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Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Titel: Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman
Autoren: Beltz & Gelberg
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und läuft in ihrem rosa Bikini zum Wasser. Lukas wirft einen sehnsüchtigen Blick auf die Kühltasche und schaut dann Tonja hinterher, als könnte er sich nicht entscheiden, was verlockender ist. Schließlich zieht er die Badehose bis zum Bauchnabel hoch und rast an Tonja vorbei, um sich mit dem Kopf voran und zappelnden Beinen ins Wasser zu stürzen. Nils neben mir lacht.
    »Was für ein Gurkensprung«, sagt er.
    Ich lache. »Ich nehme an, er hat andere Stärken.«
    Nils nickt. »Zum Glück.«
    Er sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Was hältst du von Silja?«
    Ich zucke mit den Schultern. »Sie wird sich sicher mit Sven und seiner Clique zusammentun.«
    »Ja, sie hat sich sofort an ihn rangehängt. Aber das tun ja alle Mädels.«
    »Ich nicht.«
    Nils’ Blick lässt mir die Hitze in die Wangen steigen. »Wieso nicht?«
    »Weil er nicht mein Typ ist.«
    »Und wie ist dein Typ?«
    Ich zucke mit den Schultern und fühle mich leicht verwirrt. Was hat das zu bedeuten? Nils kriegt normalerweise nicht mehr als drei zusammenhängende Wörter pro Viertelstunde raus und jetzt redet er plötzlich wie der reinste Wasserfall. Ist das der Augenblick, in dem ich »wie du« oder etwas anderes Entscheidendes in der Art sagen sollte? Ist das jetzt meine Chance?
    Bevor ich zu einem Ergebnis komme, ist der Augenblick vorbei. Tonja ist hinter Lukas her ins Wasser gesprungen und heult sekundenlang wie eine Sirene.
    »Mististdassauuuukaaaaalt!«, quietscht sie nach Beendigung des unartikulierten Geheuls und schwimmt, so schnell sie kann, zurück zum Felsen.
    »Das liegt dran, dass wir Seewind haben«, erklärt Madeleine altklug.
    Nils hat alle möglichen Sachen aus dem Restaurant seines Vaters mitgebracht. Als Lukas und Tonja abgetrocknet auf der Decke sitzen, packt er Dolmades, Tzatziki, Gyros, Brot, Feta und Salat aus. Ich betrachte seine Hände, ihre geschmeidigen, geübten Bewegungen.
    »Die Reste vom Lunchbuffet«, erklärt er.
    »Luxuriös«, sagt Tonja. »Ich hätte auch gern einen Vater, der ein Lokal besitzt. Meine Eltern ärgern andere Menschen, nichts, womit man prahlen könnte: Papa beim Finanzamt und Mama im Sozialamt.«
    »Ich weiß gar nicht, was du hast«, sagt Lukas. »Besser deine Eltern als solche, die bei deiner Mutter angeschlappt kommen und um Geld betteln, oder?«
    Tonja zieht die Schultern hoch. »Die meisten von denen sind echt in Ordnung, die müssen sich für nichts schämen. Alleinerziehende Mütter oder Väter, die arbeitslos geworden sind und ihre Miete nicht mehr zahlen können. Oder Künstler und Musiker … Ganz normale Leute eben, die Hilfe brauchen. Das sind nicht nur Alkis und Psychos oder was du dir so vorstellst.«
    »Ja, ja«, sagt Lukas und streicht seine nassen Haare nach hinten. »Aber alle irgendwie gescheiterte Existenzen.«
    »Und das könnte dir nie passieren, was?«, kontert Tonja scharf.
    Lukas breitet die Arme aus. »Krieg dich wieder ein, ich meine es ja nicht so. Du wirst bestimmt mal Politikerin, so wie du dich aufregst.«
    »Kann schon sein«, sagt Tonja und legt sich kleine, glänzende Dolmades und einen Klecks Tzatziki auf ihren weißen Pappteller.
    Sie wäre garantiert eine hervorragende Politikerin. Ich würde sie auf jeden Fall wählen. Einen ehrlicheren und gerechteren Menschen als Tonja kann man lange suchen.
    »Wir haben gerade über Silja gesprochen«, sagt Nils unvermittelt.
    Tonja und ich tauschen einen erstaunten Blick. Was ist denn heute mit Nils los? Dass er ein Gespräch anleiert, ist an und für sich schon ungewöhnlich, aber dass er noch einmal auf Silja zurückkommt, beunruhigt mich fast ein wenig. Tonja spricht meine Gedanken laut aus.
    »Warum? Bist du an ihr interessiert?«
    Nils sieht überrumpelt aus, fasst sich aber sehr schnell wieder.
    »Nicht, wie du denkst«, sagt er. »Ich hab nur beobachtet, was sie mit unserer Klasse macht. Sie kommt reingestapft, setzt sich auf Emelies Platz und … kommt damit durch! Den ganzen Schultag hat keiner von uns irgendetwas gegen sie gesagt, oder? Und sie hat sich Sven und seiner Clique angeschlossen, als ob es das Selbstverständlichste von der Welt wäre.«
    Selbst Lukas hebt den Blick von seinem vollgeladenen Teller, und Nils merkt plötzlich, dass wir alle drei gespannt auf die Fortsetzung warten. An seinem Hals werden ein paar rote Flecken sichtbar, er zieht die Beine an den Körper und schlingt die Arme um die Knie, wie in Schutzhaltung. Ich schaue in seine dunklen Augen und spüre wieder dieses
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