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Ihr wisst ja nicht, was Liebe ist

Ihr wisst ja nicht, was Liebe ist

Titel: Ihr wisst ja nicht, was Liebe ist
Autoren: Nortrud Boge-Erli
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Hinter mir brummt ein Pkw. Hoffentlich niemand, der mich kennt!
    Die Scheinwerfer erleuchten die Straße und den Platz vor uns, gleiten vorüber.
    Doch ich habe es genau gesehen. Er ist da!
    Leander hat die Aufschrift auf dem Wagen mit Autolack übersprüht. Statt Lippmann steht da jetzt: Jippi . Und Leander sitzt hinterm Lenker, vertieft in die Landkarte.
    Ich reiße die Beifahrertür auf, rutsche auf den Sitz und klemme den sperrigen Rucksack zwischen meine Knie. Mit den Füßen stoße ich an einen Wasserkanister. Klack, rums, Tür zu.
    Ich falle Leander um den Hals.
    â€žDa bist du ja, Maylin, hast du die Vignette?“
    â€žNa klar, im Rucksack!“
    â€žWieso Rucksack? Machst du einen Ausflug?“
    â€žNee-iin“, flüstere ich.
    Kapiert er tatsächlich nicht?
    Ich drücke meinen Mund auf seinen. Die Landkarte rutscht knisternd von seinen Knien.
    Atemlos tauschen wir Kirschenküsse.
    Aber dann sagt er: „Ich muss los.
    Ich will heute noch über den Bernardino.
    Schau mal, so.“
    Er klappt die Landkarte auf, zeigt mir den Bodensee, die Autobahn durch die Schweiz Richtung Chur.
    â€žAlso los! An der Grenze kleben wir die Vignette an die Scheibe!“
    â€žWir?“
    â€žKlar, ich fahr mit dir. Hab alles dabei, was wir brauchen!“
    Erst wehrt er sich ein wenig, weil wir ja Liebesverbot haben. Das muss man sich mal vorstellen: Den ollen Paragrafen nach machen wir schon verbotene Liebe, wenn wir kuscheln und uns küssen!
    Scheinwerfer, der nächste Pkw. Ich ducke mich und Leander lässt den Motor an.
    â€žLos, schnell weg, bevor uns jemand erkennt!“, wispere ich.
    Leander fährt.
    Ich bin total kribbelig. Aufregung pur.
    Reisefieber. Ich habe kalte Hände und heiße Backen vor lauter Glück.
    Später fallen mir die Augen zu.
    Ich werde erst wach, als wir hinter tausend Lastwagen die Bundesstraße am Bodensee entlangzockeln.
    â€žWir sind gleich in Kreuzlingen.
    Schweizer Grenze“, sagt Leander, grinst und stupst mich an. „Na, du Ausreißerin? Gut geschlafen?“

12. Jippi
    Plötzlich kriege ich Schiss. Grenze, Ausland.
    Meine Hände sind kalt, meine Zehen aus Eis und mein Herz hämmert in den Schläfen.
    Was, wenn die Grenzbeamten unsere Ausweise kontrollieren? Und feststellen, dass ich noch nicht vierzehn bin und keine Erlaubnis von meinen Eltern habe, alleine ins Ausland zu reisen? Mit dreizehn gelte ich doch noch als Kind.
    Aber Papi, Mami und ich waren oft zum Klettern oder Skifahren in der Schweiz und sind nie kontrolliert worden. Vielleicht haben wir Glück.
    Das Grenzgebäude ist in Sichtweite.
    Meine Eisfinger zittern. Die Pkw-Schlange bewegt sich schnell in ihrer Spur.
    Kein Mensch wird kontrolliert.
    Doch!
    Jetzt.
    Oh nein.
    Aus dem Glashaus tritt ein Beamter.
    Ich halte die Luft an.
    Und wenn sie uns bereits suchen?
    Wenn meine Eltern entdeckt haben, dass ich weg bin?
    Ganz ruhig, Marie-Helene, sage ich mir.
    In den Ferien gucken die morgens nie nach mir.
    Da lassen sie mich schlafen.
    Die weiße Swatch mit den Kristallpünktchen, die ich zur Konfirmation bekommen habe, zeigt 8.30 Uhr. Jetzt sind beide schon unterwegs zur Arbeit. Meinen Brief finden sie sicher erst am Nachmittag.
    Der Beamte guckt sich um. Macht eine Handbewegung. Stoppt das Auto vor uns.
    Die suchen mich wirklich!
    Die schicken mich zurück!
    Vor lauter Aufregung muss ich dringend pinkeln.
    Doch der Beamte, der will mich gar nicht verhaften! Er sprintet über den Weg und verschwindet im Gebäude rechts, wo man die Vignetten kaufen kann.
    Leander rollt völlig cool über die Grenze.
    Es ist nichts passiert. Wir sind frei!
    Jippi!!!

    Ich muss trotzdem mal. Leander parkt vor dem Toilettenhaus auf Schweizer Seite.
    Ich küsse ihn, bevor ich aus dem Jippi schlüpfe.
    Vor Glück könnte ich die ganze Welt umarmen. Sogar das Toilettenhaus kommt mir schön vor.
    Frischkaltes Wasser zum Händewaschen.
    Aus dem Spiegel lacht mich mein eigenes Gesicht an. JIPPI !
    Ich hüpfe zurück zu Leander. Meinem eigenen, geliebten Mister Wollschaf, Lenni!
    Leander ist in die Landkarte vertieft.
    â€žHi, Baby, jetzt aber nix wie weg!“
    Auch er strahlt über beide Ohren.
    â€žLass uns erst frühstücken, ich hab Hunger.“
    Ich zerre an meinem Rucksack.
    â€žIch hab Schokoriegel und Haferkekse mit, aber nichts Warmes zu trinken, nur eine Flasche Wasser.“
    â€žSpäter“, sagt er.
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