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Ich würde dich so gerne kuessen

Ich würde dich so gerne kuessen

Titel: Ich würde dich so gerne kuessen
Autoren: Patrycja Spychalski
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’n’ Roll!«, »Ihr könnt doch nicht einfach verschwinden! Spielverderber!«
    Jeffer packt seine Gitarre ein und sieht sich hektisch um. »Frieda! Wir verschwinden! Komm!«
    Ich eile den Jungs hinterher. Die Stiefelmädchen strafen mich mit giftigen Blicken.
    Wir rennen eine Weile und der Mundharmonikaspieler lotst uns zum Oststrand. Eine Bar, Freiluft, aufgeschüttet mit Ostseesand. Jeffer kippt das Kleingeld aus dem Hut in den Sand und holt dann davon Getränke für alle. Wir sitzen in Korbstühlen und die Jungs klopfen sich auf die Schultern, reißen ein paar Sprüche, lachen. Jeffer reicht mir eine Cola.
    »Danke.«
    »Und? Was sagst du?«, fragt er.
    »Wozu?«
    »Zur Musik natürlich.«
    »Gut.«
    »Gut ist zu viel gesagt, aber es macht einfach einen Mordsspaß.«
    »Und jetzt?«
    »Heute Abend steigt eine Party, bis dahin Chill-out.«
    Alle stoßen zufrieden ihre Flaschen aneinander.
    »Können wir mal ein bisschen reden?«, frage ich etwas schüchtern.
    »Füße in die Spree?«, schlägt Jeffer sofort vor.
    Wir setzen uns etwas abseits ans Ufer und ziehen unsere Schuhe aus, lassen die Füße ins Wasser baumeln.
    »Was gibt’s?«
    »Gar nichts Besonderes, wollte nur mal paar Sätze mit dir wechseln ohne die ganze Meute.«
    »Bist kein Fan von Meuten, was?«
    »Du dafür umso mehr. Ich habe Kiki kennengelernt.«
    »Ah, mein Schatten.«
    »Sie ist nett, mischt sich aber anscheinend auch gerne ein.«
    »Du musst nicht alles ernst nehmen, was sie sagt. Sie ist in Ordnung. Ein bisschen in der Zeit stecken geblieben vielleicht.«
    »In welcher Zeit?«
    »In ihrer besten. Sie hat Jimi Hendrix live gesehen.«
    »Wow.« Also ist sie noch älter, als ich dachte.
    »Ja. Wow. Wäre gerne an ihrer Stelle gewesen.«
    »Hast du was mit ihr gehabt?«
    »Ist aber eine wenig diskrete Frage für den Anfang.«
    »Hm.«
    »Nein. Wir haben uns mal geküsst, ganz freundschaftlich.«
    »Für dich vielleicht«, schnaube ich etwas verächtlich. Das nervt mich nun wirklich! Freundschaftlich küssen – was soll das sein?
    »Sie ist eine tolle Frau, sie hat mir geholfen. Sie könnte meine Mutter sein.«
    »Das sagt sie auch. Man könnte meinen, ihr hättet euch abgesprochen.«
    »Mach dir nicht so viele Gedanken, Frieda.«
    »Warum sagen mir das ständig alle?«
    »Lass dich einfach mal auf was ein.«
    »Komisch, deine Freundin Kiki hat mir genau davon abgeraten.«
    »Vergiss sie, okay?«
    Jeffer nimmt für einige Sekunden meine Hand und streicht mit seinen Fingern meinen Handrücken. Ich sehe ihm flüchtig in die Augen, und bevor ich seine Hand vorsichtig drücken kann, hat er meine schon losgelassen.
    Dann kommen die anderen Jungs angetrottet, fletzen sich zu uns und wir genießen noch eine Weile die schwächer werdende Sonne. Dabei spüre ich wieder diese Liebe zu Berlin in mir aufsteigen. Diese große Stadt, mit diesen vielen Möglichkeiten und mit diesen kleinen Fleckchen wie diesem, um vom Dreck und Lärm auszuruhen. Natürlich ist alles voller Touristen, aber irgendwie ist es sehr schön, von allen Seiten eine andere Sprache zu hören. Das macht alles noch wichtiger, als wäre man genau am Puls der Zeit, als gäbe es keinen besseren Ort als diesen.

    Abends landen wir schließlich auf dieser Party. Eine WG feiert Auszug oder Einzug oder einfach nur den Frühling, ich habe das nicht so recht verstanden. Ich verliere Jeffer schnell aus den Augen. Schon in der Eingangstür wurde er von allen Seiten belagert. Ein Schulterklopfer hier, ein Küsschen dort, eine zugeschobene Telefonnummer und dann war er plötzlich weg. Ich lande in der Küche, wo der größte Tumult herrscht, und versuche, zum Buffet durchzukommen, um ein Stück Kuchen zu ergattern.
    Der Mundharmonikaspieler langt schon kräftig zu und stopft sich Mini-Buletten in den Mund.
    »Ah, du«, mampft er.
    »Ja, ich.«
    »Wo bist’n eigentlich her?«
    »Wie meinst du das?«
    »Na, wie kommst du zu Jeffer?«
    Schon wieder werde ich interviewt.
    »Eine Freundin hat uns bekannt gemacht.«
    »Ah ja, eine Freundin von der Freundin, deren Freundin … na und so weiter«, sagt er fast schon ein bisschen gehässig.
    »Passt dir was nicht?«
    »Alles passt. Willst du ein Bier? Ich kann uns eins organisieren.«
    »Club Mate wäre gut, wenn die hier so etwas haben.«
    »Die haben hier alles. Juppige Studentenparty halt. Weißt du, wovon die leben?«
    »Wovon?«
    »Von dem Geld ihrer Eltern. Und das nicht zu knapp! Ich hole mal die Getränke.« Er versucht, sich einen Weg durch das
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