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Illuminati

Illuminati

Titel: Illuminati
Autoren: Dan Brown
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Anpassung. Die Welt draußen war unbeständig. Die Kirche musste sich nicht anpassen, sie musste der Welt lediglich in Erinnerung rufen, dass sie wichtig war. Das Böse lebt! Gott wird es besiegen!
    Die Kirche benötigte Führung. Diese alten Männer konnten niemanden inspirieren. Jesus hatte die Menschen inspiriert. Jung, lebendig, kraftvoll… WUNDERBAR.
    »Genießen Sie Ihren Tee«, sagte der Camerlengo zu den vier preferiti und ließ sie in der privaten Bibliothek des verstorbenen Papstes allein. Das Konklave würde bald beginnen. »Ihr Führer wird bald eintreffen.«
    Die preferiti dankten ihm, ganz aufgeregt, dass sich ihnen eine überraschende Chance bot, den berühmten Passetto zu besichtigen. Wie ungewöhnlich! Bevor der Camerlengo gegangen war, hatte er die schwere Eisentür aufgeschlossen, die hinaus in den Passetto führte, und genau zur vereinbarten Zeit hatte die Tür sich geöffnet, und ein arabisch aussehender Priester mit einer Fackel in der Hand hatte die auf geregten preferiti in den Gang geführt.
    Die Männer waren nicht wieder aufgetaucht.
    Sie werden das Grauen sein. Ich bin die Hoffnung. Nein… ich bin das Grauen.
    Der Camerlengo stolperte durch die Dunkelheit des
    Petersdoms. Irgendwie hatte er trotz des Wahnsinns und der Schuld, trotz der Bilder von seinem Vater, trotz des Schmerzes der Offenbarung und sogar trotz des Morphiums zur geistigen Klarheit gefunden, einem Gefühl der Bestimmung. Ich kenne jetzt meine Aufgabe, dachte er, voller Ehrfurcht ob ihrer Einfachheit.
    Von Anfang an war nichts so gelaufen, wie er es geplant hatte. Unvorhergesehene Hindernisse hatten sich ihm in den Weg gestellt. Doch der Camerlengo hatte reagiert, hatte den Plan immer wieder geändert. Trotzdem hätte er niemals gedacht, dass diese Nacht so enden könnte – auch wenn er jetzt die vorherbestimmte Großartigkeit darin erkannte.
    Es konnte gar nicht anders enden.
    Oh, welches Entsetzen hatte er in der Sixtinischen Kapelle gespürt, als er sich fragte, ob Gott ihn verlassen hatte. Oh, welche Taten er ihm auferlegt hatte! Der Camerlengo war auf die Knie gesunken, von Zweifeln gepeinigt, und hatte sich nach der Stimme Gottes gesehnt, doch er hatte nur Schweigen geerntet. Er hatte um ein Zeichen gefleht. Um Führung. Rat. War das hier Gottes Wille? Die Kirche vernichtet, durch einen Skandal, durch Abscheulichkeit? Nein! Gott allein war es gewesen, der den Camerlengo zu seinen Taten veranlasst hatte. Oder nicht?
    Dann hatte er es gesehen. Auf dem Altar. Das Zeichen. Etwas Gewöhnliches in einem ungewöhnlichen Licht. Das Kruzifix. Schlicht, aus Holz. Jesus am Kreuz. In diesem Augenblick war ihm alles klar geworden… der Camerlengo war nicht allein. Er würde niemals alleine sein.
    Es war Sein Wille… Sein Plan.
    Gott hatte stets große Opfer von denen verlangt, die er am meisten liebte. Warum hatte der Camerlengo so lange gebraucht, um zu verstehen? War er zu verzagt? Zu demütig? Es spielte keine Rolle. Gott hatte einen Weg gefunden. Jetzt verstand der Camerlengo sogar, wieso Go tt Robert Langdon gerettet hatte. Um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Um dieses Ende zu erzwingen.
    Es war der einzige Weg zur Erlösung der Kirche!
    Der Camerlengo fühlte sich in einem Schwebezustand, als er die Treppe hinunter in die Vertiefung stieg, in der die goldene Truhe mit den Pallien aufbewahrt wurde. Das Morphium wirkte nun vollends, doch der Camerlengo wusste, dass Gott ihn führte.
    In der Ferne hörte er die Kardinale heftig diskutieren, während sie aus der Sixtinischen Kapelle strömten. Einige riefen den Schweizergardisten Befehle zu.
    Sie würden ihn nicht finden. Nicht rechtzeitig.
    Der Camerlengo fühlte sich angezogen… schneller und schneller stieg er die Stufen hinunter in die Vertiefung, wo die neunundneunzig Öllampen ihr goldenes Licht verströmten. Gott führte ihn auf heiligen Boden zurück. Der Camerlengo bewegte sich auf das Gitter zu, das den Schacht hinunter zur Nekropole bedeckte. Die Nekropole war der Ort, an dem diese Nacht endete. In der heiligen Dunkelheit tief unten. Er nahm eine Öllampe und wollte in den Schacht steigen.
    Doch als er sich durch die Vertiefung bewegte, zögerte er unvermittelt. Irgendwie fühlte es sich falsch an. Wie sollte dies Gottes Zwecken dienen? Ein einsames, stilles Ende? Jesus hatte vor den Augen der ganzen Welt gelitten. Das hier konnte nicht Gottes Wille sein! Der Camerlengo lauschte nach der Stimme seines Herrn, doch er hörte nur das Rauschen der Drogen.
    »
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