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Im Bann der Leidenschaft

Im Bann der Leidenschaft

Titel: Im Bann der Leidenschaft
Autoren: Susan Johnson
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empor, und der kalte Wind rötete Zenas Wangen. Als die Pferde vor dem Bahnhof hielten, lief ein Straßenjunge herbei und übernahm die Zügel.
    »Trag das Kind, Ivan«, befahl der Prinz. Vor fünfzehn Minuten waren alle Fahrgäste in den Zug gestiegen, der nur mehr auf Alex wartete. Er führte Zena den menschenleeren Bahnsteig entlang zu dem hellgrauen Waggon mit den Kuzan-Wappen. Davor standen einige Bahnbeamte, die sich ehrerbietig verneigten.
    »Guten Abend, Exzellenz«, grüßte einer der Männer, »alles ist vorbereitet.« Diskret wandten sie den Blick von dem kleinen Jungen ab, den der Diener im Arm hielt. Aber am nächsten Morgen würde ganz Petersburg über den Prinzen klatschen, der mit einem Mädchen und einem Kind verreiste.
    »Danke«, erwiderte er geistesabwesend. Ivan überreichte Zena den schlafenden Bobby.
    »Gute Fahrt, Exzellenz!« riefen die Beamten, als er ihr in den Wagen half.
    Lächelnd nickte er ihnen zu, und Ivan verteilte das übliche Trinkgeld.
    Zena sah sich erstaunt in dem luxuriösen Waggon um. Wenigstens brenne ich stilvoll durch, dachte sie. Drei Diener, der patissier und ein Dienstmädchen standen bereit. In die schimmernde Rosenholztäfelung waren silberne Ornamente und Spiegel eingelassen. Zu den apfelgrünen Samtvorhängen paßte ein grün, schwarz und goldgelb gemusterter Perserteppich, auf dem Louis Quinze-Möbel mit bestickter weißer Satinpolsterung standen, Der Prinz winkte die Dienerin zu sich. »Bring das Kind in der blauen Schlafkammer zu Bett, Mariana, und bleib während der Nacht bei ihm.«
    »Aber – Monsieur …«, begann Zena.
    »Ja?« fragte er kühl. Er war es nicht gewöhnt, daß man gegen seine Anordnungen protestierte. »Seien Sie beruhigt, meine Liebe, Mariana kann sehr gut mit Kindern umgehen.«
    Sichtlich geschmeichelt, streckte die Dienerin ihre Arme nach dem Kleinen aus, den Zena ihr widerstrebend überließ, da sie keine Szene machen wollte. Als Mariana den schlafenden Jungen aus dem Salon trug, fing sie leise zu singen an.
    Alex nickte zufrieden. »Nun, Mademoiselle – eh …«
    »Turkuaminen, Monsieur. Aber nennen sie mich bitte Zena.«
    »Was für ein hübscher Name! Darf ich Ihnen den Umhang abnehmen und Sie zu einem heißen Punsch einladen? Der wird Sie wärmen. Feodor, ist der Punsch fertig?«
    »Ja, Exzellenz.«
    »Stell die Schüssel auf den Tisch.«
    »Brauchen Sie sonst noch etwas, Exzellenz?«
    »Nein, danke, ihr könnt alle gehen.« Nachdem sich die Dienerschaft zurückgezogen hatte, füllte Alex zwei ziselierte Silberbecher mit dem dampfenden Getränk. »Setzen Sie sich, meine Liebe, und trinken Sie.« Mit sanfter Gewalt drückte er sie auf ein Sofa.
    »Monsieur, ich weiß nicht recht …«
    »Unsinn, Sie sind ganz durchfroren und müssen sich wärmen. Ich bestehe darauf.«
    Zögernd nippte sie an ihrem Becher, und er sank ihr gegenüber in einen fauteuil. Den warmen Becher zwischen den Händen, streckte er die langen Beine aus und musterte Zena. Eigentlich sah sie nicht wie eine Straßendirne aus – zumindest nicht wie eine erfolgreiche. Das aquamarinblaue, mit grünen und weißen Perlen bestickte Seidenkleid war seit zwei oder drei Jahren aus der Mode und saß etwas zu eng über den Brüsten. Offenbar stammte es von einem Händler, der Ware aus zweiter Hand verkaufte. Auch die Satinschuhe hatten schon bessere Tage erlebt, und die Perlenkette am schlanken Hals erschien dem Prinzen sehr bescheiden.
    Vielleicht hatte sie die Sachen vor einiger Zeit von einem Beschützer erhalten und dann keinen Nachfolger gefunden. Der Punsch rötete allmählich das hübsche, von kastanienbraunen Locken umrahmte Gesicht.
    Schweigend leerte er seinen Becher und füllte ihn noch einmal. Dieser Punsch war sein Lieblingsgetränk, nach einem uralten Rezept gebraut, das er am Berliner Hof erhalten hatte. Außer verschiedenen Gewürzen enthielt die Mixtur etwas Arrak und Rum. Während die Räder rhythmisch ratterten, wirkte Zena immer nervöser, und er versuchte sie mit belangloser Konversation zu ermuntern. Aber da sie nur einsilbige oder doppeldeutige Antworten gab, versank er bald wieder in seiner angenehmen Lethargie. Für sie war die Reise ein Geschäft, und was ihn anbetraf, sollte die junge Frau einfach nur sein Verlangen stillen. Also brauchte man keine nichtssagenden Floskeln auszutauschen.
    Zu seiner eigenen Verblüffung erregte sie ihn schon jetzt, wenn auch nur flüchtig.
    Normalerweise fühlte er sich nicht zu zart gebauten jungen Mädchen hingezogen,
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