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Im Kühlfach nebenan

Titel: Im Kühlfach nebenan
Autoren: Jutta Profijt
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Betstunde war gerade vorbei. Uns lief die
     Zeit davon. »Die Türklinke steht unter Strom. Wenn die Oberin gleich ihre Runde dreht, kriegt sie einen Schlag, der ihrem
     Herz den Rest geben wird«, brüllte ich Marlene zu. »Wie, was, hä?«
    Ich erklärte ihr die Sache im Schnellverfahren, während wir entsetzt mitansehen mussten, wie eine Schwester nach der anderen
     die Kirche verließ. »Was können wir tun?«, fragte Marlene mit Panik in der Stimme. »Sie darf nicht auch noch sterben.«
    |279| Ich überlegte verzweifelt. Zu Martin düsen und ihn bitten, im Kloster anzurufen? Dauerte zu lang. In der Nähe jemanden suchen,
     der mit einem Funk-Headset telefonierte? Dauerte zu lang. Einen Kurzschluss im System auslösen? Ging nicht. Wir konnten keine
     elektrischen Leitungen manipulieren.
    Eine Gestalt löste sich von der Gruppe, die in Richtung Refektorium ging. Die Oberin. Sie begann ihre Runde, kontrollierte
     die Durchfahrt, die rückwärtigen Türen der Kirche und kam mit schnellen Schritten auf die Pforte zu. »Sie kommt«, schrie Marlene.
     »Lass dir was einfallen.« »Was denn, zum Teufel?«, schrie ich zurück.
    »Fluche nicht«, schrie sie mich an. »Bitte lieber um Gottes Beistand.«
    Ich konnte es nicht fassen. Als ob beten in so einer Situation hilft. Ich wollte schon eine pampige Antwort geben, als Lenchen
     tatsächlich laut zu beten anfing. »Herr, als Sünder stehen wir hier vor dir. Wir bitten jedoch nicht für uns.«
    »Wir stehen hier nicht als Sünder, sondern als elektromagnetische   …«, begann ich mit triefendem Spott in der Stimme, aber dann kam mir die Erleuchtung. Elektromagnetische Wellen hatte ich
     sagen wollen. ElektroMAG-NETisch. Der Magnet in der Tür. Vielleicht konnte ich dem ja einen ordentlichen magnetischen Impuls
     mitgeben. Aber wie?
    Die Oberin hatte die Tür fast erreicht, nur noch drei Schritte trennten sie von der Todesfalle. Sie streckte die rechte Hand
     aus, um nach der Klinke zu greifen. Jetzt oder nie, dachte ich, dann sauste ich mit aller mir zur Verfügung stehenden Konzentration
     in den Spalt zwischen Tür und Türrahmen, wo der Magnet sitzen musste.
    »Huch«, rief die Oberin erschrocken. Die Tür war, nur den Bruchteil einer Sekunde, bevor |280| die Nonne die Klinke hatte ergreifen wollen, aufgesprungen.
    Rumms! Mit einem Schulterwurf, der beide Klitschkos auf einmal erledigt hätte, warf die Oberin sich gegen die Türfüllung und
     stemmte sich mit dem Rücken gegen das Holz. Logo! Sie hatte bei einer unvermittelt aufspringenden Tür an einen erneuten Überfall
     gedacht. Die Frau war auf Zack!
    »Danke, Herr«, schluchzte Marlene. Blöde Kuh. Schließlich hatte ich die Oberin gerettet! »Alarm«, brüllte die Oberin in einer
     Lautstärke, dass Marlene und mir die Elektronen um die Ohren wirbelten. Im Laufschritt kam der ganze Pulk Schwestern aus dem
     Refektorium zur Pforte gerannt. Eine hielt etwas ans Ohr. Potzblitz: ein Handy!
    »Ja, Kloster Mariental.« Es war unser schlitzohriges Mao-am, die die Bullen am Rohr hatte. Sie war eiskalt. Wie dieses Engelchen
     für Charlie. Sieht aus wie eine Porzellanpuppe und kämpft wie Iron-Man. »Vermutlich ein Eindringling. Nein, Genaueres weiß
     ich nicht. Unser neues Türsicherungssystem hat Alarm gegeben. Ja, bitte. Schnell. Danke sehr.«
    »Wir sollen uns gemeinsam in einen Raum im hinteren Teil des Klosters begeben«, sagte Charlies Engel. »Mutter Oberin? Ist
     alles in Ordnung?« Die Oberin nickte und rappelte sich langsam auf die Beine. Marlene und ich erlebten eine Schrecksekunde,
     als sie nach der Türklinke griff, um sich daran festzuhalten, aber zwei Schwestern waren rechtzeitig zur Stelle, um die Oberin
     fest auf die Füße zu stellen. Sie rieb sich die Schulter. Der Bluterguss würde galaktisch werden.
    Marlene begleitete ihre Schwestern zum Refektorium, ich zischte durch die Tür und wartete auf die Bullen. Vor der Tür allerdings
     traf ich Siegfried Baumeister.
    |281| »Hallo«, rief er gegen das Holz. »Gibt es ein Problem? Ich habe einen Hilferuf gehört!« Was wollte der Kerl hier? Wollte er
     sichergehen, dass die Schwester Oberin tot war? Oder hatte er ein schlechtes Gewissen und wollte sehen, ob er noch etwas retten
     konnte? Oder wollte er die Schaltung wieder in Ordnung bringen, bevor die Bullen eintrafen? Ich hatte keine Ahnung, denn seine
     Gedanken konnte ich nicht lesen und in seinem Gesicht war keine Antwort zu finden.
    »Gehen Sie von der Tür weg, bitte«, sagte eine freundliche
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