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Ich weiss, dass du luegst

Ich weiss, dass du luegst

Titel: Ich weiss, dass du luegst
Autoren: Paul Ekman
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unehrlich beurteilt wurde, genauso behandelt wie der Lügner, der erwischt wurde.
    Als Versuchspersonen wurden Mitglieder politisch aktiver Gruppen angeworben. Es spielte keine Rolle, ob sie schon einmal mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren, aber sie sollten von der Sache ihrer Gruppe fest überzeugt sein. Dazu gehörte auch die Rechtfertigung extremen Verhaltens, um die Ziele ihrer Gruppe zu vertreten. Die Probanden bekamen die Gelegenheit, einen verschlossenen Umschlag zu öffnen, der an eine aktive Gruppe ihres politischen Erzrivalen adressiert war. Es stand ihnen frei, Geld aus dem Umschlag zu nehmen, das sonst an den verhassten Gegner gegangen wäre. Sollte es ihnen gelingen, einen Polizeibeamten, der sie anschließend verhörte, zu überzeugen, dass sie das Geld nicht genommen hatten, würde ihre Gruppe das Geld bekommen, und sie selbst erhielten zusätzlich Geld zur freien Verwendung. Sie konnten sich ebenso gut dafür entscheiden, das Geld nicht aus dem Umschlag zu nehmen. Konnten sie den Vernehmer überzeugen, dass sie das Geld genommen hatten, würde sowohl ihre als auch die andere Gruppe einen Teil des Geldes bekommen, und sie erhielten eine Summe für ihren persönlichen Gebrauch - wenn auch weniger, als hätten sie versucht, das Geld aus dem Umschlag mitzunehmen. Wenn jedoch der Vernehmer sie als Lügner einschätzte, ungeachtet dessen, was sie wirklich taten, würden sie kein Geld bekommen, die gegnerische Gruppe bekäme alles, und sie müssten sich einer sehr unangenehmen körperlichen Strafe aussetzen.
    Jedes beobachtbare Verhalten von mehr als hundert Versuchspersonen wurde gemessen:  Gesichtsmuskelbewegungen, Blicke, Kopfbewegungen, Gesten, Worte und auch der Klang der Stimme.| c Die statistische Analyse förderte zwei wichtige Ergebnisse zutage, die aus früheren Studien nicht hervorgegangen waren. Erstens wurde ein sehr hohes Genauigkeitsniveau - rund 90 Prozent - bei der Identifikation der Lügner erreicht, allerdings nur dann, wenn die verschiedenen Verhaltensmessungen berücksichtigt worden waren. Eine Quelle allein - Gesicht, Körper, Stimme, Sprache oder Körpertemperatur - konnte keine so hohe Quote erzielen. Das zweite Ergebnis bestand darin, dass sich als die wichtigste einzelne Verhaltensquelle, die allein schon für 70 Prozent Genauigkeit verantwortlich war, die Gesichtszüge erwiesen, was in einer vergleichbaren Studie bestätigt wurde. Wie in unserer früheren Arbeit waren viele dieser Gesichtsausdrücke außerordentlich kurz sichtbar. Das heißt, sie erschienen auf dem Gesicht und waren weniger als eine halbe Sekunde später wieder verschwunden. Das Ergebnis, dass solche Mikroexpressionen existieren und auftreten, wenn Menschen lügen, ist von einer unabhängigen Forschergruppe bestätigt worden.| 2 Interessanterweise behaupteten einige der Lügner, die diese Mikroexpressionen in unserer Studie zeigten, sie hätten versucht, ihre Gesichtszüge zu verbergen, um den Vernehmer zu narren - dennoch traten sie als mikromimische Ereignisse zutage.

    Mikroexpressionen

    Diese äußerst kurz aufblitzenden Gesichtszüge - von einer viertel bis zu einer halben Sekunde Dauer - sind so schnell, dass man sie übersehen kann, wenn man gerade blinzelt. Selbst ohne ein Blinzeln hat unsere Forschung gezeigt, dass die meisten Personen die in den «Mikros» enthaltenen Informationen nicht registrieren. Wir entdeckten die Mikros erstmals, als wir das Interview mit der Psychiatriepatientin Mary in Zeitlupe untersuchten, die ihre Qualen verheimlichte, um einen Wochenendausgang zu bekommen, mit dem Ziel, sich ohne klinische Beaufsichtigung umbringen zu können (siehe Seite 23f.). Betrachtete man den Film in Echtzeit, wirkte sie ziemlich normal. Nur die Mikroexpressionen, die bei dem langsamen Abspielen des Films zum Vorschein kamen, verrieten sie.
    Mikros können aus zwei miteinander in Beziehung stehenden, aber unterschiedlichen Gründen auftreten. Was Mary angeht, so können sie das Ergebnis vorsätzlicher, bewusster Verheimlichung sein. Alternativ sind sie ein Produkt der Verdrängung, weil die Personen, die die Mikroexpressionen zeigen, sich des Gefühls nicht bewusst sind, das sie erleben.| d Es ist bei der Mikroexpression nicht zu unterscheiden, ob sie das Resultat von Unterdrückung oder Verdrängung ist.
    Häufig, aber nicht immer, ist das flüchtige Mienenspiel recht intensiv und bezieht das ganze Gesicht mit ein. Bei ursprünglichen Versuchen, Menschen zu vermitteln, wie man
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