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Im Auftrag des Tigers

Im Auftrag des Tigers

Titel: Im Auftrag des Tigers
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht kürzlich noch einen Artikel darüber gelesen, daß vollkommen unklar sei, ob sich überhaupt noch Tiger in den Wäldern aufhielten … Und der D.O. will die abknallen?
    Jetzt war er völlig verrückt geworden.
    »Tiefer!«
    Er wußte nicht, wieso er gehorchte, aber er ging tiefer, er schaffte dem Saftsack sogar eine Angriffsposition.
    »Moong 1! Antworten Sie bitte«, kam es aus dem Kopfhörer.
    Antworten Sie bitte … Wie denn? Dieser Spinner schoß, schoß tatsächlich!
    »Was soll das?« Der Leutnant brüllte es gegen das Pfeifen der Düse.
    »Sehen Sie doch! Ich hab' ihn!«
    Es schien zu stimmen. Der Tiger dort unten wollte hoch, brach zusammen, versuchte es wieder …
    »Was soll ich den Leuten im Camp antworten?«
    »Nachher, Chok, nachher … Hat Zeit.«
    »Und jetzt?«
    »Sie können doch dort landen? Das Plateau ist doch groß genug?«
    Er brachte die Bell in Geradeaus-Lage, sah wie der Abwind des Rotors die Büsche peitschte und ließ die Maschine langsam sinken.
    »Und ich dachte immer, Tiger-Jagd sei streng verboten.« Leutnant Chok Teng schaltete die Verbindung zu der quäkenden, dringlichen Stimme in seinem Kopfhörer ab.
    Der District Officer warf sich in den Sitz zurück und öffnete die Gurtschnalle. »Soll ich Ihnen mal was sagen, Leutnant: Verboten ist im Grunde alles. Trinken, ficken, über die Straße gehen … Wenn wir danach gehen würden, oh Mann! Seit Jahren sehe ich zu, wie diese Mistkerle von Wilderern Tiger abknallen und dickes Geld verdienen. Und was tu' ich? Ich jag' die Wilderer … Jetzt haben wir selbst einen Tiger. Unser Baby da unten, wissen Sie, was das wert ist? Bringt gut fünfzehntausend. Nicht Ringgits. Dollar! US-Dollar!«
    »Unser?«
    »Klar doch. Jetzt sind wir im Geschäft, Chok Teng. Fifty-fifty. In Ordnung?«
    Der Saftsack beugte sich nach vorne, kniff die Augen zusammen und versuchte durch die Staubwolken zu spähen, die die Rotorflügel aufwirbelten. »Verdammt noch mal! Wo ist das Vieh jetzt? …«
    Sie kannte es, sie kannte dieses gleichmäßige › Tasch-tasch-tasch ‹, das den Himmel füllte, ehe der große Vogel auftauchte, dessen schwarzer Schatten über Fluß, Fels und Bäume huschte. Zu oft hatte sie es gehört, um noch die Unruhe und die Angst zu empfinden, die sie verspürt hatte, als sie es zum ersten Mal wahrgenommen hatte.
    Auch jetzt wieder hing das Geräusch über dem Wald …
    Sie lag auf dem warmen Stein und träumte von den tiefen Wäldern der Berge im Norden. Bald würden die Wildschweine zu ihrem Zug aufbrechen, und dann gab es in den Bergen Fleisch, Wasser, Kühle und sicheren, gefahrlosen Raum.
    Die Jungen waren unruhig geworden. Der Kleine stieß seinen dicken Kopf in ihre Seite. Sie drehte sich um.
    ›Tasch-tasch-tasch …‹
    Es war laut, lauter als sie es je vernommen hatte, laut wie das Sausen des Sturmes. Und begleitet wurde es von einem hohen, unangenehmen Pfeifton. Der Kleine rannte in Panik. Sein Bruder setzte ihm nach.
    Auch die Weiße trottete den Büschen am Rande des Plateaus zu, um Deckung zu suchen. Doch sie machte nur drei, vier Schritte, wollte noch einmal den Kopf heben, aber sie brachte es nicht mehr zuwege. Es war, als würde sie von harten Ästen gestoßen – zuerst in den Rücken, dann in den Nacken, in die Hüfte, den Hals … Sie spürte keinen Schmerz, als die Stahlmantelgeschosse ihr das Fleisch, die Muskeln, die Nervenbahnen, die Gefäße und die Lunge durchschlugen, sie spürte nichts als dumpfe Benommenheit. Doch das Atmen fiel schwer, sie bekam keine Luft mehr, und sie schmeckte nun Blut, das Blut, das ihr aus der zerfetzten Lunge in den Hals und zwischen den Kiefern durchschoß. Ihr Körper wurde schwer, die Glieder waren wie Blei, doch sie schleppte sich weiter, kroch über den Stein nun, kroch auf die Yaho -Stauden dort zu.
    Die Jungen …
    Wo sind die Jungen?
    Sie streckte sich aus. Ihr Blick durchsuchte die Yaho -Blätter, doch die Welt zerbrach in winzig kleine, kantige Stücke, nur noch einen Schatten vermochte sie auszumachen, dicht vor ihr … Und da war eine Stimme, hoch und aufgeregt.
    Die Weiße erhob sich ein letztes Mal.
    Der Schatten.
    Ganz nah …
    Was noch an Leben in ihr war, sammelte sich in einem einzigen, letzten Schlag.
    Die ausgestreckten Fangkrallen der Tigerin zerrissen Pa Ulay die Halsschlagader in der Sekunde, als er einen Ast beiseite schob, um besser sehen zu können.
    Pa Ulay war tot. Er wußte es nur noch nicht. Noch sprang das Blut in einer rotglitzernden, pulsierenden Fontäne
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