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Im Dunkeln der Tod

Titel: Im Dunkeln der Tod
Autoren: Mari Jungstedt
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zu schaffen, aber die Unruhe ließ ihn nicht los. Er musste etwas tun. Den Mann auf der Straße zur Rede stellen. In Erfahrung bringen, was der wollte.
    Verärgert sprang er auf und lief wieder nach unten. Doch der Mann war nicht mehr da.
    Mit einem Seufzer der Erleichterung kehrte er an seine Arbeit zurück.

DER SCHARFE WIND ließ die Fensterscheiben klirren, und ein Zweig schlug gegen die Hauswand. Das Meer toste, und die Baumwipfel rauschten. Die Decke war auf den Boden geglitten, und er fror. Die wenigen Heizkörper reichten nicht, um das Haus zu wärmen. Es wurde im Winter nicht vermietet, aber er hatte die Besitzerin zu einer Ausnahme überreden können. Er hatte behauptet, im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums an einer Untersuchung über die gefährdete gotländische Zuckerproduktion zu arbeiten, aber als Freiberufler könne er sich kein Hotelzimmer leisten. Die Besitzerin hatte den Zusammenhang nicht so richtig begriffen, hatte aber keine weiteren Fragen gestellt. Die Vermietung bedeutete für sie kaum Mehrarbeit, im Grunde brauchte sie bloß den Schlüssel zu überreichen.
    Er stieg aus dem Bett und zog Pullover und Hose an. Trotz des Unwetters musste er hinaus. Das Ferienhaus hatte zwar Küche und Toilette, aber das Wasser war abgestellt.
    Der Wind schlug ihm entgegen, als er die Tür öffnete. Sie fiel mit einem Knall hinter ihm zu. Er bog um die Hausecke und trat so dicht wie möglich an die hintere Wand des Hauses, die dem Wald zugewandt und etwas windstiller war, öffnete den Schlitz und ließ den Strahl auf die Wand fallen.
    In der Küche aß er zwei Bananen und mischte sich ein Proteingetränk, das er stehend vor dem Spülbecken trank. Seit er zwei Monate zuvor diesen Plan geschmiedet hatte, hatte er eine Gewissheit empfunden, eine Überzeugung, dass es keine Alternative gebe. Der Hass hatte ihn überwältigt, seine Gedanken geschärft und einen säuerlichen Geschmack auf der Zunge hinterlassen. Methodisch und zielstrebig hatte er an den Vorbereitungen gearbeitet, Punkt für Punkt mit minutiöser Genauigkeit abgehakt. Alles war im Stillen geschehen. Dass niemand ahnte, was er vorhatte, stachelte ihn nur noch mehr auf. Er hatte alles unter Kontrolle und würde seine Vorsätze in die Tat umsetzen. Immer wieder hatte er sich die Details vorgenommen, bis alle Lücken und Fehler ausgemerzt waren. Die Zeit war unweigerlich gekommen. Es war ein genau durchdachter, raffinierter Plan, der durchaus nicht leicht auszuführen war.
    Er beugte sich vor und schaute aus dem Fenster. Das einzige Moment der Unruhe war der verdammte Sturm. Der Wind machte es schwerer für ihn und könnte schlimmstenfalls seine Pläne durchkreuzen. Zugleich bot er jedoch gewisse Vorteile. Je schlechter das Wetter, umso weniger Menschen waren unterwegs, was das Risiko einer Entdeckung minderte.
    In seinem Hals kratzte es. Bekam er eine Erkältung? Er griff sich mit der Hand an die Stirn und wirklich, er schien Fieber zu haben. Verdammt. Er wühlte eine Schachtel Alvedon hervor und schluckte zwei Tabletten mit Wasser aus einem Kanister auf dem Spülstein hinunter. Die Erkältung kam äußerst ungelegen, er würde all seine Muskelkraft brauchen.
    Der Rucksack mit dem Werkzeug war gepackt, ein letztes Mal überzeugte er sich davon, dass alles an Ort und Stelle war. Rasch zog er den Reißverschluss hoch und nahm vor dem Spiegel Platz. Mit geübten Bewegungen schminkte er sich, setzte die Linsen ein und klebte die Perücke fest. Auch die Maskierung hatte er immer wieder geübt, bis sie perfekt saß. Als er fertig war, musterte er seine Verwandlung einen Moment.
    Wenn er sich das nächste Mal im Spiegel betrachtete, würde er in das Gesicht eines Mörders blicken. Er fragte sich, ob ihm das anzusehen sein würde.
     
    Mattis Kalvalis war nervös. Während der vergangenen Stunde war er ungefähr alle zehn Minuten zum Rauchen nach draußen gegangen.
    »What if nobody comes?«, fragte er immer wieder mit seinem rauen baltischen Akzent. Sein Gesicht war noch blasser als sonst, und sein schlaksiger Körper bewegte sich unruhig zwischen den Gemälden. Mehrmals hatte Egon Wallin ihm die Zeitungsanzeige gezeigt und ihm auf die Schulter geklopft.
    »Everything will be just fine – trust me.«
    Der ebenfalls aus Litauen angereiste Agent war keine große Hilfe. Er saß meistens vor der Galerie, rauchte und telefonierte, scheinbar unberührt von den eisigen Winden.
    Die Vernissage war gut besucht. Als er die Tür zur Galerie öffnete, wartete davor
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