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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste
Autoren: Steven Erikson
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Baudin. Und nimm die Sorgen meiner Schwester mit, wenn du durchs Tor des Vermummten gehst.«
    »Mädchen – «
    »Sei still, Heboric. Ich werde versuchen, dich zu töten, Baudin. Bei jeder Gelegenheit, die sich mir bietet. Du wirst mich umbringen müssen, um deine Haut zu retten. Verschwinde. Auf der Stelle.«
    Der hünenhafte Mann überraschte sie erneut. Er wandte sich nicht an die anderen, sondern drehte sich einfach um und stapfte im rechten Winkel zu der Richtung, in die sie unterwegs waren, davon.
    Das war’s. Er verschwindet. Ohne ein einziges Wort verschwindet er aus meinem Lehen. Sie starrte hinter ihm her und wunderte sich, warum sie in ihrem Herzen plötzlich einen Stich verspürte.
    »Verdammt sollst du sein, Felisin«, stieß der ehemalige Priester wütend hervor. »Wir brauchen ihn mehr, als er uns braucht.«
    Kulp meldete sich zu Wort. »Mir wäre wirklich danach, mich ihm anzuschließen und Euch mitzuzerren, Heboric. Wir sollten diese abscheuliche Hexe sich selbst überlassen – und wenn der Vermummte sie holen will, so hat er meinen Segen.«
    »Nur zu«, sagte Felisin herausfordernd.
    Der Magier beachtete sie überhaupt nicht. »Ich habe die Verantwortung dafür übernommen, Eure Haut zu retten, und dazu stehe ich, denn das bin ich Duiker schuldig. Also liegt es jetzt an Euch.«
    Der alte Mann schlang die Arme um seinen Oberkörper. »Sie hat mir das Leben gerettet …«
    »Ich habe schon gedacht, du hättest es vergessen«, sagte Felisin höhnisch.
    Er schüttelte den Kopf.
    Kulp seufzte. »In Ordnung. Ich nehme an, Baudin ist ohne uns sowieso viel besser dran. Wir sollten machen, dass wir weiterkommen, bevor ich noch anfange zu zerfließen. Vielleicht könnt Ihr mir nebenbei ja erklären, was Ihr mit der Bemerkung gemeint habt, Tanzer wäre noch am Leben, Heboric. Das ist eine überaus faszinierende Idee …«
    Felisin achtete nicht auf die Worte der beiden Männer, während sie dahinschritt. Das ändert überhaupt nichts, liebe Schwester. Dein geschätzter Agent hat meinen Geliebten ermordet, den einzigen Menschen in Schädelmulde, dem ich zumindest ein bisschen bedeutet habe. Für Baudin war ich nur ein Auftrag, weiter nichts; und was noch schlimmer ist, er war unfähig, ein brummiger, dickschädeliger Narr. Er trägt das geheime Abzeichen seines Vaters mit sich herum – wie erbärmlich! Ich werde dich finden, Tavore. Dort, in meinem Fluss aus Blut. Das verspreche ich -
    »… Zauberei!«
    Das Wort riss sie aus ihren Gedanken. Sie schaute zu Kulp hinüber. Der Magier hatte seinen Schritt beschleunigt, sein Gesicht war blass.
    »Was habt Ihr gesagt?«, fragte sie.
    »Ich habe gesagt, dass der Sturm, der sich da hinter uns zusammenbraut, nicht natürlich ist.«
    Sie schaute über die Schulter nach hinten. Eine fleckige Mauer aus Sand zerschnitt der Länge nach das Tal. Die Hügel, die sie und Baudin vorhin verlassen hatten, waren verschwunden. Die Mauer rollte einem Leviathan gleich auf sie zu.
    »Es ist an der Zeit, zu rennen, würde ich sagen«, keuchte Heboric neben ihr. »Wenn wir es bis zu den Hügeln schaffen – «
    »Jetzt weiß ich, wo wir sind!«, brüllte Kulp. »Wir sind in der Raraku! Das da ist der Wirbelwind!«
    Gut zweihundert Schritt voraus erhoben sich die zerklüfteten, von Felsbrocken übersäten Hänge der Hügel. Zwischen den einzelnen Kuppen gab es immer wieder tiefe Einschnitte, wie die Abdrücke gigantischer Rippen.
    Die drei rannten, obwohl sie wussten, dass sie es nicht mehr rechtzeitig schaffen würden. Der Wind, der ihnen in den Rücken peitschte, heulte wie ein wahnsinnig gewordenes Wesen. Einen Augenblick später hüllte der Sand sie ein.
    »Um die Wahrheit zu sagen – wir waren da draußen, weil wir nach Sha’iks Leichnam gesucht haben.«
    Fiedler blickte den Trell, der ihm gegenüber saß, stirnrunzelnd an. »Ihren Leichnam? Dann ist sie also tot? Wie ist das geschehen? Und wann?« Warst du das, Kalam? Ich kann es nicht glauben -
    »Iskaral Pustl behauptet, dass sie von einem Trupp Roter Klingen aus Ehrlitan ermordet wurde. Zumindest hätten ihm die Drachenkarten das zugeflüstert.«
    »Ich hab gar nicht gewusst, dass die Drachenkarten so genau Auskunft über derlei Dinge geben.«
    »Soweit ich weiß, können sie das auch nicht.«
    Sie saßen auf Steinbänken in einer Grabkammer, die sich mindestens zwei Ebenen unter den Räumen befand, in denen sich der Priester des Schattens mit Vorliebe aufhielt. Die Bänke waren mit ihrer Längsseite an einer roh behauenen
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