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Ich lege Rosen auf mein Grab

Titel: Ich lege Rosen auf mein Grab
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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zugeschnitten auf Scharen von Wochenendausflüglern, gedacht für reihenweise Busse, die im Herbst und frühen Winter zu Kohl-und-Pinkel-Fahrten aus Bremen, Oldenburg und Bramme hierherkamen.
    So dauerte es Minuten, bis Kassau seinen Wagen erreicht und sich zum Losfahren durchgerungen hatte.
    Als die Wagentür geöffnet wurde, schnellte Jossa hinter seinem Container hervor, die Pistole gezückt.
    «Kein Wort, Kassau! Einsteigen und auf den Beifahrersitz rüber!»
    Kassau gehorchte, noch immer viel zu benebelt, um anderes wägen oder gar wagen zu können, war auch über die Jahre hinweg, immer und sofort in Panik zu geraten, zudem in dienstlicher Fortbildung oft genug auf Situationen wie diese angemessen vorbereitet worden.
    «Anschnallen!» sagte Jossa und sah sich jetzt als Marionette, an Fäden hängend, die er selber hielt, riesengroß und göttergleich, körperlos und unsichtbar, nichts als Energie und Wille.
    Als der Gurt metallisch klickte, zeigte Kassau eine erste, fast spontane Regung.
    «Mensch, Mugalle!»
    «Hier ist kein Mugalle!» herrschte Jossa ihn an. «Mugalle liegt schon seit einiger Zeit in Bramme aufm Matthäi-Friedhof!»
    «Quatsch, ich hab Sie doch selber zur Pforte gebracht, als Sie entlassen worden sind!»
    «Gott!» schrie Jossa. «Ich bin nicht Mugalle, ich bin Jens-Otto Jossa!»
    «Krank sind Sie schon wieder mal!»
    «Halt das Maul, Mensch, sonst knall ich dich hier schon ab! Du hast mir das doch alles eingebrockt!»
    Jossa schwieg. Erschrocken über seinen Zorn, über seiner Schwäche, über den Impuls, jetzt abzudrücken. Und auch Kassau hielt es für besser, nichts mehr zu sagen, auf den Faktor Zeit zu setzen.
    Der Wagen sprang an, und unbemerkt glitten sie vom Parkplatz der Goldenen Freiheit, sahen den Mühlensee wie ein schmutziges Waschbrett, grauschwarzes Zink, am Rand des Moores liegen, erreichten kurz danach am Pötterberg die Bundesstraße.
    Jossa hatte oft genug geübt, einen Wagen wie diesen nur mit der rechten Hand zu lenken und mit der anderen die Waffe zu halten, konnte sich nun voll auf Verhör und Richterrolle konzentrieren.
    «Truper», begann er, «hat meine Aufzeichnungen, Reales wie Fiktives, einem Krimischreiber nach Berlin geschickt, dem -ky, der hier bei uns ‘ne Menge Leute kennt, Catzoa unter anderem, und auch ‘ne halbe Woche hier gewesen ist, als Gast bei Buth…»
    Kassau lachte. «Dieser linke Spinner, der muß es ja wissen! Ach, Mugalle!»
    Jossa trat auf die Bremse. «Wenn Sie noch einmal Mugalle zu mir sagen, dann ist es aus mit Ihnen! Ist das klar?»
    «Ja…»
    Jossa ließ Eike Kassaus Wagen weiterrollen, Richtung Fluß, Richtung Stadt.
    «… Mugalle kommt zu Ihnen in den Knast, hat drei Jahre abzusitzen wegen einiger Delikte, vom betrügerischen Bankrott bis zur aktiven Bestechung, seine NordInvest ist pleite, doch man ist sich ziemlich sicher, daß er noch Zeit genug gehabt hat, an die zwei Millionen Mark beiseite zu schaffen, bar und in Scheinen, bevor sie ihn abgeholt haben.»
    «Und was habe ich damit zu tun?» fragte Kassau.
    «Vorerst nichts. Doch Sie haben Riesenschulden: Ihre große Leidenschaft, das Fliegen. ‹Hoch über den Wolken, da muß die Freiheit grenzenlos sein… › Sofern man das Geld dazu hat. Aber das hatten Sie nicht, nicht als kleiner Schließer hinten im Knast. Nur das unstillbare Bedürfnis, die ewige Sehnsucht, die Lust am Fliegen, den großen Ikarus-Traum. Wie eine Sucht ist das. Klar, wenn man Tag für Tag und oft auch Nacht für Nacht selber eingesperrt ist, nicht viel anders als wie Knackis auch. Die grenzenlose Freiheit über den Wolken, ja… Selber eine Maschine besitzen, eine Sunrise 2, eine Beech Bonanza, eine Cessna, das war Ihr großer Traum… Delta Echo Foxtrott Lima Kilo, bitte melden. Solo über Land, in der eigenen Maschine. Ihr Traum, Ihr Ziel; einen anderen Sinn hatte das Leben nicht mehr…»
    «Na und!?»
    Jossa nickte. «Da komme ich nach Bramme, allein, aus allen Bezügen geflohen, und Sie sehen mein Bild groß im Brammer Tageblatt, stehen mir face to face gegenüber, als ich nach Ganderkesee rauskomme, zum Flugplatz, und meine Reportage über die Flieger hierzulande schreibe. Da fällt Ihnen auf, ganz klar, daß ich einem Ihrer Knackis, und zwar dem Martin Mugalle, wirklich zum Verwechseln ähnlich sehe, glatt sein Zwillingsbruder sein könnte. Und da haben Sie dann die Idee Ihres Lebens…!»
    «Ihre Phantasie möcht ich haben!»
    Jossa erreichte die schmale Straße, die zum Fluß hinunterführte,
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