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Ich war der Märchenprinz

Ich war der Märchenprinz

Titel: Ich war der Märchenprinz
Autoren: Arne Piewitz
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kennen, denn eine »Beziehung« zwischen uns existiert nach meiner Einschätzung der Lage noch lange nicht.
    Linke Frau, 24, — gleich auf Konfrontation?

Ich kenne solche Gespräche. Ich kann sie singen. Irgendwann werde ich was vom Verfolgungswahn der Emannzen sagen, und sie wird antworten, daß ich genausowenig kapiere wie alle anderen Männer auch und ich kann froh sein, wenn sie mir nicht gleich eine scheuert, und ich werde sagen »wenn die Frauenbewegung keine entschiedeneren und gefährlicheren Gegner hat als mich, soll sie sich doch freuen, und dann wird es entweder Prügel oder Tränen geben.
    Das Bier kommt, da kann ich mich dran festhalten. Ich bin ein ruhiger, kontrollierter Mensch. Ich habe ein stark entwickeltes Harmoniestreben. Auseinandersetzungen werden nur da geführt, wo sie der Kopf zwingend vorschreibt. Nicht aus dem Bauch. Das habe ich im Heim gelernt. Das gewöhne ich mir auch nicht mehr ab. »Du sprichst von der Pille?« frage ich, »das Problem kenne ich sehr gut. Sabine hat sie auch nicht genommen. Ich kann das sehr gut verstehen, wenn Frauen sich weigern, diese Chemie zu schlucken. Für mich wäre das auch nichts.«
    Sie guckt. Will nicht wahrhaben, daß die Luft raus ist. Das Feindbild bricht zusammen, verflucht nochmal, wo soll sie jetzt draufhauen?
    »Trotzdem!« sagt sie, »du hättest das Thema von dir aus ansprechen müssen. Auch beim ersten Mal, nein, gerade beim ersten Mal. Das kann frau von ’nem angeblich fortschrittlichen Mann verlangen!«
    Ich werd’s mir merken, das wird mir beim nächsten Mal hilfreich sein. Laut sage ich: »Woher weißt du, daß ich dich nicht ’ne halbe Minute später gefragt hätte? Du hast ja sogar noch deine Höschen an gehabt!« Lege den Arm um sie, fang an, sie zu beschmusen, schlecke an ihrem Hals rum, stecke ihr meinen Zeigefinger ins Ohr, alles ist gut. Werde dann offensiv: »Tja, und was machen wir denn nun?« (Noch nie ist das »wir« in einer Frage so elegant unterbetont worden!) Diesmal hab ich die Frage gestellt, nicht sie. Sie hat ein Pessar. Na fein, andere Leute haben einen Telefonanrufbeantworter. Dauert alles ein bißchen länger, stört ein bißchen die Feierlichkeit, ist auch ein bißchen sehr technisch — mir ist es im Prinzip total egal, ob sie sich ihr Pessar oder ich mir meinen Pariser anziehe. Ich stecke auch nur den Kopf bei ihr rein und wackle mit den Ohren, wenn’s gewünscht wird. Mein Gott, man kann wirklich alles überproblematisieren.
    Sie erklärt mir lang und breit die Wirkungsweise eines Pessars. Ich weise sie diskret darauf hin, daß ich 26 bin, seit 13 Jahren geschlechtsfähig und seit 10 Jahren von meiner Reife Gebrauch mache. Ich weiß, wie die Dinger funktionieren. Sie ist sehr niedlich, wenn sie so verstört guckt, richtig zum Knuddeln. Ich lasse mich nicht davon abhalten. Dann muß ich zum Klo.
    Was denken Männer vor der glatten Kachelwand, wenn keine witzigen Sprüche zum Lesen da sind? Sie denken nichts. Absolut nichts. Die Frage »geht denn das, nichts denken?« kann man nur eindeutig mit »Ja« beantworten. Männer denken da nichts, sondern überlassen sich total einem ungeheuren Genuß. Bier, das den Körper verläßt, ist um vieles genußreicher, als Bier, das am anderen Ende des Fleisch-Schlauchs eingefüllt wird.

    Ich komme zurück, sie hat bezahlt. »Meins auch?« frage ich. Sie, entrüstet: »Nein!« Sie ist knickrig, was?
    Hat einen Igel in der Tasche, oder? Mit geizigen Leuten habe ich Schwierigkeiten. Sie merkt, daß ich das eigenartig finde. Gibt lange Erklärungen ab, daß sie von ’nem Genossen im Ruhrgebiet noch ’n Haufen Kohle zu kriegen hat, und daß sie aus Prinzip ihren Männern kein Geld mehr leiht oder einen ausgibt, weil sie da eben so wahnsinnig schlechte Erfahrungen gemacht hat.
    Irgendwo hat die Frau einen massiven Defekt: redet lang und breit mit mir darüber, wie sie mit mir ficken kann, ohne schwanger zu werden, bespricht also ihre intimsten Angelegenheiten mit mir, und wenn’s um das Bezahlen eines Biers geht, behandelt sie mich wie einen Taschendieb.
    Oder mach ich da einen Fehler? Nee, das ist verrückt.
    Sie hat immer noch ihre Tage. Es geht höllisch los in dieser Nacht. So einen großen Knutschfleck wie am nächsten Morgen habe ich noch nie am Hals gehabt...
    Es geht mir gut. Regelmäßiger Geschlechtsverkehr hebt das allgemeine Wohlbefinden ganz beträchtlich. Aber man muß sich gewaltig davor hüten, dadurch, daß man die eine bevorzugt, die anderen aus den Augen zu
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