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Im Blut vereint

Im Blut vereint

Titel: Im Blut vereint
Autoren: Pamela Callow
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Grimasse. Was für ein jämmerlicher Anblick. Um das zu erkennen, hätte sie nicht einmal den Spiegel gebraucht; ihr Gesicht zierte die Titelseiten aller Zeitungen im Land.
    Nun, sobald die nächste große Story kam, würde die Presse sie wieder in Ruhe lassen. Schließlich war sie erst vor einer Woche aus dem Krankenhaus entlassen worden. Eine Woche voller Schlagzeilen wie »Übel zugerichtet: Anwältin nimmt Gesetz in die eigene Hand« oder ›Mörder trickst Polizei aus, aber nicht diese Anwältin‹ und so weiter. Eine Woche voll unzähliger Anrufe, Interviews und einer Horde von Reportern, die über jede »jüngste Entwicklung« mit ihr reden wollten.
    Und es hatte viele Entwicklungen gegeben. Dem Ausverkauf von Körperteilen war ein Riegel vorgeschoben worden, und das hatte gleich eine ganze Reihe von anderen Firmen und Institutionen ebenfalls in Schwierigkeiten gebracht.
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war zeitweise geschlossen worden, während die Polizei die Räumlichkeiten durchkämmt hatte, auf der Suche nach den gestohlenen Leichenteilen von Mordopfern oder von Personen, die niemals eingewilligt hatten, ihre sterblichen Überreste zu spenden. Jetzt sah sich
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mit dem Vorwurf konfrontiert, die verwendeten Gewebechargen nicht ausreichend geprüft zu haben. Seriöse Gewebebanken kämpften verzweifelt darum, ihr Image zu wahren. Schließlich hatte Kate öffentlich erklärt, dass sie einen Gewebespendenausweis unterzeichnet habe. Das hatte sie lange Überlegungen gekostet. Aber sie hatte erkannt, dass es dabei ums Allgemeinwohl ging. Sie wollte nicht, dass
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noch größeren Schaden anrichtete. Sämtliche Anwälte und Anwältinnen bei LMB waren Kates Beispiel gefolgt.
    Die Hollis University hatte ihren mit einer Million Dollar dotierten Stiftungslehrstuhl für neuromuskuläre Forschung verloren, weil sich herausstellte, dass Dr. Gill auch früher schon gegen ethische Richtlinien verstoßen hatte, die Universität jedoch absichtlich weggeschaut hatte – in der Hoffnung, sich irgendwann im Abglanz seines Nobelpreises sonnen zu können.
    Dr. Gill selbst war in ziemlich schlechter Verfassung. Er hatte einen Nervenzusammenbruch erlitten, nahm Antidepressiva und war nur noch gegen Kaution auf freiem Fuß, nachdem man ihn wegen Leichenschändung angeklagt hatte. Ihm drohte eine fünfjährige Gefängnisstrafe. Der psychische Schaden würde ihn vermutlich für den Rest seines Lebens begleiten.
    Kate verließ mit langsamen Schritten ihr Büro und ging den Flur entlang. Von links und rechts grüßten Kollegen – Anwaltsgehilfen aus dem Großraumbüro, Anwälte durch die offenen Bürotüren. In ihren Worten lag echte Sympathie. Kate war jetzt eine von ihnen. Sie freuten sich, dass sie wieder da war. Kate beobachtete diese plötzliche Freundlichkeit zwar mit einem gewissen Zynismus, war aber fest entschlossen, sie zu genießen. Vielleicht würde sie ihre Kollegen ja eines Tages wirklich ins Herz schließen.
    Um in die obere Etage zu gelangen, nahm sie den Fahrstuhl und nicht die Treppe. In Schuhen mit hohen Absätzen fühlte sie sich noch etwas wackelig auf den Beinen. Von dem Schlag mit dem Reifenheber hatte sie eine Gehirnerschütterung davongetragen. Die Wunde am Oberschenkel war zwar vernäht, pochte aber noch schmerzhaft. Ihr gesamter Körper war misshandelt worden wie nie zuvor in ihrem Leben.
    Aber sie wollte einfach nicht mehr zu Hause herumliegen. So gern sie Alaska um sich hatte – die Gespräche mit ihm waren doch etwas einseitig. Enid und Muriel hatten sie täglich besucht und Aufläufe und Kekse vorbeigebracht, sodass sie schließlich Angst bekam, mindestens zehn Kilo zuzunehmen, bevor ihr Bein so weit verheilt war, dass sie wieder joggen konnte. Finn war ein wahrer Schatz gewesen und hatte Alaska auf lange Spaziergänge mitgenommen und ihn gefüttert, während sie im Krankenhaus war. Sie war bestens versorgt gewesen.
    Das hatte ihr dabei geholfen, nicht ständig an Ethan zu denken. Obwohl sie wusste, dass sie das Richtige getan hatte – endgültig mit ihm Schluss zu machen, war eine spontane und sehr schmerzhafte Entscheidung gewesen. Als er ihr Krankenzimmer betreten hatte, war sie aufgeregt gewesen und hatte selbst nicht gewusst, was sie ihm gegenüber empfand. Aber als er dann sagte, dass er sie liebe, hatte sie erkannt, dass sie die Zeit nicht zurückdrehen konnten. Das konnte man nie. Was einmal zwischen ihnen war, hatten sie verloren. Daran war sie genauso schuld wie Ethan. Inzwischen hatte sie
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