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Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Titel: Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)
Autoren: Babak Rafati
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arbeiten in Ruhe entscheiden könnte. »Wir wünschen Ihnen alles Gute für Ihre seelische Genesung und würden uns sehr freuen, Sie als geschätzten Kollegen wieder begrüßen zu können.« Ich habe diesen Brief mehrfach ungläubig durchgelesen und mich gefragt, wie viele solcher Arbeitgeber und Kollegen es wirklich noch gibt in Deutschland? Ich wusste, ich würde wieder eine Heimat finden, wenn ich sie hier in Hannover suchen würde. Und ich bin unendlich dankbar dafür. Ich hatte zum zweiten Mal eine hohe Wertschätzung erfahren als Mensch und als Angestellter und nicht erneute Ablehnung. Hier sagten mir andere Menschen, Babak, komm wieder zurück in unsere Gemeinschaft, du bist willkommen. Meine Kollegen von der Sparkasse hatten mich also nicht fallengelassen. Für jemanden, der wie ich so brutal aus seinem gewohnten Leben heraus geschleudert worden war ist so eine große menschliche Geste eine Wohltat, wie ich sie ganz selten erlebt habe. Einem kranken Menschen Sicherheit und solchen Zuspruch zu schenken hat wirklich eine Vorbildfunktion in unserer Gesellschaft, die immer häufiger, wie es scheint, nur durch Konkurrenz und Kostenminimierung geprägt ist und darüber vergisst, das wir in einer Gemeinschaft leben, in der auch die Schwachen, Alten, Kranken und auch Kinder ihren sicheren Platz finden sollen. Ich werde mir noch ein bisschen den Luxus Zeit nehmen – Zeit, die mir durch die Ereignisse der vergangenen Monate gestohlen wurde. Ich will ein bisschen davon zurückhaben für mich und Rouja. Ich weiß aber, wo mein berufliches Zuhause ist.
    ■ ■ ■
    Nach unserer Rückkehr begannen Rouja und ich zielstrebig, unser Leben neu auszurichten und bewusst zu leben. Dazu gehörte auch die Trennung von all dem, was noch belastend an mir hing. Die Presse hatte immer wieder bei meinem Anwalt nachgefragt, wie es mit meiner Schiri-Karriere weitergehen würde. Herbert Fandel hatte zwar – per Interviews in den Medien, nie zu mir persönlich – mitteilen lassen, dass mir der Weg zurück in die Bundesliga offenstünde. Selbst Hellmut Krug hatte an lässlich der Halbzeittagung der Unparteiischen im Januar 2012 in Mainz ergänzt: »Wir geben ihm alle Zeit, die er braucht.« Doch nicht nur aus den vielen Mails meiner ehemaligen Schiri-Kollegen glaubte ich zu wissen, was wirklich davon zu halten war. Für mich waren es Krokodilstränen. Schon im März 2012 las ich dann auch im Sportteil einer Zeitung, dass ein Comeback für mich recht unwahrscheinlich sei, denn wie aus Kreisen nicht genannter DFB-Verantwortlicher zu erfahren gewesen sei, sei das Risiko zu groß, dass ich unter dem hohen Druck der Bundesliga einen Rückfall erleiden könnte. Trotz so großer Fürsorge haben genau diese Verantwortlichen niemals mit mir persönlich über meine Zukunft gesprochen. Auch der Wunsch nach einem solchen Gespräch hat mich nie erreicht. Ich habe auf ein Zeichen der Versöhnung von ihnen gewartet, darauf gehofft. Eine menschliche Geste hätte mir gereicht und meiner Psyche zugleich geholfen. Aber es kam nichts. An eine Rückkehr in die Fußballarena habe ich nicht mehr ernsthaft gedacht. Ich war inzwischen zu klug geworden, um anzunehmen, dass es der richtige Weg wäre, nachdem ich den Eindruck gewonnen hatte, wie virtuos Fandel und Krug, zeitweise sogar vierhändig, auf der Klaviatur der Intrigen und Indiskretionen spielten. Das System Schiedsrichter hatten die beiden inzwischen in ihrem Sinne erfolgreich »professionalisiert«. Im Sommer 2012 im Trainingslager Altensteig-Wart verkündete Fandel, dass der DFB seine 42 Schiedsrichter der ersten und zweiten Liga nunmehr zu Halbprofis machen wolle mit einem Grundgehalt von mindestens 15.000 und maximal 40.000 Euro pro Saison. Zu diesem Bonus kommen pro Erstligaeinsatz 3800 Euro (2. Liga: 2000), die Assistenten bekommen 2000 (2. Liga: 1000) und der vierte Offizielle 1000 (2. Liga: 500). Für die deutschen Spitzenschiedsrichter ist damit ein Gesamteinkommen in Höhe von 200.000 Euro pro Spielzeit möglich. Fandel erklärte auf der Pressekonferenz: »Das ist ein wunderbares Signal, über das wir sehr froh sind!« Die Schiedsrichter sind damit endgültig Teil des Millionengeschäfts Fußball geworden, auch wenn ihre Bezahlung immer noch dürftig ist im Vergleich zu den Millionen-Gehältern vieler Fußballhelden. Doch das viele Geld weckt Begehrlichkeiten in einer Zunft, die unabhängig bleiben muss. Zukünftig wird sich jeder fragen, ob er einen derart gut bezahlten Job durch zu viel
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