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Ihr Freund, der Ghoul

Ihr Freund, der Ghoul

Titel: Ihr Freund, der Ghoul
Autoren: Jason Dark
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erklären?«
    »Das glaube ich nicht.« In der Tat kannte ich mich jetzt wieder aus. Zudem konnte ich bereits das Friedhofsgelände sehen, wenn sich Lücken in den Fronten der Häuser auftaten. Kahle Bäume tauchten auf.
    »Du brauchst nicht bis an den Haupteingang zu fahren. Parke an der Westseite.«
    »Und dann?«
    »Werden wir bereits an dem Gräberfeld sein, wo er auf dich wartet.«
    In den nächsten Minuten ließ ich mich dirigieren. Ich merkte, dass Eve nicht zum erstenmal hier war, denn sie kannte sich gut aus. An der von ihr bestimmten Westseite des Friedhofs führte eine schmale Straße entlang, deren Ränder zum Glück nicht zugeparkt waren, so dass ich schnell einen Parkplatz fand.
    »Und jetzt werden wir den letzten Weg gemeinsam gehen«, erklärte sie und öffnete den Wagenschlag.
    Auch ich stieg aus. Über das Autodach hinweg trafen sich unsere Blicke. Ich sah das Leuchten in ihren Augen. Der Mund zuckte. Eve stand unter Strom. Sie wusste ihren Freund in der Nähe, und das Gefühl der Unbesiegbarkeit musste sie überschwemmt haben.
    Noch hielt sie das Messer.
    Fußgänger befanden sich nicht in direkter Nähe. Hinter ihr rollten die Wagen vorbei. Eve schritt um die Kühlerhaube herum, erreichte den Gehsteig und kam auf mich zu, während ich auf die Messerklinge starrte.
    »Hast du noch immer Angst, dass ich dir entwischen könnte?« fragte ich leise.
    »Sicher ist sicher.«
    »Klar.« Ich holte ein Taschentuch hervor und wischte das Blut von der Wange. »Wohin soll ich gehen?«
    »Hinter dir liegt der Friedhof. Es gibt keinen Zaun. Du brauchst dich nur in die Büsche zu schlagen, dann hast du es geschafft.«
    Ich blieb stehen. »Eve«, sagte ich eindringlich. »Noch hast du eine Chance. Überlege es dir genau, Mädchen! Du kannst zurück, aber bald nicht mehr…«
    »Geh!« Sie knirschte das Wort und hob zuckend den Arm, als wollte sie das Messer auf mich schleudern.
    Ich nickte. »Okay, du sollst deinen Willen haben.« Gemächlich drehte ich mich um. Es gefiel mir nicht, Eve in meinem Rücken zu wissen. Sie war mit dem Messer unberechenbar, und ein Schauer rann über meine Haut. Hinter mir knirschten ihre Schritte. Ich bahnte ihr den Weg, als ich mich durch das Unterholz schlug.
    Bisher hatte sie allein diktiert. Jetzt wurde es allmählich Zeit, dass ich handelte. Ich wollte mich hier nicht wie einen Verbrecher von ihr abführen lassen, sondern sie nur in Sicherheit wiegen und hoffte, dass mir dies gelungen war.
    Sie kam hinter mir her. Einige Sträucher trugen ihre Blätter das ganze Jahr über. Andere wiederum waren kahl. Fast so kahl wie das Gräberfeld vor mir, das ungepflegt wirkte und mehr einem mit Unkraut überwuchertem Acker glich. Hier und da sah ich noch einen Grabstein. Zumeist stand er schief im Boden, wenn das Grab eingesackt war. Menschen entdeckte ich nicht. Wir waren allein auf diesem abgeteilten Areal des Friedhofs. Wege erkannte ich ebenfalls nicht. Wenn Pfade vorhanden waren, hatte das Gras sie längst überwuchert. Auch von dem Ghoul sah ich keine Spur. Der kühle Wind fuhr gegen mein Gesicht, aber er brachte nicht den Geruch der Verwesung mit, sondern eine relativ klare Luft. Also hielt sich der Ghoul zurück. Hier lag die Martha Bennett begraben. Wo sich ihre letzte Ruhestätte befand, wusste ich nicht, aber ich hörte hinter mir das hastige Atmen des Mädchens. Eve war nervös. Die Entscheidung stand dicht bevor, und das kostete auch Nerven. Auch für sie war es nicht einfach, die Dinge so ohne weiteres wegzustecken.
    Links von mir blieb sie stehen. Das Messer hielt sie fest, aber sie schaute nicht mich an. Dafür glitt ihr Blick über das Gräberfeld, als suchte sie etwas Bestimmtes. Als sie nickte, begann sie auch zu sprechen. Mit der freien Hand wischte sie noch einige Haarsträhnen aus dem Gesicht, die ihr hineingeweht worden waren. »Komm mit!«
    »Natürlich.« Ich ging und handelte.
    Eve Bennett wurde überrascht. Sie wollte noch zur Seite ausweichen, als ich schon ihren rechten Arm gepackt und nach hinten gehebelt hatte. Sie schrie vor Wut, ließ das Messer aber nicht los, so dass ich mich gezwungen sah, sie in den bekannten Polizeigriff zu nehmen. Der reichte aus, denn er war schmerzhaft. »Weg mit der Klinge!«
    Sie öffnete die Faust. Das Messer fiel hervor und blieb neben meinen Füßen liegen. Ich schleuderte Eve zur Seite, bückte mich, nahm die Klinge auf und warf sie in ein Gebüsch.
    »So«, sagte ich. »Jetzt geht es mir wesentlich besser. Kleine Mädchen
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