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Illuminati

Illuminati

Titel: Illuminati
Autoren: Dan Brown
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Fleisch. Er war nun durchtränkt von den heiligen, klaren Ölen aus den Lampen. Sie rochen süß wie seine Mutter, doch sie brannten. Sein Ende würde gnadenvoll sein. Wunderbar und schnell. Und er würde keinen Skandal schaffen… sondern neue Kraft und ein neues Wunder.
    Er schob die Hand in die Tasche seines Gewands und tastete nach dem kleinen goldenen Feuerzeug, das er aus dem incendiario mitgenommen hatte.
    Er flüsterte einen Vers aus dem Buch der Richter… denn da die Lohe auffuhr vom Altar gen Himmel, fuhr der Engel des Herrn in der Lohe des Altars mit hinauf.
    Er legte den Daumen auf den Knopf.
    Unten auf dem Platz sangen die Menschen…
    Die Vision, die die Welt nun beobachtete, würde niemand je vergessen.
    Hoch oben auf dem päpstlichen Balkon schoss eine gewaltige Stichflamme aus dem Leib des Camerlengos. Das Feuer umschlang seinen Körper augenblicklich. Er schrie nicht. Er hob die Arme über den Kopf und sah zum Himmel hinauf. Die Flammen brüllten um ihn herum, hüllten ihn in eine Säule aus Licht, tosten scheinbar eine Ewigkeit, während die ganze Welt zuschaute. Heller und heller wüteten die Flammen, um dann nach und nach zu ersterben. Der Camerlengo war verschwunden. Es war unmöglich zu sagen, ob er hinter der Balustrade zusammengebrochen war oder sich in Luft aufgelöst hatte. Außer einer dünnen Rauchwolke, die sich über der Vatikanstadt in den Himmel kräuselte, war nichts mehr zu sehen.
     

135.
     

    Die Dämmerung setzte spät ein.
    Ein frühes Gewitter hatte die Menge vom Petersplatz vertrieben. Die Medien hatten durchgehalten. Reporter duckten sich unter Regenschirme oder hatten sich in ihre Übertragungswagen zurückgezogen, während sie die Ereignisse der vergangenen Nacht kommentierten. Überall in der Welt drängten sich Menschen in den Kirchen. Es war eine Zeit innerer Einkehr und Diskussion… für alle Religionen. Fragen wurden gestellt, doch die Antworten warfen nur noch weitere Fragen auf. Bisher hatte der Vatikan geschwiegen und keinerlei Presseverlautbarung herausgegeben.
    Tief in den vatikanischen Höhlen kniete Kardinal Mortati allein vor dem offenen Sarkophag. Er griff hinein und schloss den schwarzen Mund des toten Papstes. Seine Heiligkeit sah nun friedlich aus. In stiller Hoffnung auf die Ewigkeit.
    Zu Mortatis Füßen stand eine goldene Urne voller Asche. Mortati hatte sie selbst eingesammelt und hergebracht. »Mögen Sie ihm vergeben, Eure Heiligkeit«, sagte er zu dem toten Papst und stellte die Urne an seine Seite in den Sarkophag. »Keine Liebe ist größer als die eines Vaters zu seinem Sohn.« Mortati zupfte das päpstliche Gewand zurecht, bis es die Urne verdeckte. Die heilige Kaverne war den sterblichen Überresten von Päpsten vorbehalten, doch irgendwie spürte Mortati, dass dieser Ort für den toten Camerlengo angemessen war.
    »Monsignore?«, fragte jemand und betrat die Höhle. Es war Leutnant Chartrand. Er wurde von drei Hellebardieren begleitet. »Man erwartet Sie im Konklave.«
    Mortati nickte. »Sofort.« Er blickte ein letztes Mal hinunter in den Sarkophag; dann stand er auf. Er wandte sich zu den Schweizergardisten um. »Es ist an der Zeit, dass Seiner Heiligkeit die Ruhe zuteil wird, die er sich verdient hat.«
    Die Schweizergardisten traten vor, und mit einer gemeinsamen großen Kraftanstrengung schoben sie den Deckel des Sarkophags wieder auf seinen Platz. Er rastete mit einem Geräusch von Endgültigkeit ein.
    Mortati war allein, als er den Borgiahof überquerte und sich der Sixtinischen Kapelle näherte. Ein feuchter Wind verfing sich in seinem Gewand. Ein Kardinalskollege trat aus dem Apostolischen Palast und ging neben ihm her. »Geben Sie mir die Ehre, Sie zum Konklave zu begleiten, Monsignore?«
    »Die Ehre ist ganz auf meiner Seite, Monsignore.«
    Der Kardinal blickte betreten drein. »Monsignore«, sagte er. »Das Kollegium muss sich wegen gestern Nacht bei Ihnen entschuldigen. Wir waren geblendet von…«
    »Bitte«, unterbrach Mortati. »Es gibt Dinge, von denen unsere Herzen wünschen, dass sie wahr wären.«
    Der Kardinal schwieg einen Augenblick. »Hat man Sie informiert?«, fragte er schließlich. »Sie sind nicht mehr unser Zeremonienmeister.«
    Mortati lächelte. »Ja. Ich danke Gott für kleine Gefälligkeiten.«
    »Das Kollegium hat einmütig auf Ihrer Wählbarkeit bestanden, Monsignore.«
    »Wie es scheint, ist die Mildtätigkeit in der Kirche noch nicht ausgestorben.«
    »Sie sind ein weiser Mann, Monsignore. Sie würden
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