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Illusion - das Zeichen der Nacht

Illusion - das Zeichen der Nacht

Titel: Illusion - das Zeichen der Nacht
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
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Mann ihr am Landungssteg der Varulf zum Aussteigen die Hand reichte, fiel Jana auf, dass er ihren Blick mied. Vom Ufer aus sah sie der Gondel nach, wie sie in Richtung Cannaregio davonfuhr.
    Nieve hatte schon den bronzenen Türklopfer in der Hand und ließ ihn jetzt knallend zurückfallen. Bald darauf waren Schritte zu hören, die über einen gepflasterten Innenhof näher kamen. Das Guckloch öffnete sich kurz, dann schabten laut quietschend mehrere Riegel an den eisernen Führungen entlang. Als die Tür aufschwang, stand vor ihnen ein Ghul mit der Schnauze eines Schakals, buschigen schwarzen Augenbrauen und kupferroten Augen.
    »Lass uns rein«, verlangte Jana herrisch. »Ich habe die Erlaubnis, den Gefangenen in seiner Zelle zu besuchen.«
    Als der Ghul Nieve bemerkte, stellte sich seine dichte Armbehaarung auf. »Tut mir leid«, sagte er und blickte zu Boden. »Hier hat nur Zugang, wer einen Passierschein meines Herrn Glaukos vorweisen kann.«
    Jana stieß ihn beiseite und betrat mit energischen Schritten den Innenhof. »Idiot«, sagte sie im Gehen. »Ich bin Jana, die Herrin der Agmar. Ich lasse mir von niemandem vorschreiben, wo ich Zugang habe und wo nicht!«
    »Das hier ist ein Gefängnis, meine Damen«, stammelte der Ghul und sah tatenlos zu, wie Nieve der Medu-Prinzessin folgte. »Hier kann man nicht einfach so hereinkommen. Dazu braucht man eine Genehmigung.«
    »Dann informier deine Vorgesetzten.« Nieve drehte sich um und sah ihn ganz ruhig an. »Sie werden dir diese Genehmigung geben, die du so dringend brauchst.«
    »Nein … Sie verstehen mich falsch. Nicht ich brauche eine Genehmigung, sondern Sie beide. Außerdem habe ich hier zu bestimmen. Keiner meiner Vorgesetzten ist im Haus.«
    »Wirklich?« Jana sah Nieve überrascht an, die plötzlich seltsam erregt wirkte. Sie war ganz blass geworden, ihre Augen standen weit offen und leuchteten so blau wie Saphire. Auch ihre Alabasterhaut hatte sich mit einem bläulichen Schimmer überzogen.
    Der Ghul wich erschrocken zurück.
    »Erzähl mir nichts, du Schwachkopf.« Die Stimme der Wächterin klang zum Fürchten, nach klirrendem Glas und peitschendem Wind. »Ich weiß, dass du lügst. Hier gibt es mindestens einen hochrangigen Medu. Das kann ich spüren.«
    Der Ghul schluckte. »Na schön. Folgen Sie mir. Ich bringe Sie zu den beiden, die sollen dann selbst entscheiden.«
    Mit gesenktem Kopf ging er auf den dunklen Eingang zu, der sich in der Wand links von ihnen auftat. Es war eine feuchte Backsteinmauer, die im unteren Teil, wo nie die Sonne hinkam, grün und golden verschimmelte Stellen hatte. Eine staubige Kletterpflanze rankte sich daran hoch und wand sich um die Gitterstäbe vor den obersten Fenstern. Ob Argo sich hinter einem dieser Gitter befand?
    Als Jana das Gebäude betrat, stach ihr der Geruch nach Fett und Heilkräutern in die Nase. Die Eingangshalle war winzig. Eine steile, ausgetretene Steintreppe führte nach oben, in ihrer Mitte lag ein gelber Läufer, dessen geometrisches Muster kaum noch zu erkennen war.
    Der Ghul führte seine Besucher hinauf und geleitete sie im ersten Stock bis ans Ende eines Flurs, dessen Boden schachbrettartig gefliest war. Als sie vor einer weißen Tür standen, zögerte der Diener einen Moment, aber dann klopfte er doch an: dreimal schnell, zweimal langsam, dann wieder dreimal schnell. Diese Abfolge hatten seine Herren wahrscheinlich vorab mit ihm vereinbart für den Fall, dass er ihnen unvorhergesehene Störungen melden musste.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis die Tür schließlich aufging. Jana schob den Ghul einfach beiseite und stürmte in den Raum, blieb jedoch wie angewurzelt stehen, als sie Eilat und Harold erkannte, zwei der wichtigsten Befehlshaber ihres Volkes. Eilat war der Anführer der Iriden und Harold war nach Eriks Tod zum Oberhaupt der Drakul aufgestiegen.
    »Was macht ihr denn hier?«, fragte sie mit argwöhnischem Blick auf Eilat.
    Unter dem schwarzen Hut des alten Mannes blickten graue Haare hervor, er trug einen gepflegten Bart, der seinem markanten Gesicht etwas Respektvolles gab. In dieser Gestalt hatte Jana ihn noch nie gesehen, was nicht verwunderlich war, denn die mächtigsten Iriden wechselten ständig ihr Aussehen, um ihre hohe Stellung innerhalb des Klans zum Ausdruck zu bringen. Doch Jana erkannte ihn sofort an dem Chamäleon-Tattoo auf dem rechten Handrücken.
    Harold trug die purpurrote Tunika der Drakul-Priester. Sein Haar war schütterer, als Jana es in Erinnerung hatte, aber auf
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