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Ich hasse dich - verlass mich nicht

Ich hasse dich - verlass mich nicht

Titel: Ich hasse dich - verlass mich nicht
Autoren: J Kreisman
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Veränderung zu regelmäßigen psychotherapeutischen Einzelsitzungen. Bei den ersten Treffen ging es vorwiegend darum, Elisabeth ein Gefühl von Sicherheit zu geben. In diesen frühen Sitzungen wurden kognitive Techniken und Vorschläge eingesetzt. Über mehrere Wochen hinweg widersetzte sich Elisabeth der Empfehlung ihres Arztes, mit der Einnahme von Antidepressiva zu beginnen, doch nachdem sie der Einnahme schließlich zugestimmt hatte, stellte sie bald eine deutliche Verbesserung ihrer Stimmung fest.
    Der Beginn der Veränderung: Die Selbstbeurteilung
    Veränderung bedeutet für die Borderline-Persönlichkeit eher eine Feinabstimmung – es geht nicht um einen völligen Wiederaufbau. Bei vernünftigen Diätprogrammen, die fast immer dem Drang widerstreben, sehr schnell große Gewichtsmengen zu verlieren, stellen sich die besten Ergebnisse langsam und im Laufe der Zeit ein, und der Gewichtsverlust wird wahrscheinlich anhaltender sein. Ähnlich sollten Veränderungen beim Borderline-Patienten langsam mit anfänglich nur leichten Änderungen angegangen werden. An erster Stelle steht die Selbstbeurteilung: Bevor ein neuer Kurs geplant wird, muss zuerst die gegenwärtige Position erkannt werden, und man muss verstehen, in welche Richtung die Änderung gehen sollte.
    Man stelle sich die Persönlichkeit als eine Reihe sich überkreuzender Linien vor, von denen jede eine bestimmte Charaktereigenschaft darstellt (siehe nachfolgende Abbildung). Die Extreme der einzelnen Eigenschaften liegen jeweils an den Enden der Linie, während der mittlere Bereich im Zentrum liegt. Bei der Linie »Gewissenhaftigkeit bei der Arbeit« symbolisiert ein Ende zwanghafte Überbesorgnis oder »Workaholismus« und das andere »Unverantwortlichkeit« oder »Apathie«. Die Mitte wäre eine Haltung, die irgendwo zwischen diesen beiden Extremen angesiedelt ist, beispielsweise »gelassener Professionalismus«. Wenn eine Linie »Sorge um das Erscheinungsbild« vorhanden wäre, könnte ein Ende »narzisstische Aufmerksamkeit gegenüber Äußerlichkeiten« und das andere »völliges Desinteresse« bedeuten. Im Idealfall sieht die Persönlichkeit eines Menschen wie die Speichen eines perfekt geformten Rads aus, bei dem sich alle Linien nah der Mitte in der »Radnabe« überschneiden.

    Die Persönlichkeit, dargestellt als eine Reihe von sich durchkreuzenden Linien
    Natürlich ist kein Mensch die ganze Zeit über so mit sich im Einklang. Es ist wichtig, all die Linien zu identifizieren, in denen eine Veränderung erwünscht ist, und die eigene Position in Beziehung zum Mittelpunkt zu bestimmen. Die Veränderung wird dann zu einem Erkenntnisprozess, der zeigt, wo man sich befindet und wie weit man auf die Mitte zugehen will. Abgesehen von den Extremen an beiden Enden gibt es keine bestimmte Stelle, die an sich »besser« oder »schlechter« ist als eine andere. Man muss sich selbst kennen (die eigene Position auf der Linie lokalisieren) und in die richtige Richtung gehen.
    Wenn wir nun beispielsweise die Linie »Sorge um andere« (siehe folgende Abbildung) isolieren, repräsentiert ein Ende (»aufopfernde, übergroße Sorge«) den Punkt, an dem die Sorge um andere mit der Sorge um sich selbst kollidiert. Ein solcher Mensch hat möglicherweise das Gefühl, dass er sich ganz für andere hingeben muss, um ein Wertgefühl zu haben. Diese Position kann als eine Art »selbstsüchtige Selbstlosigkeit« wahrgenommen werden, da die »Sorge« eines solchen Menschen unterbewusst auf Eigennutz basiert. Am anderen Ende (»ist mir völlig egal«) steht ein Mensch, der wenig Rücksicht auf andere nimmt und der immer nur auf seinen Vorteil aus ist. In der Mitte besteht eine Art Gleichgewicht – eine Kombination aus der Sorge für andere und aus der Verpflichtung, sich auch um die eigenen Bedürfnisse zu kümmern. Ein Mensch, dessen Mitgefühl in diesem mittleren Bereich angesiedelt ist, erkennt, dass er anderen nur helfen kann, wenn er sich zuerst um seine wichtigen Bedürfnisse kümmert; man könnte es auch als eine Art »selbstlosen Eigennutz« bezeichnen.

    Die Persönlichkeitslinie »Sorge um andere«
    Veränderungen finden statt, wenn man sich selbst objektiv auf der Skala einordnen kann und dann ausgleicht, indem man das Verhalten in Richtung Mitte anpasst. Ein Mensch, der seine gegenwärtige Situation realistisch links von der Mitte lokalisiert, würde versuchen, öfter einmal Nein zu sagen, und insgesamt bemüht sein, sich bestimmter zu verhalten. Jemand, der
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