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Im Kühlfach nebenan

Titel: Im Kühlfach nebenan
Autoren: Jutta Profijt
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nehmen. Auch Radio und Fernseher entzogen
     sich unseren Bemühungen. Vermutlich gab es hier einen Kabelanschluss.
    Wir zogen uns leicht frustriert zur Lagebesprechung an die Längsseite des riesigen Wohnzimmers zurück, um von dort einen vernünftigen
     Überblick zu haben, als plötzlich ein Alarmsignal losröhrte. Wir zuckten zu Tode erschrocken zusammen. Alle drei.
    Baumeister kam angerannt, glotzte uns direkt an und jammerte leicht lallend: »Das kann nicht sein, das darf nicht sein, so
     was gibt es nicht.« Marlene und ich erstarrten. »Kann der uns etwa sehen?«, fragte Marlene leise. Ich konnte ihr keine Antwort
     darauf geben. Es war undenkbar. Aber so, wie Baumeister uns direkt in die Augen starrte, war ich mir plötzlich über gar nichts
     mehr sicher. Baumeister hatte inzwischen noch einen Schritt nach vorne gemacht und berührte nun vorsichtig den Rahmen des
     riesigen Ölgemäldes, vor dem wir schwebten. Hinter dem Ölgemälde war, wenn man nah genug dran war, eine Metallplatte zu erkennen.
    Jetzt wurde mir die Sache klar. Die Metallplatte war genauso ein Feldstärkenmessgerät, wie es Martin in seiner Wohnung angebracht
     hatte. Die Technologie wurde als Alarmanlage für Einzelobjekte genutzt, das hatte ich letzte |269| Nacht im Internet gelesen. Marlene und ich hatten durch unsere Anwesenheit vor dem Schinken den Alarm des Bildes ausgelöst
     und Baumeister starrte auf die hässlich vollgekleckste Leinwand, nicht auf uns. Ich verklickerte Marlene schnell die Zusammenhänge,
     und wir atmeten erleichtert auf.
    Dann grinsten wir uns an. Vermutlich hatte er andere Bilder in seiner Bude auch so gesichert. Die Nacht würde noch lang werden.
     Das wurde sie. Jeder Alarm an einem Bild veranlasste einen automatischen, direkten Alarm bei einer Security-Firma, deren Gorillas
     zweimal angerast kamen, aber danach nur noch anriefen, um zu hören, ob es sich wieder um Geisteralarm handelte. Nachts um
     drei rief ein Nachbar die Bullen, weil er sich von dem ständigen Sirenengeheul gestört fühlte. Baumeister stand in seinen
     inzwischen vollkommen verknitterten Klamotten, mit triefäugigem Blick und nach Fusel stinkend vor den Bullen und versicherte
     ihnen, es sei eine bedauerliche Störung der Alarmanlage und die Sicherheitsfirma arbeite bereits daran.
    Die Streifenbeamten waren dieselben, die vorher den Unfall aufgenommen hatten. »Ist wohl nicht Ihr Tag, was?«, sagte der eine.
     »Haben Sie es sich mit dem lieben Gott verscherzt?«, scherzte der andere. Baumeister wurde aschfahl, sagte aber nichts. Mit
     einem zweifelnden Seitenblick auf den mit dem Garagentor verkeilten Geländewagen zog die Streifenwagenbesatzung schließlich
     ab, fuhr aber im Verlauf der Nacht regelmäßig am Haus vorbei. Baumeister beobachtete sie mehrmals durch die halb geschlossenen
     Gardinen.
    Zum Schlafen kam er in dieser Nacht wenig. Erst hatten wir die Diebstahl-Alarme ausgelöst, um Baumeister ein bisschen durch
     die Bude zu jagen, aber als |270| die Securitys zum dritten Mal anriefen, hatte Marlene eine Idee. Die Telefonspezialistin schickte mich zum Alarmauslösen,
     dann hockte sie neben der Basisstation des schnurlosen Festnetztelefons und wartete darauf, dass die Sicherheitsheinis anriefen.
     Sie übte. Um sechs Uhr morgens war sie sicher, dass sie den Trick heraushatte. Sie ließ das Telefon klingeln.
    Baumeister erwachte aus einem unruhigen, immer wieder unterbrochenen Schlaf auf der Couch im Wohnzimmer, öffnete die verquollenen,
     roten Augen, hatte Mühe, sich zu orientieren, und kam endlich auf die Beine. Er nahm den Hörer ab, das Freizeichen ertönte,
     es war ja niemand in der Leitung. Wir leider auch nicht, denn Nachrichten in den Hörer zu sprechen hatten wir nicht drauf.
     Aber wir konnten es klingeln lassen. Und das taten wir. Ging Baumeister nicht ran, klingelte es weiter. Hob er ab, war niemand
     dran. Er machte keine Anstalten, das Telefon stumm zu schalten oder den Stecker zu ziehen. Er saß einfach neben dem Gerät
     und stierte mit stumpfen, blicklosen Augen starr vor sich hin. Klingelte das Ding, hob er den Hörer ab, war niemand dran,
     legte er wieder auf. Seine Augenringe hatten inzwischen die Größe von Bierdeckeln und die Farbe von Altöl, seine Hände zitterten
     und er stank aus allen Poren nach Alkohol, Schweiß und Angst. Nach zwei Stunden hatte endlich auch Marlene die Lust verloren.
    »Lass uns zu Martin und zum Kloster düsen und sehen, was es dort Neues gibt«, schlug ich vor, als das
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