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Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Titel: Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman
Autoren: Beltz & Gelberg
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weniger langweilig als das letzte, wenn Silja in unserer Klasse bleibt.

Tonja zieht mein weißes Top an und dreht sich vor dem Spiegel in meinem Zimmer hin und her.
    »Du kannst es gerne ausleihen«, sage ich. »Aber ich finde, dass dir das grüne besser steht, das passt perfekt zu deinem Haar. Lukas hätte dich jedenfalls fast mit Blicken aufgefressen.«
    »Ja, aber nur bis Silja ihren Striptease hingelegt hat«, nörgelt Tonja.
    Sie beugt sich zum Spiegel vor und mustert ihr Gesicht.
    »Ein bisschen schminken kann doch nicht schaden«, sagt sie.
    Wir sind uns eigentlich völlig einig, dass es albern ist, sich zu schminken, wenn man an den Strand geht, aber das heute ist natürlich was komplett anderes, sozusagen ein Date, auch wenn’s nur ein Spiel ist. Falls es das ist. Ich hole mein Schminktäschchen vom Schreibtisch und wühle darin herum. Tonja entdeckt einen Lippenstift, den ich gar nicht mehr auf dem Plan hatte, mit einer Farbe wie Milchschokolade. Ich hatte ihn mit der Vorstellung von appetitlich verführerischen Lippen gekauft, was sich als peinliche Fehleinschätzung entpuppte. Ich sah eher aus wie von einer ansteckenden Krankheit befallen. Aber Tonjas kakaobraunes Haar harmoniert damit wie Pralinen in einer Pralinenschachtel.
    »Was glaubst du, wie sie tickt?«, frage ich. »Ich meine, wenn man neu in eine Klasse kommt …«
    »Vielleicht tickt sie ja gar nicht«, sagt Tonja und zieht dicht am Auge einen ganz dünnen Strich mit dem Kajalstift. »Vielleicht ist sie einfach so.«
    Ich male meine Wimpern schwarz und pinsele mir einen Hauch lila Lidschatten auf die Augenlieder. Nicht schlecht. Das Bild von Nils in seinem ärmellosen Shirt erscheint auf meiner Netzhaut und es flattert in meinem Bauch. Merkwürdig. Vor den Ferien mochte ich ihn auch schon, aber an ein Flattern im Bauch kann ich mich nicht erinnern.
    »Fühlt es sich anders an?«, frage ich.
    »Was?«
    »Mit Lukas? Ist es irgendwie anders als vor den Ferien?«
    Tonja zieht die Schultern hoch, scheint nicht zu verstehen, was ich meine. Aber dann sieht sie mich an und grinst so breit, dass die Grübchen in ihren Wangen sich vertiefen.
    »Dann ist es mit Nils also anders? Bist du verknallt?«
    Ich merke, wie ich rot werde. »Was? Neeiiin … Aber ich mag ihn.«
    Im Treppenhaus begegnen wir Papa. Er trägt ein helles T-Shirt, die Jacke hat er über die Schulter geworfen. Um seinen Hals hängt wie üblich das rote Schlüsselband mit dem USB-Stick. Das Haar fällt ihm in die Stirn.
    »Hallo, Anders!«, sagt Tonja fröhlich.
    »Hallo, meine beiden Geleehimbeeren!«, antwortet Papa.
    Er denkt sich immer die beklopptesten Kosenamen aus, aber er bringt sie immer so, dass man einfach lachen muss. Tonja ist daran gewöhnt. Ich glaube sogar, es gefällt ihr. Ihr Vater würde sie niemals anders nennen als Tonja.
    »Wir sind am Strand verabredet«, sage ich.
    Papa nickt und durchwühlt seine Tasche auf der Suche nach dem Wohnungsschlüssel.
    »Genießt das gute Wetter, solange es währt! Wer weiß, wie schnell uns wieder der Wind um die Ohren pfeift und die Blätter vom Boden aufwirbelt.«
    »Wer zum Brunnen geht, um Wasser zu holen, fällt oft selbst hinein«, sagt Tonja.
    »Knallköpfe«, sage ich und Tonja lacht.
    Es sind schon alle da, als wir ankommen. Wir parken unsere Räder neben Lukas’ Moped auf dem kleinen Kiesplatz neben dem Buchenwäldchen und gehen den steilen Pfad zu den Felsen runter. Es ist windiger geworden und die Sonnenreflexe hüpfen glitzernd über die gekräuselte Wasseroberfläche. Ellen hat ihr Haar in einem Pferdeschwanz zusammengebunden und Madeleine trägt einen lila Badeanzug. Oskar steht auf der äußersten Felsspitze, die Sonne im Gesicht. Nils und Lukas haben an der ebensten Stelle eine große dunkelblaue Decke ausgebreitet und Lukas winkt uns zu sich. Seine Badeshorts sind schlabberig weit und neonbunt gemustert, Nils trägt moosgrüne, gerade geschnittene Shorts mit knielangen Beinen.
    »Ich verhungere«, sagt Lukas. »Können wir endlich was essen?«
    »Hallo, wir sind gerade erst angekommen«, sagt Tonja. »Wollen wir nicht vorher baden?«
    Ich habe es mir schon auf der Decke gemütlich gemacht und eigentlich keine Lust auf Baden. Es ist nicht mehr so warm wie am Vormittag, und ich finde es viel verlockender, einfach nur in der Sonne zu sitzen.
    »Geht ruhig schwimmen«, sage ich. »Ich wärme mich erst mal in der Sonne auf.«
    »Ich auch«, sagt Nils.
    Tonja zwinkert mir verschwörerisch zu, dann zieht sie ihr Top aus
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