Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ihre Beiden Väter

Ihre Beiden Väter

Titel: Ihre Beiden Väter
Autoren: Ariel Tachna
Vom Netzwerk:
nicht einen, dem man so nahe war und sich als Samenspender zur Verfügung stellte, wie Srikkanth es getan hatte.
    „Eine atonische Nachblutung?“, fragte Nathaniel augenblicklich. „Es könnte aber auch eine Eklampsie gewesen sein. Oder vielleicht eine Fruchtwasserembolie.“
    „Nathaniel“, unterbrach Jaime scharf, „sie war ein Mensch, keine Fallstudie. Es spielt keine Rolle, wie sie gestorben ist. Aber die Tatsache, dass sie es ist, hat Sri offensichtlich sehr bestürzt. Also halt deinen Mund, wenn du nichts Hilfreiches zu sagen hast, okay?“ Normalerweise war er mit Nathaniels medizinischer Sicht auf alles nicht so ungeduldig – Nathaniel war kein schlechter Kerl, nur sehr zielstrebig in seinem Bemühen, sein Medizinstudium und seine Facharztausbildung als Jahrgangsbester abzuschließen, um so eine gute Arbeit zu finden und seine Studiengebühren zurückzahlen zu können. Hin und wieder fragte sich Jaime allerdings, wie gut er sich aufgrund seines Mangels an Sensibilität um seine Patienten kümmern könnte.  
    Danach wurde Nathaniel Gott sei Dank still. „Was machst du jetzt?“, fragte Jaime schließlich.
    „Ich treffe am Donnerstag die Sozialarbeiterin, um zu entscheiden, was mit dem Baby passieren soll“, antwortete Srikkanth stockend. „Ich hätte an all dem nie beteiligt sein sollen.“
    „Bist du auch nicht“, versicherte ihm Nathaniel. „Du gehst da hin, unterschreibst ein paar Papiere und musst dir nie wieder den Kopf darüber zerbrechen.“
    „Nathaniel!“, fuhr Jaime ihn an. „Sei nicht so gefühlskalt.“
    „Was?“, fragte Nathaniel mit einem Schulterzucken. Dafür hätte ihm Jaime am liebsten eine reingehauen. „Es ist doch nicht so, dass Sri vorhatte, sich um das Kind zu kümmern. Das ändert jetzt doch nichts.“
    „Natürlich tut es das“, widersprach Jaime. „Er hat vielleicht nicht vorgehabt Vater zu sein, aber er wusste, wer die Mutter sein würde und dass er das Kind ab und an sehen könnte.“
    „Ich hab nicht die geringste Ahnung, was ich mit einem Baby tun soll“, murmelte Srikkanth, dem unheimlich viel durch den Kopf ging. „Ich kann sie unmöglich behalten. Ich hätte daran nie beteiligt sein sollen.“
    „Genau“, stimmte Nathaniel zu und starrte Jaime ärgerlich an, wenn er auch seine Stimme zügelte, um Srikkanth zu bestärken. „Geh da am Donnerstag hin, unterschreibe die Papiere und sei froh, dass du die beste Entscheidung für sie getroffen und eine kinderlose Familie sehr, sehr glücklich gemacht hast.“
     
     
    Das machte Sinn, dachte sich Srikkanth. Er hätte sowieso keinen regelmäßigen Kontakt zu seinem Kind gehabt und wenn er sich an den Entscheidungen beteiligte, wüsste er dann wenigstens, dass man sich um sie kümmerte. Verzichtete er auf seine Verantwortung, würde sie in wer weiß was für einer Situation enden.
    Seine Gedanken drifteten zu seinen Eltern, die wegen seinen Großeltern zurück nach Indien gegangen waren. Eine Heirat für ihn zu arrangieren, das hatten sie längst aufgegeben. Zwar hatte er ihnen nie offen gesagt, dass er schwul war. Versteckt hatte er es aber auch nie. Er hatte nie vorgehabt zu heiraten oder eine Familie zu gründen, aber er wusste, wie wichtig seinen Eltern Enkelkinder waren. Als er jünger war, machten sie ihm allerdings seine Pflichten als ältester Sohn sehr deutlich. Letztes Jahr schenkte ihnen seine Schwester einen Enkelsohn, was ein wenig half. Aber sie war verheiratet, ihr Familienname – und der des Kindes - ein anderer. Eine Enkeltochter war zwar nicht so toll wie ein Enkelsohn, aber es wäre immerhin ein Enkelkind, das er ihnen geben könnte. Sie würden sich aufregen, weil er mit der Mutter nicht verheiratet war, aber Jill war tot. Er könnte ihnen irgendeine Geschichte auftischen und sie würden es akzeptieren.
    Scheiße. Das konnte er nicht wirklich in Erwägung ziehen, oder? Sicher, bei seinen Eltern würde er Pluspunkte sammeln. Er müsste jedoch eine lebenslange Verpflichtung eingehen, ohne dass ihm jemand dabei half. Und nicht nur eine Verpflichtung, sondern eine Tochter! Er wusste rein gar nichts über Mädchen, ungeachtet seiner Schwester. Mädchen hatte er wie die Pest gemieden, als er jünger war, da sie überhaupt nicht cool waren. Und als er merkte, dass er schwul war, gab es erst recht keinen Grund mehr, sich für sie zu interessieren. Klar, er hatte ein paar weibliche Freundinnen, Jill die engste. Das qualifizierte ihn allerdings noch lange nicht dazu, ein Mädchen groß
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher