Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Hauch des Abendwindes

Im Hauch des Abendwindes

Titel: Im Hauch des Abendwindes
Autoren: Elizabeth Haran
Vom Netzwerk:
der Zeitung. Emily lächelte Ruby an. Da Joes einzige schlechte Angewohnheit war, beim Frühstück die Zeitung zu lesen, drückte sie ein Auge zu.
    »Ruby, sieh mal hier!«, rief Joe plötzlich.
    »Was ist denn, Dad?«, fragte Ruby und steckte ein Stück Brot in den Mund.
    Joe hatte den Sportteil aufgeschlagen. »Hier ist ein Artikel über Silver Flake.«
    Ruby wurde blass. »Ich will ihn nicht lesen, Dad. Das tut zu weh.«
    »Bestimmt nicht, Ruby. Die Stute lebt nämlich.«
    »Was? Das ist ausgeschlossen. Das kann nicht sein. Da muss eine Verwechslung vorliegen. Ich hab sie doch gesehen …«
    Ruby brach ab. Das Bild von der Stute, wie sie auf den Lastwagen gehievt und weggefahren worden war, verfolgte sie immer noch bis in ihre Träume.
    »Nein, das ist keine Verwechslung. Sie lebt. Hier, schau selbst, es ist sogar ein Foto dabei.«
    Er reichte Ruby die Zeitung, und sie überflog die ersten Zeilen des Artikels. Auf dem Foto waren Jed und Silver Flake abgebildet. Rubys Hände begannen zu zittern.
    »Was steht denn drin?«, fragte Emily gespannt.
    Ruby ließ sich auf einen Stuhl fallen und las den Artikel bis zum Ende. »Die Stute hatte offenbar ein Herzleiden. Nach dem Rennen in Alice Springs brach sie ohnmächtig zusammen. Die Tierärzte dachten zuerst, sie sei an Herzversagen gestorben, aber sie lebte noch und wurde an der Herzklappe operiert. Jetzt genießt sie ihren Ruhestand und lebt mit Jed in Silverton.« Sie ließ die Zeitung sinken und stieß einen Freudenschrei aus. Silver Flake lebte!
    Joe und Emily freuten sich mit ihrer Tochter.
    Ruby studierte das Foto genauer. »Die Stute sieht fabelhaft aus, oder, Dad?«
    »Ja, genau wie Jed. Findest du nicht?«
    Er sah Emily an. Sie wussten beide, wie sehr sich Ruby nach ihm sehnte. Sie hatte ihrer Mutter in einem schwachen Moment gestanden, dass sie sich in Jed verliebt hatte, und hinzugefügt, er wolle sie bestimmt nicht wiedersehen, weil er sie für den Tod der Stute verantwortlich machte. Das sei doch Unsinn, hatte Emily gemeint, sie könne doch nichts dafür. Aber Ruby hatte jede weitere Diskussion abgelehnt.
    »Er sieht wirklich gut aus«, murmelte Ruby. Jed fehlte ihr so sehr.
    »Jemand, der so fantastisch mit Pferden umgehen kann wie er, sollte wieder ein Rennpferd trainieren«, sagte Joe.
    Ruby machte ein bedrücktes Gesicht. »Woher soll er das Geld für ein weiteres Pferd nehmen? Er hat darauf bestanden, dass ich das ganze Preisgeld einstecke, und Silver Flakes Operation hat bestimmt Unsummen gekostet. Vielleicht sollte ich ihm das Geld zurückgeben, damit er die Rechnungen bezahlen kann.«
    »Das wäre eine Möglichkeit«, sagte Joe nachdenklich. »Die andere ist, du könntest in Melbourne selbst ein Pferd kaufen.« Er spielte schon seit Längerem mit diesem Gedanken und hatte auch mit Emily darüber gesprochen, aber sie hatte gemeint, es sei noch zu früh, Ruby diesen Vorschlag zu unterbreiten. Stattdessen hatte sie ihrer Tochter empfohlen, mit dem Geld einen Frisiersalon auf der Insel aufzumachen, doch Ruby hatte davon nichts wissen wollen.
    »Dad, erstens habe ich keine Ahnung von Pferden, und zweitens wüsste ich nicht, was ich mit einem anfangen sollte!«
    »Nun, ich verstehe genug davon, dass ich dir beim Kauf mit Rat und Tat zur Seite stehen könnte. Und ich kenne da einen ausgezeichneten Trainer, der es für dich abrichten könnte.« Joe zwinkerte ihr zu. »Ich bin sicher, er würde diese Aufgabe mit Begeisterung übernehmen«, fügte er lächelnd hinzu.
    Ruby schaute von ihrem Vater zu ihrer Mutter.
    »Ich finde, das ist eine ausgezeichnete Idee«, meinte Emily.
    »Sagt mal, wollt ihr mich loswerden?«
    Ruby hatte das Gefühl, dass die beiden das alles längst besprochen hatten.
    »Wir möchten nur, dass du so glücklich wirst, wie wir es sind«, sagte Emily. »Und wenn du nach Silverton zurückkehren musst, damit du mit dem Mann, den du liebst, zusammen sein kannst, dann werden wir das akzeptieren, auch wenn du uns schrecklich fehlen wirst.«
    Rubys Augen füllten sich mit Tränen. »Ich glaube nicht, dass Jed mich wiedersehen will, das habe ich dir doch schon einmal gesagt.«
    »Jed ist kein Mensch, der sein Privatleben vor anderen ausbreitet, Ruby«, sagte Joe. »Es kann nur einen Grund dafür geben, dass er diesem Artikel und der Veröffentlichung des Fotos zugestimmt hat – weil er hoffte, du würdest es sehen.«
    Ruby dachte nach. Was ihr Vater sagte, machte Sinn. Vielleicht war es wirklich so, vielleicht hatte Jed einen ganz bestimmten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher