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Ich würde dich so gerne kuessen

Ich würde dich so gerne kuessen

Titel: Ich würde dich so gerne kuessen
Autoren: Patrycja Spychalski
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schon eher aufgeben, aber der Typ sagte: »Auf keinen Fall jetzt.« Dann klappte es doch irgendwie, für ihn, für mich nicht, und als es schon zu spät war, fiel mir ein, dass wir nicht verhütet hatten. Ich hatte Schiss. Ich betete zu Gott, dass er meine Tage kommen lässt, und versprach als Gegenleistung, nie mehr mit einem Jungen zu schlafen. Tat ich dann auch nicht mehr. Aber natürlich nicht wegen Gott – ich war überzeugt, er hatte es nicht so ernst genommen –, sondern weil sich keine Gelegenheit ergab und ich auch vorsichtiger geworden war. Bis gestern Nacht.
    Ich stehe aus dem Bett auf, ziehe meine Jeans an und gehe in die Küche. Erst als ich mir Teewasser aufsetze, bemerke ich den Zettel auf dem Tisch: Schau mal in den Backofen!
    Im Backofen liegen zwei Croissants und ein weiterer Zettel: Lass es dir schmecken. Ich bin unterwegs. Mama. Du weißt schon. Bye. J.
    Ich bestreiche meine Croissants mit Butter und Marmelade und trinke dazu schwarzen Tee. In der Spüle steht meine Tasse von gestern, einsam. Bye. J. Tja, das war’s dann wohl. Mein siebzehnter Geburtstag endete alleine, im Bett eines fast fremden Jungen. Alleine mit zwei Croissants. Ich fühle mich plötzlich fehl am Platz, packe meine Tasche zusammen, kann meine Neugierde dann doch nicht zähmen und schaue in zwei Schubladen. Jede Menge Krimskrams, Batterien, Kleingeld, Blättchen, ein Füller. In der zweiten dann Fotos, von Frauen. Natürlich. Ich verschwinde, ziehe die Tür hinter mir zu und werfe in den Briefkasten einen Zettel: Danke!

    In der S-Bahn fahren gut gelaunte Familien mit ihren Rädern zu einem Ausflug ins Grüne.
    Meine Eltern machen auch diese Ausflüge, zu zweit. Sie haben es schon vor drei Jahren aufgegeben, mich dazu überreden zu wollen. Ich mag meine Eltern, wirklich, aber in diesen albernen Fahrradhelmen möchte ich einfach nicht mit ihnen gesehen werden. Mein Vater sagt gerne Sätze wie: »Mein Gott, mein kleines Mädchen ist groß geworden.« Aber darauf läuft es doch hinaus. Mich wundert, dass ihn das wirklich erstaunt.
    Jetzt allerdings habe ich gerade Sehnsucht nach den beiden und hoffe insgeheim, dass sie heute keinen Ausflug machen, sondern zu Hause sind, Mama ihre besonderen Kohlrouladen macht und wir uns dann einen von diesen Hollywoodfilmen ansehen, mit ihren Lieblingsschauspielern, Robert DeNiro und Meryl Streep.
    Aber so läuft es leider nicht. Als ich die Haustür aufschließe, steht schon mein Vater in der Tür und sieht mich wütend an. Meine Mutter kommt dazu, trocknet sich noch ihre Hände am Geschirrtuch ab. Dann bekomme ich von ihr eine Ohrfeige. Die erste in meinem Leben.
    »Wo warst du?«, fragt sie mit zittriger Stimme.
    »Bei Maja.« Ich halte mir die Wange, es brennt ein wenig.
    »Ich frage zum letzten Mal: Wo warst du?« Sie ist wirklich wütend.
    »Wir haben meinen Geburtstag gefeiert.«
    »Die ganze Nacht?«
    »Irgendwie schon.« Ich versuche, den Blickkontakt zu halten, weil ich irgendwo gelesen habe, dass man Lügner schnell daran erkennt, dass sie einem nicht in die Augen sehen.
    »Irgendwie schon? Was soll das für eine Antwort sein?«
    »Maja und ich …«
    »Maja war heute Nacht zu Hause!«, mischt sich mein Vater ein.
    Ich schweige. Wahrscheinlich haben sie Majas Vater beim Morgenspaziergang getroffen. Es hat keinen Sinn, sich da rauszureden.
    »Wir haben gefeiert und dann war Maja weg und dann …«, probiere ich noch, aber weiß selber schon, dass es nur klägliche Versuche sind.
    »Du hast nach zehn hier angerufen, dass du bei ihr schläfst«, unterbricht mich meine Mutter.
    »Ja.«
    »Und?«
    »Das war eine Lüge.«
    »Frieda, verdammt noch mal!« Jetzt ist auch mein Vater voll in Fahrt.
    »Es tut mir leid.« Ich werde weinerlich. Das will ich immer nicht, aber es passiert trotzdem irgendwie.
    »Das reicht nicht! Wo warst du heute Nacht?« Meine Mutter ist an ihrer Toleranzgrenze angelangt, das sieht man an ihren Lippen, die zu einem Strich zusammengepresst sind.
    »Bei einem Jungen.«
    »Bei wem?« Papas Gesicht wird rot.
    »Jeffer.«
    »Wer soll das sein?«
    »Ich habe ihn gestern erst kennengelernt.«
    »Ich fasse es nicht!« Mein Vater fährt sich nervös durch das Haar.
    »Wir haben geredet, Musik gehört …«, erkläre ich.
    »Frieda! Ich war auch mal ein junger Mann!«
    »Und ich bin eine junge Frau und das ist ein großer Unterschied!«
    Ich dränge mich an ihnen vorbei und knalle die Tür zu meinem Zimmer zu.
    Das haben sie nicht verdient. Im Grunde weiß ich, dass sie
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