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Ich kann jederzeit aufhören - Drogen - der gefährliche Traum vom Glücklichsein

Ich kann jederzeit aufhören - Drogen - der gefährliche Traum vom Glücklichsein

Titel: Ich kann jederzeit aufhören - Drogen - der gefährliche Traum vom Glücklichsein
Autoren: Ruth Omphalius
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ist.
    Genau das macht das menschliche Gehirn auch: Es lernt und macht ständig neue Erfahrungen, die es als Reize in sein Belohnungssystem einpflegt. Dabei ist es nicht allein auf die Basisreize „Essen, Trinken, Nähe zu anderen“ festgelegt. Vielmehr lernt das Gehirn die ganze Zeit und ordnet neuen Erfahrungen Reaktionen zu. Positiv bewertete Erfahrungen werden dann auch mit Dopaminausschüttung und dem entsprechenden Wohlbefinden belohnt. Erlebt man eine positive Situation mehrfach, bleibt sie besser im Gedächtnis. Solche Erfahrungen können ganz unbedeutend erscheinende Dinge sein: Ein toller Sonnenuntergang, ein freundliches Lob oder das gute Gefühl, sein Haustier zu streicheln.
    Wenn nun der Fahrer eines Glücksautos beschließt, seine Reise mit Drogen zu beschleunigen oder den ein oder anderen Reifen, der gerade leckt, aufzupumpen, dann mag er am Anfang das Gefühl haben, dass alles prima funktioniert. Die vier Reifen seines Glücksautos scheinen ihm prall gefüllt und die Fahrt scheint viel rasanter. Tatsächlich aber haben talentierte Autodiebe, die Drogen nämlich, längst alle Reifen entfernt, das Auto hochgebockt und auf Wackersteine gestellt.

    Gewöhnung, Sucht und Entzug
    Das Belohnungssystem im Gehirn hat die Eigenschaft, dass es sich an den Drogengebrauch anpasst. Je nach Menge und Häufigkeit des Gebrauchs ändert sich jeweils das Level, ab dem das erwünschte positive Gefühl erreicht wird. Der Mediziner spricht von einer „Toleranz“, die der Körper gegenüber einer Droge entwickelt. Das ist der Beginn der Sucht.
    Die Gewöhnung an eine Substanz fordert eine immer höhere Dosierung und führt immer stärker in die Abhängigkeit. Ist das Belohnungssystem erst einmal aus dem Tritt, kommt der Körper schließlich gar nicht mehr ohne die Droge aus. Allerdings erreicht der Konsument irgendwann auch nicht mehr das ersehnte Glücksgefühl. Die Drogen müssen einfach nur eingenommen werden, um Schmerz, Angst und den Verlust der vier Bausteine des Glücks zu überdecken.
    Wenn eine Droge abgesetzt wird, reagiert der Körper mit schlimmen Schmerzen. Die Qual, die die Seele durchleiden muss, ist noch schlimmer. Eine Person auf Entzug steht bildlich gesprochen mit einer verbeulten Karre ohne Reifen da. Der Betreffende muss von Grund auf neues Selbstbewusstsein gewinnen, Kontrolle für sein Leben übernehmen, Beziehungen knüpfen und lernen, ohne Drogen Spaß zu haben.
    Das ist umso schwieriger, je weniger positive Erfahrungen der Betroffene vor seiner Drogensucht gemacht hat, denn die Zeit der Sucht bedeutet tatsächlich Entwicklungsstillstand. In dieser Lebensphase macht ein Betroffener so gut wie keine Erfahrungen außer eben mit der Droge. Dem Gehirn fehlen neue Eindrücke, die es hätte bewerten und einem Glücksgefühl zuordnen können. Deshalb fühlen sich gerade Jugendliche, die sehr früh damit begonnen haben, Drogen zu nehmen, nach dem Entzug völlig orientierungslos. Selbst wenn sie es schaffen, wieder von ihrer Droge loszukommen, ist die Lebensphase, die ihnen die Droge wegnimmt, ausgerechnet eine sehr wichtige, in der viel passiert und die Weichen für die Zukunft gestellt werden.
    Einmal ist keinmal?
    Natürlich ist die dauerhaft eingenommene Menge einer Droge von großer Bedeutung, doch manchmal kann auch ein einziger neugieriger Versuch das ganze Leben verändern. Sam (17 Jahre) hatte in seiner Clique ein einziges Mal die Modedroge „Monkeys“ probiert. Bereits dieser Trip erfüllte ganz und gar nicht seine Erwartungen.
    Sam: „Mir wurde total heiß. Ich hatte das Gefühl, dass die ganze Zeit irgendwelche Blitze durch meine Lunge und durch meinen ganzen Körper zucken. Mein Atem setzte aus und ich hatte totales Herzrasen. Ich konnte keinen einzigen Gedanken fassen. Immerzu musste ich denken: Was ist, wenn jetzt mein Herz stillsteht? Ich hatte solche Angst, dass ich sterbe.“
    Viel schlimmer für Sam war allerdings, dass die Panikattacken auch blieben, als die Droge schon lange aus seinem Körper verschwunden war. Er konnte für viele Monate kaum sein Zimmer und schon gar nicht das Haus seiner Eltern verlassen.
    Sam: „Um wieder gesund zu werden, versuche ich, jeden Tag rauszugehen. Es ist nicht so wie früher. Zuerst konnte ich nur vor die Tür gehen und manchmal nicht mal das. Dann bin ich jeden Tag ein bisschen weiter gegangen. Heute schaffe ich es sogar bis zu meinem Kumpel. Der wohnt nicht weit weg. Aber bis zur Schule? Ins Kino? Ich weiß nicht. Ich wünsche mir einfach mein
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