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Im Dunkeln der Tod

Titel: Im Dunkeln der Tod
Autoren: Mari Jungstedt
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bereits eine lange Schlange von Menschen, die in der Kälte von einem Bein aufs andere traten.
    Viele bekannte Gesichter lächelten ihn freundlich an, und ihre Augen strahlten vor Erwartung. Er suchte eine gewisse Person in der in die Galerie strömenden Menge. Aber sie hatten ja Zeit genug. Sich nichts anmerken zu lassen würde allerdings nicht einfach sein.
    Zufrieden stellte er fest, dass gerade der Kulturreporter des Lokalsenders hereinkam, und nach einer Weile entdeckte er einen weiteren Journalisten von einer der Lokalzeitungen, der soeben den Künstler interviewte. Seine Medienaktion mit Pressemeldungen, gefolgt von Anrufen, war offenbar von Erfolg gekrönt.
    Rasch füllte sich die Galerie mit Besuchern. Mit ihren dreihundert Quadratmetern über zwei Stockwerke hinweg war sie für Gotland eigentlich unverhältnismäßig groß. Aber das Gebäude war über Generationen vererbt worden, und Egon Wallin hatte versucht, so viel wie möglich im ursprünglichen Stil zu erhalten. Es war ihm wichtig, der Kunst genug Raum zu geben, um ihre optimale Wirkung zu entfalten. Die Gemälde kamen wirklich zu ihrem Recht – die farbenprächtigen expressiven und ultramodernen Werke bildeten einen scharfen Kontrast zu den groben Mauern. Die Besucher schlenderten zwischen den Kunstwerken dahin und nippten an moussierendem Wein. Leise Musik war zu hören – der Künstler hatte darauf bestanden, seine Werke zu den Klängen einer litauischen Rockband zu zeigen, die sich anhörte wie eine Mischung aus Frank Zappa und der deutschen Synthband Kraftwerk.
    Egon hatte ihn aber immerhin dazu bringen können, die Lautstärke ein wenig zu drosseln.
    Jetzt sah Mattis Kalvalis um einiges entspannter aus. Er lief zwischen den Besuchern hin und her, redete laut, lachte und gestikulierte mit seinen großen Händen, dass der Wein nur so aus dem Glas schwappte. Seine Bewegungen waren ruckhaft und unkontrolliert, und ab und zu krümmte er sich und brach in hysterische Lachanfälle aus.
    Für einen entsetzlichen Augenblick fürchtete Egon schon, sein Künstler könne unter Drogen stehen, verdrängte diesen Gedanken dann aber gleich. Sicher kam alles nur von der nachlassenden Nervosität.
    »Saugut, Egon. Wirklich gut gemacht«, hörte er hinter sich jemanden sagen.
    Die heisere, lispelnde Stimme hätte er auch über jede Entfernung erkannt.
    Er drehte sich um und stand Auge in Auge Sixten Dahl gegenüber, einem der erfolgreichsten Galeristen Stockholms. Im schwarzen Ledermantel mit Hose und Stiefeln aus demselben Material, getönter Brille mit orangen Bügeln und gepflegtem Dreitagebart sah er aus wie eine schlechte Kopie des Popstars George Michael. Sixten Dahl besaß eine wunderschöne Galerie an der Ecke Karlaväg und Sturegata in Stockholms angesagtestem Stadtteil Östermalm.
    »Findest du, wie schön. Und toll, dass du kommen konntest«, sagte Egon mit gespielter Begeisterung.
    Nur um ihn zu ärgern, hatte er dem Stockholmer Konkurrenten eine Einladung zukommen lassen. Sixten Dahl hatte ebenfalls versucht, sich Mattis Kalvalis zu angeln, aber aus diesem Wettstreit war Egon als Sieger hervorgegangen.
    Die beiden Kunsthändler waren zu einem Treffen von Galeristen aus den Ostseeanrainerstaaten in Vilnius gewesen und hatten dort die ganz eigenen Bilder des jungen Künstlers entdeckt. Bei einem Essen hatte Egon Wallin zufällig neben Mattis Kalvalis gesessen. Die beiden hatten sofort zueinander gefunden, und unerwarteterweise hatte Kalvalis die gotländische Galerie Sixten Dahl und der Großstadt vorgezogen.
    Viele in Kunstkreisen hatten darüber gestaunt. Obwohl Egon Wallin einen guten Namen hatte, kam es doch überraschend, dass der Künstler sich für ihn entschieden hatte. Sixten Dahl genoss einen mindestens ebenso guten Ruf, und Stockholm war nun einmal sehr viel größer.
    Dass Egons ärgster Konkurrent bei der Vernissage in Visby auftauchte, war an sich kein so großes Wunder. Er war dafür bekannt, dass er sich nicht so schnell geschlagen gab. Vielleicht meint er in seiner Einfalt, Kalvalis doch noch für sich gewinnen zu können, dachte Egon. Man sollte es nicht glauben. Was Sixten Dahl nicht wusste, war, dass Kalvalis Egon gebeten hatte, ihn als sein Agent in ganz Schweden zu vertreten.
    Der Vertrag lag bereit und musste nur noch unterschrieben werden.
     
    Die Vernissage wurde ein Erfolg. Ein regelrechter Kaufrausch ergriff die Besucher. Egon staunte immer wieder über das Herdenverhalten der Menschen. Wenn die richtige Person ausreichend
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