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Im Hauch des Abendwindes

Im Hauch des Abendwindes

Titel: Im Hauch des Abendwindes
Autoren: Elizabeth Haran
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unterrichten.«
    »Die vielen neuen Schüler?«, echote Ruby. »Wo kommen die denn auf einmal her?«
    »Als die Aborigines gesehen haben, wie gern Oola und Myall die Schule besuchen und wie viel sie lernen, sind viele Mütter dem Beispiel gefolgt und haben ihre Kinder angemeldet. Deshalb musste ein neuer Lehrer eingestellt werden, ein netter junger Mann. Helen hat ihn und seine Familie schon kennengelernt. Seine Frau war Krankenschwester, bis die Kinder kamen. Eine ganz reizende Familie, sagt Helen. Der Stadt wird es guttun, wenn ein paar neue Leute zuziehen.«
    Ruby nickte zustimmend. Dann kam ihr plötzlich ein Gedanke. »Sag mal, sind die Camilleri-Brüder noch einmal aufgetaucht?«
    »Nein, und ich glaube auch nicht, dass wir sie noch einmal zu Gesicht bekommen werden«, antwortete Myra trocken.
    »Wieso? Sind sie wegen des Überfalls auf Jed und den Angriff auf die Stute festgenommen worden?«
    Myra schüttelte den Kopf. »Ihr Auto wurde vor ein paar Wochen am Stuart Highway nördlich von Woomera gefunden. Es war vollständig ausgebrannt. Vor zwei Wochen stand in der Zeitung, zwei Weiße seien in einer abgelegenen Mission aufgetaucht und als die Camilleris identifiziert worden, aber sie weigerten sich strikt, die Mission zu verlassen. Anscheinend reden sie nur wirres Zeug. Eine merkwürdige Geschichte.«
    Ruby zog verdutzt die Stirn kraus. Ob John Elliott dahintersteckte? Hatte er den Wagen in Brand gesetzt?
    »Jed glaubt, dass Eddie Muntz seine Finger im Spiel hat. Er vermutet, dass sich die Brüder seinen Anweisungen widersetzt haben und Eddie sie dafür zur Rechenschaft gezogen hat. Mit Eddie sei nicht zu spaßen, meint er.«
    »Dann haben sie ihre gerechte Strafe ja bekommen«, sagte Ruby. »Und Girra, wie geht’s ihr?«
    »Sie hat vor einem Monat geheiratet.«
    »Was? Sie ist doch noch ein halbes Kind!«
    »Die Ureinwohner haben andere Sitten und Bräuche als wir. Für sie ist sie zum Heiraten alt genug.«
    Ein schrecklicher Gedanke durchzuckte Ruby. »Sie ist doch hoffentlich nicht mit diesem Mann verheiratet worden, der ihr Vater sein könnte, oder?«
    »Nein, nein, sie hat einen Jungen namens Darel geheiratet. Weiße waren nicht zu den Feierlichkeiten eingeladen worden, aber das Paar kam am nächsten Tag bei mir vorbei. Girra strahlte vor Glück. Sie hat übrigens nach dir gefragt.«
    »Wirklich? Das ist lieb von ihr. Ich bin ja so froh, dass sie Darel heiraten durfte.«
    »Ja. Der alte Mann, mit dem sie ursprünglich hatte verheiratet werden sollen, machte zwar Ärger, aber Girra drohte, sie werde weglaufen, und nachdem sich die beiden Clans zusammengesetzt und beratschlagt hatten, haben ihre Eltern schließlich nachgegeben.« Myra machte eine kleine Pause. »Ach ja, Kadee hat übrigens auch geheiratet, einen jungen Mann namens Pindari. Bernie Lewis hat ihn einige Zeit bei sich beschäftigt, und jetzt kann sich das junge Paar ein Haus in der Stadt mieten.«
    »Das ist ja wundervoll!«
    Ruby freute sich für Kadee, wusste sie doch, wie sehr diese sich gewünscht hatte, in einem Haus in der Stadt zu leben.
    Inzwischen hatten die beiden Frauen den Pub erreicht. Durch die geöffneten Fenster sah Ruby, dass die Männer die Köpfe drehten und neugierig hinausblickten.
    »Ruby!«, rief Jacko.
    »Hey, schaut mal alle her!«, schrie Burt Wilkinson. »Guckt mal, wer wieder in der Stadt ist! Hallo, Schätzchen!«
    Was für ein herzlicher Empfang! Ruby strahlte.
    Charlie, ein Glas Bier in der Hand, kam nach draußen. »Hallo, Ruby. Willkommen zurück.« Er sah Myra an, und ein zärtlicher Ausdruck trat auf sein Gesicht. »Hallo, Myra. Ich wäre nachher noch bei dir vorbeigekommen.«
    »Wirklich?« Myra fasste sich befangen an ihre Frisur.
    Ruby band den Hengst an einem Verandapfosten fest. Die Äpfel schienen ihn etwas besser gestimmt zu haben.
    »Ist Jed da?«, fragte sie Charlie mit Herzklopfen.
    »Nein, noch nicht.«
    Burt Wilkinson kam heraus und zog Ruby hinter sich her in den Pub. Charlie und Myra folgten ihnen.
    »Hallo, Schätzchen!«, rief Mick, der hinter der Theke stand. Er stellte ein Bier vor Ruby hin.
    »Hallo, Mick.«
    »Wir haben uns schon gefragt, ob wir dich noch mal wiedersehen. Jed hat gesagt, du seist nach Sydney zurückgekehrt.«
    Ruby antwortete nicht. Sie trank einen Schluck Bier und begrüßte dann nacheinander ihre alten Bekannten, die sich um sie scharten: Colin und Agatha Barnes, Ernie und Connie Mitchell, Harold und Betty McGuire.
    »Schön, dass du wieder da bist«, sagte Agatha.
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