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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los
Autoren: Tom Holt
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schlagen Sie vor?«
    »Ähm.«
    »Schwer zu plazieren, finden Sie nicht?« fuhr der Mitarbeitervertreter fort, wobei seine Miene verriet, daß er sich innerlich darauf vorbereitete, einen entscheidenden Punkt zur Sprache zu bringen. »Ich meine, für die Rubrik Börsenblatt wäre so etwas wohl weniger geeignet, oder?«
    »Versuchen wir doch, das Ganze ausnahmsweise einmal von der positiven Seite zu betrachten«, erwiderte der Personalchef gereizt. »Das Problem ist doch ganz einfach, daß wir alle viel zu versessen darauf sind, die Nachteile zu sehen und keinen Blick …«
    »Genau«, fiel ihm der Außenstellenleiter ins Wort. »Gerade Sie sind ja immer munter dabei. Aber, wissen Sie, meiner Ansicht nach hat der Belegschaftsvertreter auch nicht ganz unrecht.«
    Alle Kinder Gottes haben nicht ganz unrecht, dachte der Personalchef, nur sind einige verdammt dämlich. Er versuchte sich zu beruhigen, indem er auf das Blatt mit der Tagesordnung ein Raumschiff zeichnete.
    »Ich finde nach wie vor, wir sollten sie öffentlich ausschreiben«, fuhr er fort, wobei er die Fingerspitzen gegeneinanderdrückte, um das Zittern der Hände zu unterbinden. »Ich meine, warum denn nicht? In der freien Wirtschaft ist so was doch auch gang und gäbe. Dort werden freie Stellen nicht streng geheimgehalten, als ob das etwas wäre, dessen man sich schämen müßte. Man wendet sich an die Öffentlichkeit und bittet die Leute um Bewerbungen.«
    »Tolle Idee«, stimmte der Mitarbeitervertreter mit der Begeisterung einer Leiche zu. »Wo suchen wir also?«
    Es herrschte Schweigen.
    »Na schön«, sagte der Personalchef. »Was schlagen Sie vor? Wir brauchen jemanden, und zwar schnell. Sie sind der Vertreter der Belegschaft. Welche wohlüberlegte Meinung haben Sie sich gebildet?«
    »Ich glaube, darüber muß ich noch nachdenken.«
    Abermals trat Stille ein, während sich der Personalchef notierte, daß die brennenden Throne nicht mehr brannten, auf denen sie zum Zeichen ihrer leitenden Stellung saßen. Sie glühten nur noch stoßweise auf und summten.
    »Haben Sie sich mittlerweile eine Meinung gebildet?« wollte er schließlich wissen.
    »Nein, bisher noch nicht.«
    »Gut«, erwiderte der Personalchef. »Lassen Sie sich Zeit.« Er schlug die Beine übereinander und machte sich daran, betont auffällig Männchen zu malen.
    »Weshalb gehen wir nicht einfach nach dem üblichen Verfahren vor?« erkundigte sich eine Stimme vom gegenüberliegenden Ende des Tischs.
    »Weil …«, setzte der Personalchef zu einer Erklärung an, bremste sich jedoch. Es gab Momente, in denen er seiner Paranoia, vermischt mit Existenzangst, freien Lauf ließ, und dann glaubte er ernsthaft, beim Vorsitzenden des Ausschusses für Finanzen und Allgemeines handle es sich um einen vorsätzlich in diesen Ausschuß eingeschleusten Spitzel des Vorstands, damit sichergestellt war, daß niemals etwas zum Abschluß gebracht werden konnte. Da dieser Verdacht höchstwahrscheinlich der Wahrheit entsprach, verbannte er ihn immer wieder aus seinen Gedanken; nicht nur die Menschheit kann nur ein gewisses Maß an Realität ertragen. »Weil die üblichen Bahnen, in denen wir uns bewegen, inzwischen einen Meter hoch mit Moos bewachsen sind«, fuhr er fort, »und irgend etwas geschehen muß.«
    »Ah ja, dann sind wir uns also diesbezüglich alle einig«, stellte der Außenstellenleiter fest. »Keine Frage, irgend etwas muß geschehen. Andererseits wollen wir nichts überstürzen, ohne es vorher gründlich durchdacht zu haben. Ich meine …« Er machte eine nur angedeutete, aber ausdrucksvolle Geste und nahm dann wieder die Haltung eines Türstoppers ein.
    Der Personalchef riß sich zusammen und bemühte sich, versöhnlich zu klingen, was seine Integrität auf eine harte Probe stellte. »Also schön, wie wär’s mit einer Stellenvermittlung? Ich nehme an, die können das am besten. Ich meine, Führungskräfte suchen und so was.«
    »An welche Stellenvermittlung haben Sie dabei gedacht?« fragte der Mitarbeitervertreter.
    »Jetzt hören Sie mir mal gut zu«, zischte der Personalchef ihn an. »Das hier ist eine Sitzung, auf der Ideen vorgebracht werden sollen, klar? Man erwartet von uns, daß wir eine Art Denkfabrik darstellen und uns gegenseitig mit Einfällen geradezu bombardieren. Aber hat hier überhaupt irgend jemand eine Idee?«
    Einen Augenblick lang herrschte leicht betretenes Schweigen; dann lächelte der Mitarbeitervertreter, der den richtigen Zeitpunkt meisterlich eingeschätzt hatte.
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