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Illusion - das Zeichen der Nacht

Illusion - das Zeichen der Nacht

Titel: Illusion - das Zeichen der Nacht
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
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wanden. Sie waren nicht besonders gut und schon ziemlich verblasst, aber trotzdem war ihr sofort klar, dass es keine Varulf-Tattoos waren. Es hieß, Yadia sei bei seiner menschlichen Mutter aufgewachsen. Warum trug er dann Tattoos, so wie die Medu? Tattoos, die aber andererseits signalisierten, dass er nicht dazugehörte, zu keinem der Klans. War er zu diesen Tattoos gezwungen worden?
    »Eigentlich rechnet Argo erst morgen mit deinem Besuch«, sagte Yadia in Janas Überlegungen hinein. »Ich weiß nicht, ob er dich jetzt empfangen will. Aber wahrscheinlich kann er es kaum erwarten, mit dir zu sprechen«, fügte er hinzu und griff nach einem schweren Schlüsselbund, der an seinem Gürtel hing. »Und wenn man bedenkt, wie rapide sich sein Zustand verschlechtert … Vielleicht freut er sich sogar, dass du früher gekommen bist.«
    »Du scheinst ja eine Menge über deinen Gefangenen zu wissen.« Jana ließ ihn nicht aus den Augen. »Redet er mit dir?«
    »Manchmal. Aber ich habe auch gelernt, aus seinem Schweigen Schlüsse zu ziehen. Schließlich musste ich ihn wochenlang beschatten, bis ich ihn zu fassen bekam.«
    Yadia steckte einen Schlüssel ins oberste Schloss und drehte ihn, während ein leises Knacken ertönte. Dasselbe tat er mit den sechs weiteren Schlössern, eine Vorsichtsmaßnahme, die nicht übertrieben wirkte, wenn man bedachte, wer in dieser Zelle saß.
    »Hattest du einen Auftrag?«, fragte Jana leise.
    Yadia, der gerade nach der quer über der Tür liegenden Eisenstange greifen wollte, hielt inne und wandte ihr den Kopf zu. »Argo zu schnappen? Nein, das war meine eigene Idee«, antwortete er mit einem verschlagenen Grinsen. »Ich dachte, so ein Coup würde mich mit einem Schlag berühmt machen. Und meine Rechnung ist aufgegangen. Jetzt kennt sogar eine Agmar-Prinzessin meinen Namen.«
    Jana bedachte ihn mit einem kalten Lächeln und sah zu, wie er die Eisenstange entfernte und die Tür aufmachte.
    Aus der Zelle schlug ihr feuchte Hitze entgegen, vielleicht wegen der vielen Kerzen, die in den vier Ecken des Raums in Leuchtern brannten. Es roch nach Rauch, Schweiß und geschmolzenem Wachs. Trotz des leichten Windhauchs, der aus einer vergitterten Luke dicht unter der Decke kam, hatte Jana das Gefühl, keine Luft zu bekommen. Ihr wurde fast schlecht, so stickig war es hier drin.
    Argo lag auf einer grauen Pritsche, fest in eine schäbige Decke mit Schottenmuster gewickelt. Nicht einmal als er das Knarren der Tür hörte, bewegte er sich darunter.
    »Argo, du hast Besuch von Jana, der Anführerin der Agmar«, verkündete Yadia.
    Der gefallene Wächter schlug die Decke zurück, ließ ganz langsam, als koste es ihn große Anstrengung, die Beine auf den Boden gleiten und setzte sich auf. Seine Flügel, die alle seine Bewegungen behinderten, waren tatsächlich schwarz und verkrüppelt. Als Jana sein Gesicht sah, wurde ihr noch schlechter. Nicht weil es gealtert war, sondern weil es wie verwest aussah, als hätte Fäulnis Argos aristokratische Züge zersetzt. Das Haar fiel ihm in grauen, schlaffen Strähnen über die eingefallenen Wangen und die Augen glichen schwarzen Stecknadelköpfen in einer aschfahlen Fratze, uralt und durch und durch böse.
    Bei Janas Anblick wurde seine müde Miene von einem finsteren Lächeln belebt. »Das Mädchen, das ihr Volk für einen Kuss ans Messer geliefert hat.« Seine Stimme klang wie knisterndes, vergilbtes Papier, kurz bevor es zu Staub zerfällt. »Das hast du jedenfalls in Kauf genommen. Was willst du hier?«
    Jana zwang sich, seinem Blick standzuhalten. »Du hast doch gesagt, du willst mich sehen, weißt du nicht mehr?«
    Argo schüttelte sich Asche von einem seiner Flügel. Ein durchdringender Geruch nach Verbranntem stieg auf. »Du glaubst, ich hätte das Gedächtnis verloren?« Er schnalzte mit den Fingern. »Ich habe dich erst morgen erwartet. Dachtest du, du könntest mich aus dem Konzept bringen?«
    Jana sah ihn nach wie vor an, ohne zu blinzeln. Ihre kastanienbraunen, samtenen Augen registrierten jede Veränderung im Gesichtsausdruck des Wächters, so winzig und unbedeutend sie auch sein mochte. »Mir wurde gesagt, es geht dir sehr schlecht. Ich dachte, es ist zu riskant, wenn ich bis morgen warte.«
    Argo stieß ein raues Lachen aus. »So ehrlich wie eh und je. Natürlich hast du keinen Moment daran gedacht, mich zu überrumpeln, wenn du vor dem vereinbarten Zeitpunkt auftauchst. Raffiniert und zugleich lachhaft naiv. Ich bin zu alt, um irgendjemandem auf den Leim
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