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Im Auftrag des Tigers

Im Auftrag des Tigers

Titel: Im Auftrag des Tigers
Autoren: Heinz G. Konsalik
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langen Leben jedoch hatte Philip Wang Fu stets genau auf die Einhaltung gewisser Regeln geachtet, deren Sinn er für richtig hielt …
    »Geld ist das heiße Blut des Lebens.« Dies hatte ihm schon sein Großvater gesagt. Und er war ein weiser Mann gewesen. Vor mehr als einem Jahrhundert, damals, während der großen Hungersnöte, hatte To Fu sein Bergdorf in der chinesischen Provinz Yunnan verlassen und war über Schanghai ins malaiische Penang ausgewandert, das damals noch den Namen Georgetown trug. Die Arbeit für die ausländischen Teufel von Engländern versprach ein Auskommen und guten Lohn. Und To Fu, Analphabet, aber Rechenkünstler, der er war, brachte es schließlich bis zum Vorarbeiter der britischen Zinn-Minen bei Ipoh.
    »Laß nie etwas Angebrochenes stehen. Wisch immer die Schüssel sauber, ehe du sie aufs neue füllst«, war eine andere Spruchweisheit von ihm.
    Oder: »Vertraue nur dir selbst. Achte dann die Menschen deiner Familie, hilf, auch wenn sie eine Last sind, das wünschen die Götter. Aber erhoffe nichts, denn auch sie sind schwach …«
    Wie richtig.
    Und: »Halte deinen Körper in Ehren!«
    Auch dies hatte der Großvater gesagt. Was darunter zu verstehen war, hatte Philip Wang Fu erst Jahrzehnte später erfahren. Damals waren die Jahre der Nachkriegs-Revolutionen und Katastrophen längst vergessen, und er war von Malaysia nach Singapur gezogen, um aus einer kleinen Handels-Niederlassung seinen Konzern, die East Coast zu schmieden.
    Doch als er einmal fiebernd im Bett lag, hatte er nach dem alten Li Tanao gerufen, einem Meister der Medizin aus Ipoh, der seinen Vater und Großvater gekannt und behandelt hatte, und der damals schon mindestens achtzig Jahre alt gewesen sein mußte. Er hatte ihn mit der Privatmaschine seiner East Coast-Industries holen lassen. Und da stand er dann, in seinem einfachen, braunen Baumwoll-Kaftan, einen Haselnuß-Stock, den er selbst geschnitten hatte, in der Hand, und lächelte ihn an: »Du hast dich nicht sehr gut gehalten, mein Sohn … Aber noch ist es nicht zu spät …«
    Er hatte ihn kuriert. Und da Li Tanao nicht mehr in die ›Teufelsstadt‹ Singapur wollte, war er stets zu ihm nach Ipoh, Malaysia, geflogen, um sich untersuchen zu lassen.
    »Das Alter ist das höchste Geschenk, welches das Leben uns zu bieten vermag«, hatte ihm Dr. Li Tanao bei seinem letzten Besuch noch mitgegeben. »Es verbindet die Einsicht in die Dinge mit dem Abstand, der zur Harmonie gehört. Aber auch mit der Macht über dich und andere. Das Alter wird begrenzt durch die Gebrechlichkeit des Körpers. Wir wissen es. Und das ist gut so. Jeder Kreis muß sich schließen. Doch wie er sich schließt, darauf haben wir Einfluß. Lao Tse sagt: Wer nichts unternimmt, hat auch nichts zu bereuen … Aber wer sich zum Handeln entschlossen hat, der soll weiter handeln … Gut. Und dazu gibt es einige kleine Hilfen.«
    Es war sonderbar: Jedesmal, wenn Philip Wang Fu zu den Frauen ging, fielen ihm die Sätze des alten Li ein.
    Auch jetzt wieder.
    Da stand er, spürte noch den bittersüßen Geschmack der Medizin auf der Zunge, wartete, daß sie wirkte und blickte den Positionslichtern und Scheinwerfern einer der Container-Dampfer nach, der draußen aus der Marina Bay glitt. »Die Frauen schenken das Leben. Und in ihnen liegt auch das Geheimnis seiner Verlängerung. Der Sturm des Alters wird an dir abprallen, wenn du die Medizin nimmst, die ich dir verschreibe: Tiger-Essenz! Sie wirkt nicht immer. Doch dem, der an die Macht des Tigers über das Leben und alle Geschöpfe glaubt, ist geholfen.«
    Er glaubte. Und wie er glaubte!
    Wang Fu spürte, wie sich die Zehen erwärmten. Zuerst die beiden kleinen, dann floß die Wärme waagerecht zu den großen Zehen, und von dort in die Fersen, die Innenseiten der Schenkel entlang bis dorthin, ja, dorthin, wo er nun alle Kraft brauchte … zum Yang.
    Na also.
    Die Täubchen konnten sich auf etwas gefaßt machen …
    Es waren drei, die warteten. Genauer, zwei Frauen: Teeny Sue und Olga Sokonow. Olga war üppig, wild und ausgelassen. Dann war da noch Tien, die Neue. Ein blutjunges Mädchen, das Kim über einen Hongkonger Bordellier besorgte, der es wiederum aus irgendeinem Dorf in der Nähe der New Territories importiert hatte. »Jungfrau! Garantiert …«
    Philip Wang Fu hatte sich Fotos zeigen lassen. »Ich will sie rasiert.«
    »Aber gewiß, Ehrwürdigster.«
    Es hatte trotzdem endlos gedauert, bis er sich entschied, während Kim ihn unter gesenkten Lidern
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