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Ihre Beiden Väter

Ihre Beiden Väter

Titel: Ihre Beiden Väter
Autoren: Ariel Tachna
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zuziehen.
    Nathaniel hatte recht. Er musste einfach die Papiere unterschreiben und das Ganze vergessen.
    Als er wieder hochsah, hatte Nathaniel den Tisch bereits verlassen. „Geht es dir gut?“, fragte Jaime, schon lange mit seinem Essen fertig. Doch er konnte Srikkanth in seiner offensichtlichen Verstörtheit nicht alleine lassen. Dafür waren sie zu gute Freunde.
    „Wärst du es?“, entgegnete Srikkanth.
    „Nein“, Jaime schüttelte den Kopf. „Ich wäre am Telefon mit meiner Mutter und würde sie anbetteln, so schnell wie möglich herzukommen, um mir zu helfen.“
    „Du denkst, ich sollte sie behalten.“ Das war keine Frage.
    Jaime wackelte mit dem Kopf und versuchte, eine hilfreiche, gleichzeitig wahrheitsgemäße Antwort zu formulieren. „Nein, das ist nicht meine Entscheidung“, sagte er nach einer Weile. „Wenn sie meine Tochter wäre, ja, würde ich sie behalten, da ich wahrscheinlich nie wieder die Chance dazubekommen würde. Aber meine Familie ist hier in der Stadt. Ich hätte genügend Babysitter. Und ich habe meiner Mutter mit meinen jüngsten Geschwistern geholfen. Was Babys angeht, bin ich also kein Anfänger. Adoption ist sicherlich besser als Abtreibung, trotzdem gibt es kaum lateinamerikanische Kinder zu adoptieren, da die Großfamilien einspringen und sich um die Kinder kümmern.“
    „In Indien ist das auch so“, bestätigte Srikkanth, „aber hier habe ich niemanden. Die sind alle zurück nach Hyderabad.“
    „Du könntest sie holen und mit ihr nach Hause gehen“, schlug Jaime vor. „Ich weiß, dass sie auch in Indien Web-Designer brauchen.“
     Srikkanth lächelte traurig. „Und wenn ich das täte, wäre ich wahrscheinlich innerhalb eines Monats mit einem armen Mädchen verheiratet. Ich bin schwul, Jaime. Für mich gibt es in Indien genau so wenig Platz wie für dich in Mexiko. Das wäre für niemanden fair: Für das Baby nicht, für das Mädchen, das ich heiraten müsste nicht oder für mich.“
    Dagegen konnte Jaime nichts sagen. Seine Eltern wussten, dass er schwul war. Er wusste aber auch, dass sie es seinen Großeltern in Mexiko nicht erzählt hatten. Er zweifelte, dass seine Großmutter diesen Schock überlebt hätte. Diese Geheimhaltung hasste er, aber er sah sie eh nicht so oft, so machte es nicht wirklich etwas aus. Momentan traf er sich auch nicht ernsthaft mit jemandem. Obwohl er sich Hoffnungen auf Randy machte, mit dem er im letzten Monat ein paar Mal aus war. Seine Großeltern konnten also weiterhin in seliger Ahnungslosigkeit leben, da er eh nicht bereit dazu war, einen Mann seiner Familie als seinen Lebenspartner vorzustellen. Das half Srikkanth jedoch gar nicht. Jaime wusste, was seine Antwort für sich selbst wäre. Die konnte er Sri allerdings nicht aufdrängen. Vor allem, da das alles so plötzlich passierte.
    „Tu, was du denkst, dass es das Beste für alle ist“, sagte Jaime schließlich. „Wofür du dich auch entscheidest, ich steh hinter dir.“
     
     
    Srikkanth nickte und ging zurück auf sein Zimmer. Skeptisch sah er sich in dem kleinen Raum um. Für ihn alleine war er groß genug, mit viel Platz für ein Bett, Schrank, Schreibtisch und Stuhl. Er hatte zwar keine Ahnung, was ein Neugeborenes so alles benötigte. Dass das alles aber nicht hier rein passte, war ihm klar. Jaime und Nathaniel hatten beide ihre eigenen Zimmer, doch auch nicht mehr Platz wie er selbst. Vielleicht sogar noch weniger, da er das größte Schlafzimmer bewohnte. Möglicherweise könnten sie ein paar ihrer Sachen im Wohnzimmer deponieren. Das wäre jedoch den Jungs gegenüber nicht fair. Das Baby war nicht ihre Verantwortung.
    Deine aber auch nicht , erinnerte ihn eine kleine Stimme.
    Er ließ sich aufs Bett fallen und starrte an die Decke. Ärger machte sich in ihm breit, als er daran dachte, wie er in all das hineingezogen wurde. Es war Jills Baby, verdammt! Ja, er hatte zugestimmt, das Sperma zu spenden. Aber nur unter der Bedingung, dass es geheim blieb. Jill hatte sofort eingewilligt. Jedem hatte sie erzählt, dass es ein Samenspender war. Warum hatte sie dem Krankenhaus nicht dasselbe gesagt? Wenn sie es getan hätte, hätten sie ihn jetzt nicht angerufen. Dann müsste er sich nicht um diesen Mist kümmern und könnte ungestört sein Leben weiterleben. 
    Das ist gelogen , beharrte sein Unterbewusstsein. Du wüsstest trotzdem, dass Jill tot ist, auch wenn du es aus der Zeitung erfahren hättest. Dann würdest du dich fragen, was mit dem Kind passiert, ohne es jemals
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