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Illuminati

Illuminati

Titel: Illuminati
Autoren: Dan Brown
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Carlo.« Die Stimme seiner Mutter.» Gott hat Pläne mit dir.«
    Verwirrt bewegte der Camerlengo sich weiter.
    Dann, ohne Vorwarnung, war Gott bei ihm.
    Der Camerlengo erstarrte. Das Licht der neunundneunzig Öllampen warf seinen Schatten an die Marmorwand neben ihm. Riesig und furchtbar. Eine undeutliche Gestalt, umgeben von goldenem Licht. Mit den ringsum flackernden Flammen sah der Camerlengo wie ein Engel aus, der im Begriff war, in den Himmel aufzusteigen. Einen Augenblick stand er da, breitete die Arme aus, betrachtete seinen Schatten. Dann wandte er sich ab, schaute zurück zur Treppe.
    Gottes Wille war klar.
    Drei chaotische Minuten waren draußen in der Halle vor der Sixtinischen Kapelle vergangen, und noch immer hatte niemand den Camerlengo gefunden. Es schien, als wäre er von der Nacht verschluckt worden. Mortati war beinahe schon so weit, den ganzen Vatikan nach ihm absuchen zu lassen, als draußen auf dem Petersplatz plötzlich donnernder Jubel ertönte. Die spontane Freude der Massen war unglaublich. Die Kardinale wechselten verwirrte Blicke.
    Mortati schloss die Augen. »Gott sei uns gnädig.«
    Zum zweiten Mal in dieser Nacht strömte das Kollegium der Kardinale hinaus auf den Petersplatz. Langdon und Vittoria wurden von der drängenden Menge der Kardinale aufgenommen und folgten ihnen in die nächtliche Kühle. Die Scheinwerfer der Medien und die Kameras waren nach oben ge richtet, auf die Fassade der Basilika. Und dort, auf dem päpstlichen Balkon genau in der Mitte der gewaltigen Fassade, stand Camerlengo Carlo Ventresca, die Arme zum Himmel ausgestreckt. Selbst aus großer Entfernung sah er aus wie die wieder geborene Reinheit. Eine Figurine. Gekleidet in Weiß. Angestrahlt von Licht.
    Die Energie auf dem Platz schien anzuschwellen wie eine sich auftürmende Woge, und mit einem Mal gab die Barriere aus Schweizergardisten nach. In einem gewaltigen euphorischen Strom drängten die Massen auf die Basilika zu. Menschen schrien, sangen, Kameras blitzten. Götterdämmerung. Das Chaos nahm stetig zu, und nichts auf der Welt schien es aufhalten zu können.
    Dann wurde es doch aufgehalten.
    Hoch oben auf dem Balkon machte der Camerlengo eine winzige Bewegung. Er faltete die Hände vor der Brust. Dann senkte er den Kopf in stillem Gebet.
    Und einer nach dem anderen folgten die ungezählten Menschen auf dem Platz seinem Beispiel.
    Stille kehrte ein, als wären alle verzaubert worden.
    Die Gedanken des Camerlengos waren fern und wirr, und seine Gebete ein Chaos aus Hoffnung und Angst…vergib mir, Vater… Mutter… voll der Gnade…du bist die Kirche… mögest du dieses Opfer deines eingeborenen Sohnes erkennen…
    O Herr Jesus… errette uns aus den Feuern der Hölle… nimm unsere Seelen zu dir in den Himmel, besonders die, die deiner Gnade am dringendsten bedürfen…
    Der Camerlengo öffnete die Augen nicht. Er sah nicht die Massen unten auf dem Platz oder die Fernsehkameras, bemerkte nicht, dass die ganze Welt zuschaute. Doch er wusste es trotzdem, er spürte es in seiner Seele. Selbst in seinem Schmerz war die Einheit dieses Augenblicks berauschend. Es war, als hätte sich ein verbindendes Netz über die ganze Welt gelegt, ausgehend von diesem Ort. Vor Millionen Fernsehern betete die Welt wie eine einzige Person; die Menschen streckten die Arme nach Gott aus und beteten in Dutzenden verschiedener Sprachen zu ihm, in Hunderten von Nationen. Die geflüsterten Worte waren neugeboren und doch vertraut wie ihre eigenen Stimmen… uralte Wahrheiten… eingeprägt in die Seelen.
    Die Harmonie war himmlisch.
    Das Schweigen endete, und die freudigen Gesänge begannen erneut.
    Der Camerlengo wusste, dass der Augenblick gekommen war.
    Heilige Dreifaltigkeit, ich biete dir meinen Leib, mein Blut und meine Seele… als Buße für die Freveltaten, Gräuel und Sünden…
    Der Camerlengo spürte bereits, wie der Schmerz einsetzte. Er breitete sich über seine Haut aus wie eine Seuche, und er wollte an seinem Fleisch reißen wie vor Wochen, als Gott zum ersten Mal zu ihm gekommen war. Vergiss nie, welchen Schmerz Jesus erdulden musste. Der Duft der ätherischen Öle stieg ihm in die Nase. Nicht einmal das Morphium konnte den beißenden Geruch überdecken.
    Mein Werk ist vollbracht.
    Das Grauen war sein. Die Hoffnung gehörte ihnen.
    In der Vertiefung der Basilika, beim Schrein mit den Pallien, war der Camerlengo Gottes Willen gefolgt und hatte seinen Leib geölt. Sein Haar. Sein Gesicht. Sein leinenes Gewand. Sein
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