa unterrichtet hatte, war bei der Kündigung sehr verständnisvoll gewesen.
    „Wenn Sie in Schwierigkeiten kommen, werden Sie hier immer willkommen sein“, hatte sie Marissa versprochen. „Deshalb betrachte ich diesen Abschied auch nicht als endgültig. Versuchen Sie Ihr Glück, und lassen Sie in jedem Fall von sich hören.“
    Die gute Eleanor! Sie hatte sich immer für Marissa eingesetzt und verdiente es, zu gegebener Zeit von ihrem Schützling zu hören. Seit sie Direktorin war, herrschte im „Saint Catherine’s“ genau die warmherzige Atmosphäre, die Marissa zu Hause immer vermisst hatte. Wie das klang … zu Hause! Seit dem Tod ihrer Mutter hatte Marissa kein Zuhause mehr gehabt. Ihre Verwandten hatten sie zwar bei sich aufgenommen, ihr aber keine Liebe entgegengebracht. Erst mit dem Wechsel auf die Schule hatten sich alle familiären Probleme von selbst gelöst. Marissa hatte seitdem ein freies, selbstständiges Leben geführt, bis Riley auf der Bildfläche erschienen war. Damit hatte sich alles schlagartig verändert.
    Marissa schüttelte die Erinnerungen ab. Sie stieg aus, reckte und streckte sich, um den Körper zu lockern. Dusty war mit einem Sprung draußen und jagte davon. Eine Schar weißer Kakadus fühlte sich gestört und flog kreischend auf. Es kam selten vor, dass jemand den stolzen Vögeln mit der gelben Federhaube das Revier streitig machte.
    „Tob dich ordentlich aus!“, rief Riley seinem Freund nach. „Die Bewegung wird dir guttun.“
    „Du solltest dir auch die Beine vertreten“, meinte Marissa. Sie nahm eine Straßenkarte aus dem Handschuhfach und warf Riley dabei einen flüchtigen Blick zu. Er litt unter Asthma, und sie war ständig in Sorge um ihn. Nach Meinung des Spezialisten, den sie nach Rileys letztem schweren Anfall zu Rate gezogen hatte, würden sich die beängstigenden Symptome mit der Pubertät verlieren, doch Riley war erst sieben und hatte noch einige kritische Jahre vor sich. Die klare, trockene Luft des Outback war nach Ansicht des Arztes genau richtig für ihn, und Marissa setzte große Hoffnung darauf. Schon jetzt spürte sie den Unterschied zur Stadt. Hier draußen ließ es sich viel leichter und freier atmen.
    Riley gehorchte bereitwillig. Er war fügsam, und sein Verhalten war immer einwandfrei. Ihr gemeinsamer Vater hatte ihn ausgezeichnet erzogen.
    „Geht es dir gut?“, erkundigte sie sich wie nebenbei und berührte leicht seine Schulter. Er war klein für sein Alter und hatte einen zarten Körperbau. Das Leben war nicht besonders freundlich mit ihm umgegangen. Marissa vermutete, dass es in der Vergangenheit dunkle Punkte gab, von denen sie noch nichts wusste. Umso mehr bewunderte sie ihn wegen seiner inneren Haltung, die bei einem siebenjährigen Jungen ungewöhnlich war. Marissa war stolz, so einen Bruder zu haben. Das Wort „Halbbruder“ hatte sie inzwischen aus ihrem Vokabular gestrichen.
    „Na klar.“ Riley strahlte sie mit seinen blauen Augen an, die von dichten schwarzen Wimpern umsäumt waren.
    „Deine Stimme klingt etwas rau“, stellte Marissa besorgt fest. Sie wusste aus Erfahrung, wie schnell sich Rileys Zustand verschlechtern konnte.
    „Meine Kehle ist trocken“, beruhigte Riley sie. „Mach dir keine unnötigen Sorgen, Ma. Wenn mir das Atmen schwererfällt, melde ich mich. Kann ich etwas zu trinken bekommen?“
    „Natürlich. In der Kühltasche ist kaltes Mineralwasser. Ich werde dir Gesellschaft leisten, und Dusty muss auch was haben, wenn er zurückkommt.“
    „Falls er zurückkommt“, verbesserte Riley sie. Er öffnete den Kofferraum, nahm zwei
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