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0611 - Der Mondschein-Teufel

0611 - Der Mondschein-Teufel

Titel: 0611 - Der Mondschein-Teufel
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Janet Baker brachte die erste Nacht in ihrem Haus zu.
    Sie hatte es geerbt.
    Nein, gekauft, verbesserte sie sich. Aber von dem Geld, das sie geerbt hatte. Deshalb sah sie das Haus beinahe als geerbt an.
    Ihre Großmutter, diese unglaublich nette alte Frau, die sich einfach so aus dem Leben gestohlen hatte, ohne sich zu verabschieden, hatte ihr eine Viertelmillion vermacht. Einfach so, hatte dabei Janets Eltern übergangen, die sich schon vor zwanzig Jahren hatten scheiden lassen. Denn das hatte Großmutter Harriet ihnen nie verziehen, sie hatte sich aber stets um Janet gekümmert, damit sie es gut hatte. Auch später, als Janet längst flügge geworden war und ihren eigenen Weg ging.
    Einen ziemlich einsamen Weg, denn sie traute keinem Mann mehr, sah in jedem ein Abbild ihres Vaters, der Mutter und sie einfach im Stich gelassen hatte. Daß der Grund dafür bei ihrer Mutter lag, hatte Janet nie so recht wahrhaben wollen.
    Die Großmutter hatte es gewußt und deshalb ihr Vermögen direkt an die Enkelin weitergegeben.
    Dabei hatte Janet nicht einmal geahnt, daß Großmutter Harriet so reich gewesen war. Die alte Frau hatte in einer kleinen Zweizimmer-Wohnung in Southampton gehaust, bescheiden, ohne große Ansprüche. Kühlschrank und Telefon waren die einzigen Luxusartikel, die sie sich gegönnt hatte.
    Janet gönnte sich ein wenig mehr. Sie hatte das Haus besichtigt, es gefiel ihr. Also hatte sie es gekauft. Und jetzt hatte sie ihren neuen Wohnsitz in Broadwindsor. Einer recht kleinen Ansiedlung in der Grafschaft Dorset.
    Das Haus war groß, preiswert, aber renovierungsbedürftig.
    Janet verbrauchte nur wenig von ihrem Erbe, um es zu kaufen, aber es sah danach aus, als müsse sie die gleiche Summe noch einmal aufwenden, um das Cottage wieder einigermaßen bewohnbar zu machen.
    Sie hatte hier noch kein Telefon, doch die Leitung sollte morgen gelegt werden, so hatte die British Telecom ihr versichert.
    Janet arbeitete als Lektorin für einen Buchverlag, und was sie brauchte, war eigentlich nur Telefon, Fax und Modem, um sich zu bearbeitende Manuskripte per Datenübertragung zu holen und abgefertigt wieder zum Verlag zu senden.
    Aber im Augenblick war das ohnehin nicht wichtig. Sie hatte sich zwei Wochen Urlaub genommen, wollte sich erst mal nur um ihren Umzug kümmern.
    Und ein paar neue Gedichte schreiben. Nicht, um sie zu verkaufen und zu veröffentlichen, sondern um in diesen Gedichten ihre Empfindungen niederzuschreiben und zu verarbeiten.
    Das Haus war ihr gleich wie ein lebendes Wesen erschienen.
    Sie mußte sich mit ihm anfreunden, mußte lernen, es zu verstehen. Und was sie dabei gefühlsmäßig aufschnappte, das kleidete sie in Worte und schrieb es als Gedicht nieder.
    Deshalb war das erste, was sie halbwegs eingerichtet hatte, ihr Arbeitszimmer. Halbwegs - das hieß, vorerst gab es nur einen Teil der Einrichtung. Ein provisorisch zusammengebauter Schreibtisch, der Computer, das Modem, das Telefon - schon vorhanden, auch wenn die Leitung erst noch gelegt und angeschlossen werden mußte. Ein Schrank mit Papier, ein Notizbuch, ein Tintenfaß mit Federkiel. Damit schrieb sie, wenn sie ihre Gefühle ausdrücken wollte. Das war wichtig, denn sie wollte diese Eindrücke nicht durch Technik verfremden.
    Gut, es gab auch ein Bett und eine Küche mit Kohleherd. Und Hals über Kopf hatte Janet auch einen kleinen Kühlschrank beschafft, um ein paar Nahrungsmittel darin haltbar zu lagern.
    Es gab hier jedoch noch eine Menge zu tun, aber sie hatte ja genug Geld, das ausführen zu lassen. Sie selbst konnte und wollte nicht mehr tun, als ihre Ideen zu formulieren.
    Handwerkliche Fähigkeiten gingen ihr ab, und sie wollte ihre Zeit auch nicht mit solchen Arbeiten vergeuden. Sie hatte alles durchkalkuliert. Wenn alle Arbeiten gemacht waren - das Haus wenigstens soweit restauriert, daß man sich darin wohl fühlen konnte, eine Grundeinrichtung beschafft, Installationen vorgenommen, Tapeten an die Wand gebracht, Fenster erneuert -, dann würde sie noch die Hälfte ihres Erbes übrigbehalten.
    Stück für Stück würde sie dann bedächtig Verbesserungen und Verschönerungen vornehmen. Der Rest des Geldes konnte arbeiten und sollte sich fleißig vermehren.
    Jedenfalls mußten diese verflixten Fenster als erstes erneuert werden. Janet hatte sie rundum verschlossen, und doch zog es wie Hechtsuppe hier im Schlafzimmer. Die Gardine wehte, obgleich das Fenster zu war.
    Dabei war der Wind draußen nur recht mäßig.
    Draußen gab es einen
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