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Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Titel: Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi
Autoren: Jesper Bengtsson
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Fahnen schreiben konnte. Schließlich sah man ein, dass die eigenen Kapazitäten nicht ausreichten, und ließ die Hilfsorganisationen ins Land. Doch obwohl die Zahl der Toten weiter stark angestiegen war, erhielten die Helfer monatelang keinen Zutritt zu den am stärksten betroffenen Gebieten. Die Junta hatte panische Angst davor, dass der Bedarf an ausländischer Unterstützung als Schwäche aufgefasst werden könnte. Der Bevölkerung sollte der Eindruck vermittelt werden, dass die Hilfsmaßnahmen direkt von der Junta erfolgten, denn sonst hätte die Katastrophe womöglich zu einem weiteren Volksaufstand führen können.
    Während die Aufräumarbeiten fortgesetzt wurden und Millionen Burmesen ums Überleben kämpften, führte die Junta eine Volksbefragung zu einem neuen Grundgesetz durch. Jahrelang hatte sie an diesem Vorhaben gearbeitet und behauptete, das Gesetz solle zu einer Demokratisierung Burmas führen. Doch ihr Vorschlag war nichts anderes als eine Parodie auf demokratische Zustände. Dem Militär sollten bei allen zukünftigen Wahlen 25 Prozent der Parlamentssitze zugesichert werden, und Personen, die jetzt oder früher mit einem Ausländer verheiratet waren, sollte das Recht verweigert werden, für politische Ämter zu kandidieren. Dieser Paragraph war natürlich direkt gegen Aung San Suu Kyi gerichtet, die 1972 den britischen Staatsbürger Michael Aris geheiratet hatte. Darüber hinaus wies der Verfassungsentwurf keinerlei föderalistische Prägung auf, so wie es die ethnischen Minderheiten in Burma forderten. Diese wollten ein großes Maß an Selbstverwaltung, die Junta hingegen schlug vor, dass die wichtigsten politischen Gebiete der Kontrolle der Zentralregierung unterstellt bleiben sollten.
    Als die Volksabstimmung ausgezählt wurde, behauptete die Junta allen Ernstes, dass 99 Prozent der Burmesen zur Wahl gegangen wären und über 90 Prozent für die neue Verfassung gestimmt hätten. Die ganze Weltöffentlichkeit gab ein Hohngelächter von sich, aber die Generäle verzogen keine Miene.
    Kurz danach verkündete die Junta die Durchführung einer Wahl in Burma bzw. Myanmar, wie das Land von den Machthabern genannt wird. Die Bevölkerung sollte über die Zusammensetzung des Parlaments entscheiden, und die Generäle hatten den Wahlprozess so angelegt, dass sie die Macht behalten konnten. Aung San Suu Kyi allerdings gefährdete den sorgsam erarbeiteten Plan. Sie war einfach viel zu populär. Die Junta befürchtete, dass ihr die Wahl aus den Händen gleiten könnte, wenn Suu Kyi freigelassen würde. So war es schon beim letzten Mal im Jahr 1999 gekommen, als Aung San Suu Kyis Partei, die National League for Democracy über 80 Prozent der Parlamentssitze erringen konnte.
    Somit nahm die Junta Yettaws kleine Schwimmtour zum Anlass, Suu Kyi erneut vor Gericht zu stellen. Der erste Anklagepunkt lautete, sie hätte gegen die Regeln des Hausarrestes verstoßen, indem sie Yettaw in ihr Haus einließ. Der zweite Anklagepunkt warf ihr vor, ein Gesetz gebrochen zu haben, das eine besondere Genehmigung für den Fall vorschrieb, dass ein Nichtfamilienmitglied im Haus übernachten wollte.
    Der Prozess wurde vor einem Militärgerichtshof abgehalten. Die Junta wollte um jeden Preis größere Protestaktionen vermeiden und wählte daher einen Gerichtssaal im etwas abgelegeneren Insein-Gefängnis. Der Raum hatte einen schmutzigen Steinfußboden und ein Dach, aber keine Wände. In einiger Entfernung von den Angeklagten hockten die beiden Richter auf Stühlen, die mit zwei Meter hohen, reichverzierten Rückenlehnen versehen waren, wodurch es wirkte, als säßen die Richter auf Königsthronen. Links vor ihnen saßen Yettaw und sein Anwalt, auf der rechten Seite die Anwälte Aung San Suu Kyis. Im Gerichtssaal gab es keine Bandaufzeichnungsgeräte, keine Protokollanten, keine Bücher und auch sonst nichts, was einen Gerichtshof normalerweise ausmacht. Aung San Suu Kyi traf kurz vor Beginn der Verhandlung ein. Sie trug eine helle, lilafarbene Bluse und einen gestreiften Longyi, die burmesische Variante des Sarongs, und hatte die Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden.
    »Alle behaupten, dass sie über solch eine Ausstrahlung verfügt, daher hatte ich eigentlich erwartet, enttäuscht zu werden«, sagte die schwedische Diplomatin Liselott Martynenko Agerlid, die zur Beobachtung des Verfahrens anwesend war. »Als sie jedoch den Raum betrat, war sie einhundert Prozent Charisma.«
    Sie unterhielt sich, scherzte mit ihren Anwälten und
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