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Im Kettenhemd (German Edition)

Im Kettenhemd (German Edition)

Titel: Im Kettenhemd (German Edition)
Autoren: Dieter Reitze
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von Junker Jörg und war der beste Plattner weit und breit. Dietrich war äußerst interessiert an den metallurgischen Verbindungen und Meister Heribert schätzte sein Geschick. Er ließ ihn kleine Arbeiten selbst ausführen und war auch von Dietrichs Waffenkunst sehr angetan. Als jedoch Marburg von den Truppen des Bischoffs angegriffen wurde, erhielt er Kunde, dass Heribert bei der Verteidigung des Westtores den Tod gefunden hatte. Was für ein Verlust!
Nach einem guten Morgenmahl, welches er dieser Soldatenabsteige gar nicht zugetraut hatte, wollte Dietrich zu der Stelle, wo er gestern Abend Junker Jörg hatte liegen sehen. Er legte nur sein weiches Lederwams an und warf seinen Wappenrock über, auf dem die Farben des Hauses derer von Seidenpfad in der Morgensonne leuchteten. Sein Schwert an der Seite, ging er die Gasse hinauf zum Haupttor. Die warme Junisonne schickte ihre Strahlen schon recht kräftig auf die Erde nieder. Viel Volk, mit Handel und Wandel beschäftigt, begegnete ihm. In der Sonne glänzten die abgelegten Rüstungsteile und Kampfeisen. Knappen waren mit Putzen und Ausbesserungen beschäftigt. Das geschäftige Treiben erinnerte Dietrich an die Zeit in Lüttich, die für ihn voll interessanter Eindrücke war.
Als er an den Käfigen eines Vogelhändlers vorbeikam, aus denen allerlei Gezwitscher und Pfeifen zu hören war, fiel ihm ein Blondschopf mit kantigem Gesicht durch seinen besonderen Eifer auf. Er saß auf einer kleinen Holzbank gleich neben dem prächtigen Verkaufsstand eines Tuchhändlers. Der Jüngling schärfte die Schwertklinge eines Bidenhänders. Hierzu benutzte er einen funkelnden und besonders glatten Stein. Wohl zum Prüfen der Schärfe hatte er ein Bündel Reisig aufgestellt. Als Dietrich an ihm vorüberging, schlug der junge Mann mit einem sehr geschickten, fast ansatzlosen Hieb dem Reisigbündel die Spitze ab.
»Guter Hieb, mein Bester«, sagte Dietrich verblüfft.
»Danke Monsieur, ich geb mir alle Mühe«, entgegnete der Jüngling.
»Hast du dies auch schon einmal auf dem Schlachtfeld getan?«, fragte Dietrich, neugierig geworden.
»Nein, Monsieur«, antwortete jener. »Ich möchte mich gern dem Heer des Königs anschließen, aber sie sagen, ich wäre noch zu jung.«
»So, sagen sie das? Wer das Langschwert so führen kann wie du jetzt schon, ist diesen rauen Kerlen, die eine Gasse hauen können, ebenbürtig. Nur ist es eben etwas anderes, einem Reisigbündel die Spitze zu nehmen als einem Mann den Kopf. Wer ist dein Herr, Knabe?«
»Nun, mein Herr war Gunter von Albricht, der leider nicht mehr auf dieser Welt fechten kann.«
»Hast du von ihm diesen Schwerthieb gelernt?«, fragte Dietrich mit Interesse.
»Ja, Herr, diesen und noch so einiges. Ritter Albricht zog unter vielen Flaggen durch die Lande und hat dort die Fechtkunst fremder Krieger erlernt.«
Dietrich brauchte einen Knappen, und dieser hier schien ihm mehr als geeignet. Das Anlegen der Rüstung, die Pflege der Waffen und die Pferde zu versorgen waren Aufgaben, die man mit Hingabe und Pflichtbewusstsein zu tun imstande sein musste.
»Wenn du so gut die Aufgaben eines Knappen erledigen kannst, wie du Reisig zerkleinerst, will ich dich gern mit mir nehmen und deiner Kampfkunst noch so einiges hinzufügen.«
Der junge Mann, der auf den Namen Cedric hörte, konnte sein Glück kaum fassen und willigte jubelnd ein.
»Deine weitere Ausbildung beginnt noch in dieser Stunde. Ich erwarte Disziplin und Mut von dir. Behalte immer die Übersicht und behandle dir anvertraute Sachen mit Respekt«, hörte er seinen neuen Herrn wie aus einer Wolke tönen. Was für ein Tag, der doch gerade erst begonnen hat, dachte Cedric.
Am Lagerplatz der Verwundeten angekommen, hielt Dietrich Ausschau nach Junker Jörg. Es bot sich so manch grausiger Anblick, und viele waren dem Tode näher als dem Leben. Die Kleider der wenigen Frauen und Männer, die sich um die vielen Verwundeten kümmerten, waren über und über mit Blut beschmiert, und so waren sie nur schwer von denen zu unterscheiden, die sie pflegten. Plötzlich erblickte Dietrich seinen alten Kämpen und ging direkt auf ihn zu. Zwei seiner treuesten Männer waren bei ihm und wachten über sein Wohl. Als Dietrich mit dem Knappen näher kam, hatten die schon die Hand am Dolch.
»Ruhig, Freunde«, beschwichtigte er die Männer. »Wir«, und er zeigte auf den am Boden liegenden Junker, »haben schon Seite an Seite gehauen und gestochen, da wart ihr noch Kinder.«
Die Männer traten etwas zurück
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