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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes
Autoren: Susan Hastings
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herbei, während Désirée stocksteif an der Seite stand, als ginge es sie nichts an.
    Sie träufelten sogar Lavendelessenz ins Badewasser. Der Duft verbreitete sich im ganzen Zimmer.
    »Erinnert dich das nicht an die Provence?«, fragte Philippe mit strahlendem Lächeln.
    Langsam trat sie an die Badewanne heran und schaute ins Wasser. Dann hob sie den Blick zu ihm. »Würdest du bitte hinausgehen?«
    Für einen Augenblick war er zu verblüfft, um zu reagieren. Dann erhob er sich. »Wenn du es wünschst.« Sichtlich enttäuscht verließ er das Zimmer.
    Mit kraftlosen Bewegungen kleidete sie sich aus. Sie nahm den Schleier vom Haar, öffnete den Ledergürtel und ließ das einstmals weiße Gewand von den Schultern fallen. Sie streifte die ledernen Sandalen ab und stieg über den kleinen Stoffberg, als streife sie dieses Leben ab wie eine Schlangenhaut. Zum Schluss nahm sie die Kette mit dem Amulett ab und ließ sie auf die Sachen fallen. Vorsichtig stieg sie in das Lavendelwasser und ließ sich hineingleiten. Ein seltsames Gefühl umfing sie, als sie das warme Wasser spürte. Es war fremd und gleichzeitig doch so vertraut. Es war ein Stück eines Lebens, das sie schon hinter sich geglaubt hatte. Nun hatte sie es wieder eingeholt, und sie wusste nicht, ob es gut oder schlecht war. Sie schloss die Augen und genoss die Wärme und den Duft des Wassers.
    O ja, es war schön, so ein Bad. Die Wärme strömte in ihre entkräfteten Glieder und entspannte sie. In ihrem Kopf summte eine große Leere, und sie mochte an nichts denken. Hinter ihren geschlossenen Lidern sah sie goldene Kringel, die in skurrilen Bewegungen tanzten. Ihre Haut saugte das Wasser auf wie ein trockener Schwamm. Ihr ganzer Körper füllte sich mit Feuchtigkeit. Ganz langsam begann auch ihr Gehirn wieder zu funktionieren. Sie ergriff einen Badeschwamm und begann ihren Körper zu waschen. Zuerst massierte sie die Arme, den Hals, das Gesicht, den Nacken, die Schultern. Es schmerzte und brannte. Und je heftiger der Schmerz wurde, umso kräftiger presste sie den Schwamm auf die Haut. Sie wollte, dass es wehtat. Sie wollte, dass jeder Faser ihres Körpers bewusst wurde, was sich änderte.
    Kein stechender, reibender Sand mehr, keine auszehrende Trockenheit, kein heißer Wind des Tags und keine kühle Luft des Nachts. Kein Ziegenfett auf der Haut und kein grüner Tee im Magen. Kein Hammelfleisch mit Hirseklößchen und getrockneten Tomaten. Keine tagella mit Zwiebeln und warmer Kamelmilch. Kein Bad in einer versteckten Quelle in den Felsen und keine Liebesnacht zwischen den Dünen im Schein des roten Mondes, keine zärtlichen Hände auf ihrem Körper ...
    Sie zuckte zusammen, als es an der Tür klopfte.
    »Darf ich hereinkommen?«, erklang Philippes Stimme. »Ich bringe dir einen Korb voller Früchte.«
    »Ja, bitte.« Sie erhob sich aus dem Wasser und schlang sich ein großes Baumwolltuch um den Körper. Es war hart und gebügelt und roch nach Wäschestärke.
    Bei Désirées Anblick musste Philippe schwer schlucken. Ihre Schultern glänzten noch feucht vom Bad. Ihr Haar klebte nass am Rücken und helle Tropfen rannen an ihren schlanken Waden herab. Barfuß tappte sie durchs Zimmer.
    Er stellte den Obstkorb auf dem Tisch ab und wandte sich zu ihr um.
    »Désirée!« Seine Stimme zitterte leicht. Er streckte die Hände nach ihr aus und zog sie zu sich heran. »Désirée! Wie ich dich vermisst habe. Was für eine Angst ich um dich ausgestanden habe. Wie sehr ich mich nach dir sehne.« Seine Hände wurden unruhig und begannen sie zu streicheln. Sie wich zurück, mit großen, erschrockenen Augen.
    »Was tust du da?«, fragte sie.
    »Aber Désirée! Ich liebe dich, ich begehre dich. Lass uns miteinander schlafen, so wie früher. Es war doch immer schön mit uns. Erinnerst du dich nicht mehr?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Bitte fass mich nicht an«, flüsterte sie.
    »Was hast du?« Seine Hände blieben in der Luft wie erstarrt. »Was hat man dir angetan?«
    Sie wich noch weiter zurück bis zum Bett. »Ich bin müde«, sagte sie. »Sehr müde.« Mit einer Hand schlug sie die Bettdecke zurück, während sie mit der anderen das Handtuch an ihren Körper gepresst hielt.
    Dann legte sie sich hinein und deckte sich bis zum Hals zu. Ein Bett, dachte sie noch. Ein richtiges, weiches Bett mit feinem Leinenbezug. Der Stoff schmiegte sich an ihren Körper, an ihre Haut und duftete nach Seifenflocken. Gleich darauf fiel sie in einen todesähnlichen Schlaf.
    Eine Hand hielt sie
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