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Illuminati

Illuminati

Titel: Illuminati
Autoren: Dan Brown
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uns alle gut führen.«
    »Ich bin ein alter Mann. Ich würde Sie nur kurze Zeit führen.«
    Beide lachten.
    Als sie das Ende des Borgiahofs erreichten, zögerte der andere Kardinal. Er wandte sich mit besorgter Verwirrung zu Mortati, als wäre die gefährliche Ehrfurcht der vergangenen Nacht in sein Herz zurückgekehrt. »Wussten Sie, Monsignore«, flüsterte er, »dass wir keinerlei sterbliche Überreste des Camerlengos auf dem päpstlichen Balkon gefunden haben?«
    Mortati lächelte. »Vielleicht hat der Regen sie weggespült.« Der Mann blickte hinauf zum stürmischen Himmel. »Ja. Vielleicht…«
     

136.
     

    Der spätmorgendliche Himmel hing voller schwerer Wolken, als die ersten schwachen Rauchwölkchen aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle quollen. Die runden Schleier kräuselten sich zum Firmament hinauf und lösten sich langsam auf.
    Der Rauch war weiß.
    Tief unten, auf dem Petersplatz, beobachtete BBC-Reporter Günther Glick in nachdenklichem Schweigen das Geschehen. Das letzte Kapitel…
    Chinita Macri näherte sich von hinten und wuchtete die schwere Kamera auf ihre Schulter. »Es wird Zeit«, erinnerte sie ihn.
    Günther nickte trübselig. Er wandte sich zu ihr um, strich seine Haare glatt und atmete tief durch. Meine letzte Übertragung, dachte er. Eine kleine Menschenmenge hatte sich um sie herum versammelt und beobachtete sie.
    »In sechzig Sekunden sind wir auf Sendung«, verkündete Chinita.
    Günther Glick warf einen Blick über die Schulter zur Sixtinischen Kapelle. »Kriegst du den Rauch ins Bild?«, fragte er.
    Chinita Macri nickte geduldig. »Ich verstehe meinen Job, Günther.«
    Glick fühlte sich wie ein Dummkopf. Natürlich verstand sie ihr Handwerk. Chinitas Kameraführung in der vergangenen Nacht würde ihr wahrscheinlich den Pulitzer-Preis einbringen. Seine Berichterstattung hingegen… er wollte gar nicht daran denken. Er war sich sicher, dass die BBC ihn feuern würde; ohne Zweifel würde es rechtliche Scherereien mit zahlreichen mächtigen Institutionen geben… unter ihnen CERN und George Bush.
    »Du siehst gut aus«, neckte Chinita hinter ihrer Kamera. Auf ihrem Gesicht zeigte sich ein Hauch von Sorge. »Ich frage mich, ob ich dir einen…« Sie zögerte.
    »Ob du mir einen Rat geben darfst?«
    Chinita seufzte. »Ich wollte nur sagen, es ist unnötig, sich mit einem Knaller zu verabschieden.«
    »Ich weiß«, erwiderte er. »Du möchtest einen sauberen
    Schnitt.«
    »Den saubersten in der Geschichte, ja. Ich vertraue dir.« Günther lächelte. Einen sauberen Schnitt? Ist sie verrückt?
    Eine Geschichte, wie sie sich gestern Nacht abgespielt hatte, hatte etwas Besseres verdient. Eine überraschende Wendung. Ein letzter Knall. Eine unvorhergesehene Enthüllung von schockierendem Ausmaß.
    Zum Glück hatte Günther das richtige ASS im Ärmel… »Auf Sendung in fünf… vier… drei…«
    Als Chinita durchs Okular ihrer Kamera blickte, bemerkte sie
    ein verschlagenes Glitzern in Günthers Augen. Ich muss verrückt gewesen sein, ihm das zu erlauben, dachte sie. Was habe ich mir dabei gedacht?
    Doch für bessere Einsicht war es nun zu spät. Sie waren auf Sendung.
    »Hier spricht Günther Glick für BBC«, verkündete Günther auf ihr Zeichen hin, »live aus der Vatikanstadt.« Er blickte ernst in die Kamera, während hinter ihm der weiße Rauch aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle stieg. »Meine Damen und Herren, jetzt ist es offiziell. Kardinal Saverio Mortati, ein neunundsiebzig Jahre alter Progressiver, wurde soeben zum neuen Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt. Obwohl Mortati nicht zu den ursprünglichen preferiti gehörte, verlief die Wahl durch das Kollegium der Kardinale in einer in der Geschichte des Konklaves beispiellosen Einmütigkeit.«
    Während Chinita filmte, wurde sie allmählich ruhiger. Günther schien sich heute überraschend professionell zu verhalten. Sogar nüchtern. Zum ersten Mal in seinem Leben klang er tatsächlich wie ein richtiger Reporter und sah auch so aus.
    »Wie wir schon früher berichtet haben«, fuhr Günther fort, und seine Stimme gewann genau im richtigen Augenblick an Eindringlichkeit, »gibt es seitens des Vatikans noch keinerlei Presseverlautbarung betreffend die wundersamen Ereignisse der vergangenen Nacht.«
    Gut. Chinitas Nervosität ließ weiter nach. So weit, so gut.
    Günthers Gesichtsausdruck wurde sorgenvoll. »Obwohl die vergangene Nacht eine Nacht der Wunder war, war sie auch eine Nacht der Tragödien. Vier
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