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Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)

Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)

Titel: Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)
Autoren: Ali Knight
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Küche.
    »Und? Mit wem warst du nun unterwegs bis ins Morgengrauen?«
    »Mit Lex. Wir sind in einer Bar in der Stadt versackt.«
    Ich nicke vorsichtig. So weit, so gut. Lex ist Pauls Geschäftspartner, und seine Lieblingsbeschäftigungen sind trinken, feiern, sich aufführen wie ein Teenager. Unsere Gespräche verlaufen fast immer gleich:
    Ich: Werd endlich erwachsen.
    Lex: He. Wo ist das Problem?
    Paul: Verdreht die Augen und schweigt.
    Lex und ich sind nicht gerade Busenfreunde. Sollte das für Paul in all den Jahren, die die beiden nun schon geschäftlich miteinander verbunden sind, jemals schwierig gewesen sein, so hat er es geschickt verborgen.
    »Wann bist du gegangen?«
    »Weiß ich nicht mehr.«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass du dich wegen Lex so aufregen kannst.« Das hätte ich besser nicht gesagt. Er wirft mir einen derart finsteren Blick zu, dass mir das Lächeln vergeht. »Wo hast du den Hund angefahren?«
    »Überfahren, meinst du.« Schaudernd schüttelt er den Kopf. »Auf der Höhe des Parkplatzes bei der Brücke.« Er betrachtet seine Schuhe. »Ich möchte nicht mehr darüber reden, Kate. Die Sache hat mich genug durcheinandergebracht.«
    » Dich durcheinandergebracht!«
    »Hör auf, mir zuzusetzen!«
    Er verschwindet ins Wohnzimmer und schaltet den Fernseher ein. In mir macht sich Traurigkeit breit, denn er hat mich ausgeschlossen. Josh rülpst. Ava muss kichern. Dabei öffnet sie den Mund, so dass halbzerkaute Schokorosinen auf den Tisch fallen. Ich fauche sie an, sie beginnt zu weinen, ich schäme mich, das ärgert mich, und schließlich bin ich wütend auf Paul, weil er mich in so miese Stimmung versetzt hat, dass ich laut geworden bin. Muttersein: ein unendlicher Kreislauf von Frust und Schuldgefühlen.
    Ein paar Stunden später spüre ich, wie neben mir Pauls Körper auf die Matratze sinkt. Ich kriege das, was in der Nacht passiert ist, einfach nicht aus dem Kopf. Pauls Verzweiflung – seine Panik – liegt mir im Magen wie Fast Food. Es will mir keine annehmbare Erklärung einfallen. Würde er sich wegen eines Hundes dermaßen aufregen? Ich kann das nicht glauben – aber vielleicht muss ich es, denn alle anderen Möglichkeiten wären weitaus schlimmer. Das Schreckgespenst einer anderen Frau, einer anderen Leidenschaft, die ihn aus der Bahn wirft, sitzt bleiern bei mir in der Dunkelheit. Wir sind seit acht Jahren verheiratet. Habe ich etwas verpasst? Ich dachte immer, wenn Paul je untreu wäre, würde ich es merken, würde die Anzeichen sehen. Ich bin wachsam. Mein Vater hat meine Mutter verlassen, als ich zehn war. Lynda und ich haben gehört, wie sie sich anschrien, wie die Tür ins Schloss flog. Von uns hat er sich nicht verabschiedet. Seit jenem Abend habe ich meinen Vater vielleicht viermal gesehen; ich habe ihn nicht zu meiner Hochzeit eingeladen, und meinen Kindern ist er nie begegnet. Josh wird nächstes Jahr zehn. Dass Paul ihn in dem Alter im Stich lassen könnte, in dem ich selbst im Stich gelassen worden bin, ist für mich undenkbar, schlicht unvorstellbar. Meine Mutter hat immer gesagt, es habe sie aus heiterem Himmel erwischt; sie habe nicht die leiseste Ahnung gehabt, dass er eine Affäre mit seiner Sekretärin hatte. Ich habe in meinen Beziehungen immer streng darauf geachtet, dass ich am Ende nicht so dasitze wie meine Mutter – ahnungslos und betrogen. Jetzt lebt sie mit Dale zusammen; er ist ein Langweiler und trinkt, aber wenigstens ist sie »nicht allein«. Lynda hat weder geheiratet noch Kinder bekommen, aber anders als bei Jessie habe ich bei ihr nicht den Eindruck, dass sie sich damit wohl fühlt. Sie war fünfzehn, als unser Vater verschwand, und es fällt ihr schwer, zu einem Mann Zutrauen zu fassen.
    Ich hasse meinen Vater. Sie sehen, selbst eine so glückliche Frau wie ich hat ihr Kreuz zu tragen.
    Paul schläft, und ich schmiege mich in Löffelchenpose an ihn, schlinge einen Fuß um ein behaartes Schienbein und lege das Gesicht in die Grube zwischen seinen Schulterblättern. Wir passen zusammen, wir sind Mann und Frau.
    Alle mögen Paul. Er sieht gut aus und hat eine freundliche Art, aber – und das ist vermutlich das Sahnehäubchen – er ist nie fade. Ihm fällt immer ein Witz ein, er gewinnt bei Joshs Sportfest den Väter-Wettlauf und weiß Jessie zu trösten, wenn sie mal wieder Liebeskummer hat. Manchmal sagt jemand: »Er ist schon was Besonderes, dieser Paul«, und ich denke: Genau, zum Glück. Er kann mich immer wieder überraschen; ich finde
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