Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)

Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)

Titel: Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)
Autoren: Ali Knight
Vom Netzwerk:
auf jeden Fall ein Begriff. Bei uns angelangt, beendet sie das Gespräch und wirft das Handy beleidigt auf meinen Schreibtisch.
    »Fängt wohl nicht gut an, der Tag?«
    Livvy schnaubt. »Alles Schwachköpfe.«
    Ich sehe, dass Shaheena sich ein Lächeln verkneift. Wir nennen Livvy »Schwarze Wolke«, weil sie eine hoffnungslose Pessimistin ist und hinter jeder Ecke eine Katastrophe lauern sieht. »Ich dachte, unsere Einschaltquoten waren gut?«
    Sie lächelt nicht. Sie setzt sich auf meinen Schreibtisch, und ihr langer Pferdeschwanz schwingt vor und zurück. »Waren sie.« Diese erfreuliche Nachricht genügt Livvy nicht; in ihren Augen ist der Absturz dadurch nur aufgeschoben. Die Falte auf ihrer Stirn wird steiler. »Aber darauf sollte sich niemand ausruhen.« Sie zeigt auf den Müllsack. »Es kommen immer mehr Zuschauervideos rein. Das ist nur ein Teil davon. Du musst sie durchgehen und die zugkräftigen Storys raussuchen; Material finden, auf dem ein paar von den dreckigen kleinen Gaunern zu sehen sind, die überall ihr Unwesen treiben.« Dazu stupst sie mit dem Zeigefinger gegen meinen Bildschirm.
    »Kein Problem«, sage ich.
    Livvy lässt nichts unversucht, uns mit ihrer schlechten Laune anzustecken. »Du musst nicht gleich aus dem Häuschen geraten. Das ist eine Sauarbeit.« Was ich auch sage, ich kann sie nicht davon überzeugen, dass ich meinen Job gern mache. Was ihr als ödes, eintöniges Sortieren und Sammeln erscheint, betrachte ich als Möglichkeit, faszinierende Einblicke in das alltägliche Leben und die Dramen der Allgemeinheit zu erhalten. Dass wir die ausgewählten Videos dann Millionen von Fernsehzuschauern zeigen und damit helfen können, Nichtsnutze zu schnappen, die ganze Viertel terrorisieren, das finde ich gut an meinem Job. »Und hinten haben wir noch mehr davon. Ich zeige dir, wo, dann kannst du dir das ganze Zeug herholen.«
    »Hat die Auswertung noch irgendwas Interessantes über die Show ergeben?«, fragt Shaheena.
    »Marika ist ein echter Hit; wenigstens etwas, das richtig gut läuft.«
    »Ja, Marika Cochran, die ist toll«, sage ich unwillkürlich.
    »Einfach unschlagbar, oder?« Nicht einmal Livvy, die meistens düsterer Stimmung ist, kann der Ausstrahlung von Marika widerstehen.
    »Es ist ja eine ganz andere Welt als die Tanzshow, die sie vorher präsentiert hat, aber sie ist so unverbraucht – das passt wirklich gut«, füge ich hinzu.
    »Es war ein genialer Coup, sie zu holen! Natürlich Pauls Idee!«
    Ich lächle mein süßestes Lächeln, und das kann schon mal ziemlich künstlich ausfallen. Das mit Marika war meine Idee.
    Livvy war schon zu lange gut aufgelegt. Jetzt runzelt sie die Stirn umso entschiedener. »Ja, wie es aussieht, läuft die Show ganz gut, und trotzdem heißt es ständig: ›Kosten senken, Kosten senken!‹ Ach, ich sehne mich so nach den Nullerjahren, als Geld keine Rolle gespielt hat. Man muss sich doch bloß mal dieses Rattenloch hier ansehen!« Alle drei schauen wir uns in der Tristesse um, und mir kommt der Gedanke, dass ich den Job vielleicht vor allem deshalb bekommen habe, weil ich billig war.
    »Warum sind wir denn in diesem Büro?«, fragt Shaheena.
    »›Büro‹ ist wirklich geschmeichelt! Irgendein Blödmann bei Forwood hat was mit den Mietverträgen vermasselt.« Sie steht auf und hat plötzlich Panik im Blick. »Wo ist mein Handy?« Ich zeige es ihr. »Kate, die Filmaufnahmen.«
    Shaheena schenkt mir einen mitfühlenden Blick, als ich mich erhebe und Livvy in den engen Flur folge. Gleich darauf zieht Livvy die schwere Tür zum Crime-Time -Studio auf und geht an der riesigen Sitzgruppe aus Ledersessel, Ledersofa und Glastisch vorbei. Hier hält Marika während der Sendung Hof, allerdings ist das Studio heute verwaist, es ist vollkommen still. In der Sendung werden die Zuschauer gebeten, bei der Aufklärung aller möglichen Verbrechen zu helfen – Mord, Vergewaltigung, Sachbeschädigung, was auch immer. Außerdem werden Telefon- und SMS-Abstimmungen genutzt, um Geld für kommunale Maßnahmen lockerzumachen – eine Überwachungskamera in einem dunklen Winkel etwa oder neue Türschlösser an einer Seniorenwohnanlage.
    Seitlich schließt sich an die Sitzgruppe eine Reihe von Schreibtischen an. Hier haben die Kollegen ihren Platz, die die Anrufe, SMS und E-Mails der Zuschauer entgegennehmen und die allwöchentliche Umfrage organisieren. Die Show ist total populistisch und will auch gar nichts anderes sein.
    Livvy stößt eine weitere Tür auf, hinter
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher