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Im Dunkeln sind alle Wölfe grau

Im Dunkeln sind alle Wölfe grau

Titel: Im Dunkeln sind alle Wölfe grau
Autoren: Gunnar Staalesen
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30 Jahren?«
Konrad Fanebust begrüßte höflich einen Politiker, der mit einem Teller Fisch in Aspik vorbeiging. Sein Gesichtsausdruck sprach eine deutliche Sprache: er wollte keine anderen an der Unterhaltung teilhaben lassen. Es war etwas Abwehrendes, Gezügeltes an ihm, wie er dort stand, steif und mit geradem Rücken, die unbewegliche Gabel in der einen Hand und einen leeren Teller in der anderen.
Ich sagte: »Aber Hjalmar Nymark und du, ihr wart überzeugt davon, daß Harald Wulff wirklich ›Giftratte‹ war, erst recht nach dem Brand bei Pfau. Und siebzehn Jahre später hattest du Verwendung für die Dienste ausgerechnet eines Mannes wie ›Giftratte‹.«
»Das ist doch lächerlich, Veum. Ich …«
»Was siebzehn Jahre später passierte, um 1970, war, daß die Firma, in der du Miteigner warst, nicht mehr gut ging. Vielleicht geschahen Dinge, auf die du keinen Einfluß hattest, vielleicht hattest du etwas zu verbergen. Jedenfalls mußtest du unbedingt deinen Kompagnon loswerden.«
»Wiger? Aber der …«
»Aber der kam bei einem Brand um, stimmt’s? Etwa auch ein Unglücksfall? Vielleicht würden einige anfangen, sich auch den Fall ein wenig genauer anzusehen, wenn plötzlich eine klare und eindeutige Verbindung hergestellt würde zwischen Konrad Fanebust und Harald Wulff, wenn sie auch erst 1971 entstand.«
»Die Verbindung gibt es nicht«, sagte er dünn.
»Ach nein? Ich erhielt den Beweis heute abend, und durch unser heutiges Gespräch. Da hast du mir nämlich erzählt, daß Harald Wulff tot sei, aber ein paar Stunden später saß ich selbst Harald Wulff von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Also war es nicht Harald Wulff, der 1971 getötet wurde, sondern StauerJohan, dein alter Kriegskamerad. Alte Kameradschaft bedeutete augenscheinlich gar nichts, als es darum ging, deine Position zu wahren. Du hattest selbst die Ähnlichkeit gesehen, im Körperbau und nicht zuletzt wegen der Verletzung am Bein, zwischen Wulff und Stauer-Johan. Und um Harald Wulff von der Erdoberfläche verschwinden zu lassen, bevor du Verwendung für ihn hattest, hast du Stauer-Johan geopfert. Er war nicht viel wert, was?«
Er war jetzt leichenblaß, mit ein paar erregten roten Flecken hoch oben auf den Wangen. »Dann soll ich also …«
»Du hast ›Giftratte‹ benutzt, um deinen Kompagnon loszuwerden. Du hast ihn gekauft und die Grenzen dessen überschritten was einmal deine Ideale gewesen sind.«
»Das ist der reinste Schwachsinn, Veum.«
»Ohja? Dann laß uns auch von diesem Brand die Berichte ansehen. Zusammen mit der Polizei. Vor dem Hintergrund dessen, was wir jetzt wissen.«
»Hör zu …«
»Denn weshalb hättest du sonst lügen sollen, daß du und Stauer-Johan 1971 Wulff ermordet hättet. Du hast einmal einen heldenmutigen Kampf gegen den Nazismus gekämpft, Fanebust, aber es sieht aus, als hättest du vergebens gekämpft. Der Nazismus lebt. Aber der wirklich gefährliche, heute, das sind nicht die Jungs in der HV-Uniform, oder die alten NSNostalgiker. Der gefährlichste Nazismus, das ist der, der in deiner Menschenverachtung und in der deiner Gleichgesinnten zum Ausdruck kommt. Er nennt sich nur anders.« Meine Stimme zitterte jetzt. »Und da bedeutet Leben nichts. Hjalmar Nymarks, Stauer-Johans oder Olga Sørensens.«
»Ich lasse nicht …« Er unterbrach sich selbst. »Der Bürgermeister will eine Rede halten.«
Ich dämpfte die Stimme. »Ich bin nicht hierher gekommen, um den Bürgermeister reden zu hören. Hjalmar Nymark kam zu dir, und dir wurde klar, daß er eine Spur gefunden hatte: nämlich den Zusammenhang, den vorher niemand gesehen hatte, zwischen Harald Wulffs angeblichem Tod und Stauer-Johans Verschwinden. Du wußtest, daß eine Enthüllung für dich katastrophale Folgen haben konnte. Und du schrittst zur Tat. Zuerst hast du versucht, ihn zu überfahren, ohne Erfolg. Aber beim nächsten Mal hattest du mehr Glück.«
»Ich habe ihn nicht umgebracht! Ich bat ihn …« Er biß die Zähne zusammen und wurde stumm.
»Du batst ihn, die Nachforschungen bleiben zu lassen, und dann …«
»Er setzte sich im Bett auf, regte sich fürchterlich auf und sagte, daß er alles verstünde – und dann griff er sich ans Herz … Ich glaubte nicht … Ich hatte einfach nicht damit gerechnet, daß er einen Schwächeanfall bekommen könnte.«
»Ärztliche Hilfe hätte ihn retten können. Und du nahmst den Karton mit all seinem Material mit. Ich würde das als Mord bezeichnen, Fanebust.«
»Aber du bist kein Jurist, Veum. Und
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