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Ich schenk mir taeglich rote Rosen

Ich schenk mir taeglich rote Rosen

Titel: Ich schenk mir taeglich rote Rosen
Autoren: Erma Bombeck
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gestalten, den Dingen eine subjektive Rangordnung zu geben und sie ohne Einmischung Dritter durchzuhalten. Du verstehst doch, was ich meine?«
    Sie legte mir ihre Hand auf den Arm. »Aber Mom, wenn du gern noch mal zur Schule gegangen wärst, warum hast du es dann nie gesagt? Wir schaffen es doch auch ohne dich. Wir essen einfach viel auswärts.«
    »Du hast mich nicht verstanden«, sagte ich und biß mir auf die Lippen. »Das Leben besteht aus Phasen. Da gibt es die Säuglingsphase, die Kindheitsphase, die Teenagerphase, die Ehephase und die Selbstverwirklichungsphase. Jedes Ende einer Phase ist ein bißchen beängstigend, weil es Veränderungen bedeutet und weil Veränderungen Anpassung nach sich ziehen, aber weitergehen muß es ja, verstehst du?«
    Sie nickte und ich fühlte mich ermutigt.
    »Es ist kein leichter Entschluß, die nächste Phase zu beginnen, aber wenn man immer daran denkt, daß man ja Freunde hat, die zu einem halten, ist es nicht ganz so schlimm, seinen eigenen Weg zu gehen.«
    »Aber wenn Dad und du lieber eine eigene Wohnung möchtet, warum habt ihr es nie gesagt? Wir haben doch nicht geahnt, daß wir euch im Wege sind. Der Haushalt hier muß dich ja belastet haben. Was du sagst, ist richtig. Und wenn dir hin und wieder danach zumute ist, wieder herzukommen, sind wir ja immer noch da.«
    Ich blieb also eingesperrt mit meiner Anrichte voll schmutziger Gläser, gebrauchten Tempotaschentüchern in Jeanstaschen und den Hühneraugenpflastern, mit denen meine Kinder die Wasserbetten geflickt hatten. Ich machte einen letzten Versuch. »Du solltest daran denken, dir ein eigenes Leben aufzubauen. Du mußt lernen, daß Strumpfhosen nicht ewig von allein sauber bleiben und daß der Sinn des Lebens in etwas anderem besteht als einer gut zusammengestellten Kräutercreme. Wenn du von zu Hause fortgingest, irgendwo auf ein College, wärst du für dich allein verantwortlich. Du würdest ein ganz neues Selbstgefühl entwickeln, Unabhängigkeit und – Füße. Jawohl. Füße. Draußen in der Welt gibt es eine Menschenart, der du noch nie begegnet bist. Sie heißen Fußgänger.«
    »Willst du damit sagen, daß du mich gern los wärst? Daß ich dir auf die Nerven geh? Daß wir uns trennen sollten?«
    »So direkt habe ich es nicht ausgedrückt.«
    »Aber so haut es einigermaßen hin, ja?«
    »Dein Vater und ich haben dich sehr lieb. Aber es wird Zeit für die nächste Phase.«
    »Ich verstehe«, sagte sie. »Wenn das Semester zu Ende ist, sehe ich mich um nach einem College, das ein bißchen weiter weg ist.«
    Warum nur ist mir immer so jämmerlich zumute, wenn meine Kinder auf einen meiner Vorschläge, der gut für sie ist, so willig eingehen?
    Als ich in der Bibliothek WENDY UND ANDERE PHANTASTISCHE GESCHICHTEN
    zurückgab, traf ich dort meine Freundin Nancy. Wir sprachen über meinen Alltag und den Wegzug meiner Ältesten. Sie lächelte und meinte: »Man sieht sehr deutlich, was dir fehlt. Du hast deine Midlife-Krise.«
    »Das klingt so hochgestochen«, sagte ich.
    »Glaub mir«, sagte Nancy, »ich weiß, wie du dich fühlst – verbraucht, unbefriedigt, nicht anerkannt. Du lebst in einer zwielichtigen Zone. Du lebst in Angst. Der Angst, deine Kinder könnten eine Forsetzung von NESTHÄKCHEN UND SEINE KÜKEN schreiben. Angst, du könntest sterben müssen, nachdem du einen sonderbaren und kalorienarmen Salat gegessen hast, der nach nichts schmeckt. Angst, du könntest zu einer Party müssen, bei der Partnertausch stattfindet und keiner Lust hat, dich einzutauschen.«
    »Das ist nicht wahr«, sagte ich. »Ich beklage mich vielleicht gelegentlich, aber ich hatte ein erfülltes Leben.«
    »Ich habe deinen Terminkalender gesehen«, meinte Nancy. »Er sieht aus wie bei einer Bettlägerigen. Bist du noch nie morgens aufgewacht, hast in den Spiegel geschaut und laut gesagt: Nie werde ich Botschafterin Uganda. Nie werden meine Beine in Stiefel ohne Reißverschluß hineinpassen. Nie werde ich mit Erfolg Schwertfarn züchten oder das Preisausschreiben in Reader’s Digest gewinnen.«
    »Nancy«, sagte ich, »ich mag ja dies und jenes sein, aber mit mir selber reden tu ich nicht.
    Und ich lebe auch nicht in Angst vor irgendwas. Ich bin ein völlig ausgeglichener Mensch.«
    »Hör zu«, sagte sie, »ich habe da ein Buch, in dem steht nicht nur, welche Krise als nächstes im Leben eintreten wird, sondern auch, wie du damit fertig wirst. Es heißt PHASEN.«

Phasen, alles nur Phasen

    Eines ist mein Leben bestimmt gewesen:
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