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Im Dunkeln der Tod

Titel: Im Dunkeln der Tod
Autoren: Mari Jungstedt
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Bäckereiwagen stand vor dem Supermarkt. Die Tür des Lieferanteneingangs stand offen, und aus dem Inneren drang Lärm.
    Als er sich der Galerie näherte, krampfte sein Magen sich zusammen. Am Montag würde er die Galerie aufgeben, der er sein ganzes Berufsleben gewidmet und die er mit ganzer Seele betrieben hatte.
    Er blieb eine Weile auf der Straße stehen und betrachtete die Fassade. Die großen modernen Glasfenster schauten auf den offenen Platz und die Kirchenruine Sankta Karin aus dem 13. Jahrhundert. Das Haus war im Mittelalter errichtet worden und beherbergte Gewölbe und unterirdische Gänge aus jener Zeit. In diesem historischen Rahmen hatte er die Galerie modern und sparsam in hellen, luftigen Farben einrichten lassen, mit einigen wenigen besonderen Details, die ihr eine persönliche Prägung gaben. Die Besucher gratulierten ihm immer wieder zu dieser erlesenen Kombination von Alt und Neu.
    Er schloss die Tür zur Galerie auf, ging ins Büro und hängte seinen Mantel auf. Nicht genug damit, dass das hier in privater Hinsicht ein schicksalhaftes Wochenende war, es war auch der Zeitpunkt der ersten Vernissage dieses Jahres, die zugleich seine letzte sein würde. Zumindest hier in Visby. Beim Verkauf der Galerie hatte er alle juristischen Hürden übersprungen, und der neue Besitzer hatte den Vertrag unterschrieben. Alles war bereit. Der Einzige auf Gotland, der etwas von dem Verkauf wusste, war er selbst.
    Er sah sich im Ausstellungsraum um. Die Gemälde waren sorgsam gehängt, er schob eins gerade, das ein wenig verrutscht war. Die Einladungen waren schon vor Wochen verschickt worden, und die bisherigen Zusagen ließen annehmen, dass viele Leute kommen würden.
    Bald würde auch die Cateringfirma mit den Schnittchen eintreffen. Er führte eine letzte Kontrolle der Bilder und ihrer Beleuchtung durch, die er immer sehr genau nahm. Die Bilder waren sorgfältig platziert worden, sie waren auffällig und explosiv mit ihren starken Farben. Expressionistisch und abstrakt, erfüllt von jugendlicher Kraft und Energie. Manche waren brutal, gewalttätig und beängstigend düster. Der Künstler, Mattis Kalvalis, war ein junger und in Schweden noch unbekannter Litauer. Bisher hatte er nur in den baltischen Ländern ausgestellt. Egon Wallin setzte gern auf unbekannte Karten, neue Künstler, die eine Zukunft hatten.
    Er ging zum Fenster, um das schwarzweiße Portrait von Mattis Kalvalis aufzustellen.
    Als er den Blick hob und auf die Straße hinausblickte, entdeckte er einen Mann, der ein Stück weiter weg stand und ihm gerade ins Gesicht schaute. Er trug eine ausgebeulte schwarze Windjacke und hatte eine Strickmütze tief über die Augen gezogen. Das Erstaunlichste war, dass er mitten im Winter eine große schwarze Sonnenbrille trug. Dabei schien die Sonne ja nicht einmal. Vielleicht wartete er auf jemanden?
    Der Kunsthändler vertiefte sich unbekümmert wieder in seine Aufgabe. Im Lokalsender lief das Wunschkonzert, und gerade jetzt wurde Lill-Babs gespielt, genauer gesagt, Barbro Svensson, wie er sie nannte. Er verzog den Mund, als er eins der eher offen brutalen Bilder mit fast pornografischem Thema geraderückte. Was für ein Kontrast zu »Liebst du mich immer noch, Klas-Göran«!
    Als er sich wieder zur Straße umdrehte, fuhr er zusammen. Der Mann, den er aus der Ferne gesehen hatte, war weitergegangen. Jetzt stand er ganz dicht vor dem Schaufenster, fast berührte seine Nasenspitze die Fensterscheibe. Der Fremde starrte ihm in die Augen, schien ihn aber nicht grüßen zu wollen.
    Reflexartig wich Egon zurück und hielt nervös Ausschau nach irgendeiner Beschäftigung. Er gab vor, die Weingläser zu ordnen, die sie schon am Vorabend aufgestellt hatten. Und die Platten für die Schnittchen, die die Cateringfirma bringen würde.
    »Klas-Göran« war zu Ende, und Magnus Uggla sang ein schrilles Stück aus den Achtzigerjahren.
    Aus dem Augenwinkel sah er den geheimnisvollen Mann, der noch immer so da stand wie vorher. Ein Gefühl des Unbehagens stellte sich ein. Konnte das ein Psychofall aus Sankt Olof sein? Er hatte nicht vor, sich von diesem Idioten provozieren zu lassen. Er wird bald wieder verschwinden, dachte Egon Wallin. Er wird die Sache satt bekommen, wenn er mich nicht mehr sieht. Die Tür war abgeschlossen, da war er sich sicher. Die Galerie würde erst um ein Uhr zur Vernissage öffnen.
    Er ging die Treppe zum Büro im Obergeschoss hinauf und zog die Tür zu. Setzte sich und machte sich an einigen Unterlagen
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