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Unheilige Gedanken auf dem Heiligen Weg, mein Jakobsweg quer durch Spanien

Unheilige Gedanken auf dem Heiligen Weg, mein Jakobsweg quer durch Spanien

Titel: Unheilige Gedanken auf dem Heiligen Weg, mein Jakobsweg quer durch Spanien
Autoren: Laura Milde
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    Für IHN
     
     
     
     
     
    Die Entscheidung
    Ich habe niemanden ermordet. In Gedanken schon manchmal. Aber Gott sei Dank kam immer etwas dazwischen. Nein, ich habe nicht das Gefühl, pilgern zu müssen, um den Ablass von meinen Sünden zu erlangen. Das war der Hauptgrund, weswegen die Menschen des Mittelalters diesen Weg gingen. Deswegen gehe ich den Jakobsweg nicht. Ich gehe ihn, weil eine Freundin sagt, dass ich ihn gehen soll. Und weil ich aus meiner Depressionsphase nach meiner Scheidung noch nicht so ganz raus bin. Und weil ich irgendwie auf der Suche bin und nicht weiß, wonach. Und weil ich einen Burnout hinter mir habe. Und weil einfach irgendetwas passieren muss. Auf dem Weg erkenne ich dann, warum ich mich wirklich auf das Pilgern quer durch Spanien eingelassen habe.
    Meine Freundin Dorit O. ruft mich an und sagt zu mir: „Laura, Du musst den Jakobsweg gehen!“ Ich habe keine Ahnung, was das für ein Weg ist und höre nur von ihr, dass ich den einfach gehen muss. Ich solle nicht fragen, soll es einfach nur tun! Und ich sei ja jetzt geschieden und bräuchte niemanden um Erlaubnis zu fragen.
    Ich kaufe mir ein Buch über den Jakobsweg und wundere mich, dass ich davon noch nie zuvor gehört hatte. Nun, so erstaunlich ist das allerdings nicht, wenn ich bedenke, dass ich seit zig Jahren nicht fernsehe, keine Nachrichten höre und keine Zeitung lese. Und wieder einmal bestätigt sich meine Einstellung, dass alles zu mir kommt, was für mich wichtig ist. So jetzt auch die Information über den Camino de Santiago. Die Beschreibung über diesen uralten Pilgerweg fasziniert mich. Ich hole mir eine Hör-CD von Paolo Coelho über den Jakobsweg. Dabei handelt es sich jedoch um eine mystische Erzählung, die zwar spannend ist, mir jedoch wenig umsetzbare Hinweise gibt, was für die Planung meines Weges zu beachten wäre. Aber ich erkenne allmählich die Dimension des Weges, als ich auch von Shirley McLain einen Bericht ihres Jakobsweges lese. „Ob ich das überhaupt schaffe?“, frage ich mich – und auch: „Ist das nicht zu gefährlich, den Weg als Frau ganz allein zu gehen?“ Zu den verschiedensten Erzählungen über den Camino besorge ich mir noch einen Wanderführer, worin nicht nur Empfehlungen für die Tagesetappen beschrieben stehen, sondern auch ganz praktische Tipps für das Packen des Rucksackes und vor allem, was man garantiert nicht braucht. Hier lese ich, dass der Weg heutzutage nicht mehr gefährlich sei, da das Land Spanien akribisch darauf achte, dass der Ruf des Pilgerweges nicht beschädigt wird. Allerdings ist man für die "inneren Prozesse", über die in vielfältigsten Farben berichtet wird, selbst verantwortlich.
    Ich verschlinge geradezu Literatur zum Weg und erfahre, dass die größte Herausforderung nicht unbedingt nur die physische Anstrengung sei, sondern das "konfrontiert sein" mit sich selbst. Paare werden besonders gewarnt, da sich auf dem Weg nichts verbergen lässt und selbst das ans Tageslicht kommt, was man schon Jahre achtsam unter Verschluss gehalten hat. Gute Beziehungen würden noch gefestigt, wacklige Beziehungen ziemlich sicher getrennt. So gesehen ist es vielleicht sogar einfacher, alleine loszuziehen. Mich selbst würde ich schon irgendwie aushalten.
    Ich spreche mit meinem Freund Karsten darüber. Er unterstützt mich in all meinen Vorhaben. Er ist ein wunderbarer Freund. Er sagt nie, dass das doch verrückt sei, was ich da vorhabe. Ich will etwas gerne tun und darum unterstützt er mich dabei. Herrlich unkompliziert! So erklärt er sich sofort bereit, meine zwei Hunde und meine beiden Katzen zu betreuen, während ich unterwegs bin.
    Ich brauche einen Pilgerausweis, das Credential del Peregrino, um in den Herbergen übernachten zu können. In diesen Ausweis werden in allen Unterkünften Stempel gedrückt, die die bewältigte Route dokumentieren. Den bekomme ich bei meiner Gemeinde in Aschau im Chiemgau. Jetzt wird mir wieder mulmig, als mir die nette Frau vom Amt ein großes Kompliment ausspricht, wie mutig ich sei, diesen Weg zu gehen. Noch dazu alleine! Im Ausweis wird vermerkt, dass ich den Weg zu Fuß gehen würde. Man kann diesen Weg auch per Fahrrad oder per Pferd bestreiten, steht da. Zu Fuß war ich schon immer besser unterwegs als mit dem Fahrrad. Vielleicht auch deshalb, weil ich nie ein so tolles, supermodernes Fahrrad mit achtzehn Gängen besessen habe. Und Pferd habe ich auch keines. Also klar, dass ich auf Schusters Rappen gehe.
    Und so nimmt mein
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