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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes
Autoren: Susan Hastings
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rote Schwert zog. Pellegrue hörte ein dünnes Sirren in der Luft. Er verspürte keinen Schmerz. Es war nur Verblüffung, die sich noch auf sein Gesicht malte. Dann rollte sein Kopf von den Schultern und fiel lautlos in den Sand, direkt neben Arkanis Gewehr.

XL
    Die Karawane lagerte am südlichen Rand von Biskra. Bis hierher streckte die Wüste ihre sandigen Arme und hauchte ihren heißen Atem aus. Und bis hierher erstreckte sich bislang auch der Arm der französischen Zivilisation mit ihrer Eisenbahn. Die Oasenstadt umgab sich mit rauschenden Palmenhainen. Es duftete nach Früchten, die bewässerten Felder und Gärten trugen reiche Ernte.
    Philippe entlohnte den Karawanenführer und gab eine Erfolgsprämie noch obendrauf. Schließlich hatten sie Désirée errettet und unversehrt bis nach Biskra gebracht. Das war ihm das Geld wert, wenn er auch im Augenblick nicht wusste, wie er die Schulden dafür zurückzahlen sollte.
    Er winkte einer einachsigen Droschke mit einem knochigen Maultier davor. Der Kutscher packte Philippes persönliche Sachen hinein und warf einen seltsamen Blick auf Désirée. Sie stand mit leerem Blick noch immer neben ihrem Kamel. Jetzt war wohl der Augenblick gekommen, endgültig Abschied von der Wüste zu nehmen.
    In den letzten Tagen ihrer Reise war sie wieder in dumpfes Schweigen verfallen. Sie hockte auf ihrem Kamel, als nähme sie ihre Umgebung nicht mehr wahr. Sie schaute durch Philippe hindurch und aß und trank nur mechanisch, um ihren Körper am Leben zu erhalten. Wenn sie durch Oasen, Dörfer oder Nomadenlager kamen, so kaufte Philippe immer eine Extraration Essen für Désirée, mal frische Feigen, mal Datteln, mal eine kleine Melone oder frischen Schafskäse mit Zwiebellauch. Er achtete auch darauf, dass sie ausreichend trank. Ihr Körper war schwach, ausgezehrt und so zerbrechlich. Seine aufmerksame Fürsorge ließ sich auch nicht von ihrem scheinbar gleichgültigen Verhalten abschrecken. Er ahnte, dass während ihrer Geiselhaft wesentlich mehr geschehen sein musste, als er sich vorstellen konnte. Er wollte es sich gar nicht vorstellen. Er war nur froh, dass er sie wiederhatte.
    Wie in Trance bestieg sie die Droschke und setzte sich neben Philippe. Der Kutscher trieb das Maultier an. Nach kurzer Zeit schon rollte die Droschke durch die engen Straßen von Biskra.
    Désirée schaute nicht einmal nach rechts oder links. Die heranrückenden Häuserzeilen empfand sie als Bedrohung. Sie zog die Schultern hoch und spürte die befremdeten Blicke der Passanten. Es war ihre Kleidung. Nicht die Kleidung der arabischen Frauen. Die dunkel verhüllten Gestalten der Araberinnen gehörten zum Stadtbild von Biskra, nicht aber Désirées exotische Erscheinung.
    »Wir nehmen ein Hotel«, sagte Philippe. »Und dann kaufst du dir erst einmal neue Kleider. So kannst du unmöglich herumlaufen.«
    Er sprach kurz mit dem Kutscher, dann steuerte dieser auf das größte Hotel der Stadt zu. Es war ein imposantes Gebäude im französischen Stil. Die Halle empfing sie mit erfrischender Kühle. In der Mitte sprudelte ein Springbrunnen aus einem Steinbecken. Was für eine Verschwendung, dachte Désirée. Gleichzeitig verspürte sie eine unbändige Sehnsucht nach einem Bad.
    Philippe tätigte die Anmeldung. »Bitte frag, ob sie eine Badewanne haben«, flüsterte Désirée.
    Insgeheim atmete Philippe auf. Nach Tagen sprach Désirée das erste Mal wieder. Und sie verlangte nach einem Bad!
    »Wir können Ihnen eine Sitzwanne ins Zimmer bringen lassen«, sagte der Portier, und auch er musterte Désirée mit abschätzendem und misstrauischem Blick.
    »Gibt es in der Nähe einen Modesalon, damit meine Braut sich ausstatten kann? Sie ist Pariserin«, fügte er erklärend hinzu.
    Der Portier starrte in Désirées blaue Augen, als müsse er diese Behauptung überprüfen.
    »Selbstverständlich«, sagte er schließlich. »Ich lasse Ihnen die Geschäftsinhaberin mit einer kleinen Kollektion aufs Zimmer kommen.«
    »Dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar«, erwiderte Philippe erfreut.
    Fürsorglich nahm er Désirées Arm und geleitete sie die Treppe hinauf in das Zimmer. Es war mit üppigen Blumentapeten an den Wänden und mächtigen dunklen Möbeln ausgestattet. Désirée schreckte zurück. Obwohl das Zimmer sehr hübsch, ja fast luxuriös war, schien sie darin zu ersticken.
    Ächzend brachten zwei Hotelangestellte eine altertümliche Badewanne aus Gusseisen herein. Dann schleppten die Zimmermädchen Eimer um Eimer warmen Wassers
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