Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Illusion - das Zeichen der Nacht

Illusion - das Zeichen der Nacht

Titel: Illusion - das Zeichen der Nacht
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
Vom Netzwerk:
seinen schmalen, klar konturierten Lippen zeichnete sich noch genau das gleiche verächtliche Lächeln ab, das sie während Eriks Genesung in der Festung der Drakul mehrmals an ihm bemerkt hatte.
    »Diese Frage sollten wir eigentlich dir stellen«, gab das Oberhaupt der Drakul mit ruhiger Stimme zurück. »Was machst du hier, Prinzessin? Wir haben dich erst morgen erwartet.«
    »Genauso ist es. Und warum hast du die da mitgebracht?« Eilat überraschte mit einer wohlklingenden Baritonstimme. Er deutete auf Nieve, mied allerdings den Blick der Wächterin. »Das wird Glaukos sicher nicht gefallen.«
    »Seid ihr seine Gäste?«, setzte Jana das Gespräch fort, ohne auf seine Frage einzugehen. »Ich wusste gar nicht, dass ihr so gute Beziehungen zu den Varulf habt. Wart ihr an Argos Ergreifung beteiligt?«
    Die beiden Medu-Anführer tauschten einen raschen Blick.
    »Wir wollten nur den Gefangenen sehen«, sagte Harold mit gefährlich funkelnden Augen. »Wir waren neugierig, das ist alles. Es geht das Gerücht, er hätte jetzt Flügel, wie ein Engel. Außerdem erlebt man die Niederlage seines ältesten Feindes schließlich nicht alle Tage.« Bei diesen Worten fixierte er Nieve, die seinem Blick selbstbewusst standhielt. »Sie kann nicht hierbleiben.« Harold runzelte die dunklen, schön geschwungenen Augenbrauen über seinen Falkenaugen. »Sie ist nach wie vor unsere Feindin, ich traue ihr nicht über den Weg.«
    »Aber Nieve und Corvino sollen doch morgen den Gefangenen abholen«, wandte Jana ein. »Ein Tag früher oder später macht doch nichts aus.«
    Eilat steckte die Hände in die Taschen seines ausgebeulten grauen Anzugs. »Die Dickköpfigkeit der Agmar hat mich schon immer genervt«, klagte er mit einem tiefen Seufzer. »Glaukos würde an die Decke gehen, wenn er wüsste, dass wir sie überhaupt hereingelassen haben.«
    »Hör mal, ich bin hergekommen, weil Argo mich sehen wollte.« Jana war fest entschlossen, sich nicht aus der Fassung bringen zu lassen. »Glaukos hat diesem Treffen schon zugestimmt, ihr habt also keinen Grund, mich nicht zu ihm zu lassen. Und was Nieve angeht … Ihr braucht keine Angst vor ihr zu haben. Sie ist bloß hier, weil sie wissen will, wie er jetzt aussieht, also genau wie ihr, glaubt mir.«
    »Du denkst, wir hätten Angst vor ihr?« Harolds Lächeln war erloschen. »Red doch keinen Unsinn. Sie kann uns nichts mehr anhaben. Außerdem bin ich sicher, dass sie keinen neuen diplomatischen Konflikt zwischen den Wächtern und uns Medu heraufbeschwören will. Die haben untereinander schon genug Probleme, das sieht man daran, was mit Argo passiert ist. Und Heru hat sich schon vor einer ganzen Weile abgesetzt. Hab ich nicht recht, Nieve?«, fragte er und sah dabei die junge Wächterin an. »Jetzt sind nur noch Corvino und du übrig und Corvino wäre garantiert alles andere als begeistert, wenn euer Deal mit Glaukos wegen deines Besuchs hier platzen würde.«
    »Er weiß nicht, dass du hier bist, stimmt’s?«, fragte Eilat lauernd.
    Bei der Erwähnung von Corvino riss Nieve plötzlich der Geduldsfaden. Staunend registrierte Jana, wie ihr sonst so feines Gesicht sich innerhalb von Sekundenbruchteilen in eine furchterregende, rachsüchtige Fratze verwandelte, mit Augen, die so erbarmungslos blitzten wie bei einer antiken Göttin. »Wehe, du ziehst Corvino da mit hinein«, donnerte sie los. Die Gewalt ihrer Stimme konnte wahrscheinlich selbst Steine erschauern lassen und Jana bekam eine Gänsehaut. »Glaubst du etwa, wir hätten überhaupt keine Macht mehr, wir könnten euch gar nichts mehr anhaben? Da irrst du dich gewaltig, das kann ich dir sofort beweisen. Wenn du darauf bestehst, dass ich gehe, wirst du es bereuen!«
    Eilat schien wie versteinert vom übernatürlich blauen Funkeln ihrer Augen, und wie immer bei den Iriden in Situationen extremer Gefahr, war ihm seine Angst sofort anzusehen. Der Bart mutierte zu einem grauen Fleck, die Falten an Augen und Stirn verschwanden und er nahm die rundlichen Züge eines sechs- oder siebenjährigen Jungen an. Wenn die Atmosphäre nicht so angespannt gewesen wäre, hätte Jana laut gelacht. Nach seinem Aussehen zu schließen, musste Eilat wirklich sehr erschrocken sein.
    Nieve hingegen schien die Situation überhaupt nicht komisch zu finden. »Ich bleibe hier, bis Jana von ihrem Treffen mit Argo zurückkommt«, erklärte sie, an Harold gewandt. »Was dagegen?«
    Nach Sekunden absoluter Reglosigkeit schüttelte das Oberhaupt der Drakul langsam den Kopf.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher