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Ich und er und null Verkehr

Ich und er und null Verkehr

Titel: Ich und er und null Verkehr
Autoren: Kim Schneyder
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solchen Lippen denkt man unweigerlich an …
    Â»Ja, so passt es«, sage ich und vertiefe mich zum Schein wieder in
die Unterlagen, die ich vor mir ausgebreitet habe. Dann blicke ich auf meine
Uhr und sehe, dass es bereits zwanzig nach vier ist. Allmählich wird diese
Hinhalterei unverschämt. Ich beschließe, noch fünf Minuten zu warten, dann
werde ich den Termin platzen lassen, die unschuldige Ivana schnappen und
kommentarlos die Kanzlei verlassen. Damit werde ich unsere Stärke
demonstrieren, immerhin habe ich den Trumpf in der Tasche und nicht die.
    Die Zeit verrinnt zäh, und als die fünf Minuten vorüber sind,
beginne ich meine Unterlagen einzusammeln.
    Â»Was tun Sie da?«, fragt Ivana erstaunt.
    Â»Zusammenpacken. Wir haben es nicht nötig, uns hier für dumm
verkaufen zu lassen«, sage ich und tue so, als ob das ein ganz normaler Vorgang
wäre.
    Insgeheim ärgert es mich aber, dass Rebecca Theesink so weit geht.
Was denkt sie sich eigentlich? Dass ich hier wie ein dummer Schuljunge sitze
und warte, bis die Frau Staranwältin endlich geruht, uns ihre kostbare Zeit zu
widmen?
    Ich habe gerade alles in meinem Aktenkoffer verstaut, als sich die
Tür öffnet. Rebecca Theesink kommt herein, und im Schlepptau hat sie Hermann
Lorenz. Sie sieht aus wie einer amerikanischen Anwaltserie entsprungen: perfekt
sitzendes, dunkelblaues Kostüm, halbhohe Schuhe, das halblange, dunkle Haar
exakt um ihre intellektuelle Schildpattbrille arrangiert. Sie sieht verdammt
gut aus, das muss ich insgeheim zugeben.
    Sie setzt sofort ein verbindliches Lächeln auf und steuert auf uns
zu. Während sie uns die Hand reicht, sagt sie: »Frau Lorenz, Herr Dr. Becker.
Sie sind ja bereits da.«
    Â»Bereits da ist gut, Frau Dr. Theesink«, sage ich in strengem
Tonfall. »Unser Termin war um vier. Frau Lorenz und ich wollten gerade wieder
gehen.«
    Rebecca schüttelt ungläubig den Kopf. »Wie bitte, um vier?
Unmöglich.« Sie tippt hastig auf ihrem Blackberry herum. »Aber hier steht’s
doch: sechzehn Uhr dreißig. Sehen Sie selbst!« Sie hält mir ihren Organizer
hin.
    Dieses Biest. Sie lässt mich gegen die Wand laufen, indem sie so
tut, als hätte ich mich bei unserem Termin vertan. »Was beweist das schon, wenn
es auf Ihrem Organizer steht, Frau Dr. Theesink?«,
sage ich kühl.
    Sie sieht mich mit ihren blauen Augen an. »Wir können gerne auch
draußen im Terminkalender nachsehen«, schlägt sie mit Unschuldsmiene vor.
    Natürlich. Als ob sie ihrer Sekretärin nicht die Anweisung gegeben
hätte, den Termin nachträglich umzuschreiben.
    Â»Lassen wir die Spielchen, Frau Dr. Theesink. Kommen wir lieber
gleich zur Sache, wo wir schon mal da sind.« Ich gebe Ivana ein Zeichen, sich
wieder zu setzen.
    Rebecca Theesink nimmt mit einem triumphierenden Lächeln Platz, und
Hermann Lorenz lässt sich schwerfällig neben ihr in einen Sessel fallen.
Rebecca Theesink breitet sorgfältig ihre Unterlagen vor sich aus, dann sieht
sie zu uns auf. »Also gut, Herr Dr. Becker, Sie haben uns um diese Unterredung
gebeten, um …«
    Â»Niemand hat um diese Unterredung gebeten ,Frau Dr. Theesink«, falle ich ihr ins Wort. »Wir beide
haben uns darauf geeinigt, dass es für beide Parteien von Vorteil wäre, zuerst
eine gütliche Einigung zu suchen, bevor wir uns auf einen langwierigen Prozess
einlassen.«
    Sie sieht mich ein bisschen erstaunt an. »Nun, das ist ja nicht
weiter von Bedeutung …«
    Wieder falle ich ihr ins Wort: »Ob von Bedeutung oder nicht, ich
möchte, dass wir bei den Fakten bleiben. Damit sind Sie doch sicher
einverstanden?«
    Wieder mustert sie mich erstaunt. Normalerweise gehe ich nicht so streng
in eine Verhandlung, aber in diesem Fall musste ich ihr einfach eine
Retourkutsche verpassen für ihren miesen Trick mit dem Termin.
    Â»Gut, selbstverständlich«, sagt sie und schluckt ihren Ärger
hinunter. »Also, zu den Forderungen Ihrer Mandantin …« Sie wirft wieder einen
Blick in ihre Unterlagen. »Wie ich Ihrem Schreiben entnehme, erhebt Ihre
Mandantin Anspruch auf das Penthouse, den Aston Martin und die Jacht Lady Ivana …« Sie tut so, als würde sie wieder
nachsehen, obwohl sie die Zahlen bis auf den Cent genau im Kopf hat, jede
Wette. »Und dazu noch zwanzigtausend Euro monatlich, zeitlich unbefristet. Ist
das
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