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Ich habe abgeschworen

Ich habe abgeschworen

Titel: Ich habe abgeschworen
Autoren: Mina Ahadi , Sina Vogt
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15 Jahren Haft und wegen Ehebruchs zum Tod durch Steinigung verurteilt. Gemeinsam mit einem Mann namens Panitali soll Leila Ghomi ihren Ehemann Abolhasan ermordet haben. Zuerst gestand die 27-Jährige, dass Panitali sie heiraten wollte. Weil ihr Ehemann sich nicht scheiden lassen wollte, hätte das Paar beschlossen, Ghomis Mann zu töten. Später widerruf Leila Ghomi jedoch, ein Verhältnis mit Panitali gehabt zu haben. Dieser sei lediglich ihr Verehrer gewesen. Leila Ghomi befindet sich im Evin-Gefängnis in Teheran.
    Im Iran selbst sind die Stimmen gegen Steinigungen lauter geworden, maßgeblich sind hier die Anwältin Shadi Sadr und der Anwalt Matafa, der auch Nazanin Fatehi vertreten hat, zu nennen. Sie arbeiten in einem Anwaltsbüro, und ihre Kampagne gegen Steinigung im Iran ist enorm mutig. Sie haben unser aller Unterstützung nötig, und ich sehe meine Arbeit als eine solche. Diese Unterstützung könnte auch die deutsche Politik zeigen – mit lautem Benennen des Unrechts, denn sie hat als Leitgedanken für ihre Menschenrechtspolitik: »Die Bundesregierung tritt für die universelle Geltung der Menschenrechte und damit gegen eine kulturelle Relativierung des Menschenrechtsbegriffs ein.«
    Ich halte die Zusammenarbeit in Sachen Menschenrechte für absolut notwendig, dafür muss man auch nicht in allen politischen und religiösen Fragen übereinstimmen, so nennt sich etwa Shadi Sadr selbst Muslimin.
    Ich muss aber selbst einer Friedensnobelpreisträgerin wie Shirin Ebadi widersprechen, wenn sie Frauen mahnt, bescheiden zu sein. Auch sie hat im Einzelfall Menschen vor Schlimmerem bewahrt. Aber sie kämpft für Kompromisse, die ich nicht für erstrebenswert halte. So kann nicht das Ziel sein, dass Mädchen unter 14 nicht mehr verheiratet werden – kein Mädchen und keine Frau soll heiraten müssen. Eine Reform ist gut, wenn sie ganz junge Mädchen vor einer Zwangsverheiratung bewahrt, aber kann ich mich darüber wirklich freuen, wenn diese einfach nur drei oder fünf Jahre aufgeschoben wird? Ich finde, wir Frauen sollten das Ende der Bescheidenheit ausrufen. Wir wollen die Hälfte der Macht. Auch im Iran.
    Ehrenmorde in Deutschland
    Der Iran, Steinigungen – das ist für die meisten Menschen in Deutschland weit weg. Für mich ist der Iran das Land, in dem ich aufgewachsen bin, das Land, in dem meine Mutter, meine Schwestern und Brüder mit ihren Familien leben. Das Land, für dessen unterdrückte Menschen ich mir eine bessere Zukunft erhoffe. Aber es gibt auch in Deutschland den ausführenden Arm des islamischen Rechts, und dies wird inzwischen zumindest manchmal von der deutschen Öffentlichkeit nicht mehr ignoriert. Es braucht eben kein Scharia-Gericht, denn wenn die Beteiligten vom göttlichen Ursprung der Scharia und dem ihr zugrunde liegenden Ehrbegriff überzeugt sind, reicht das Familiengericht.
    Am 7. Februar 2005 wurde Hatun Sürücü ermordet. Sie war als sunnitische Kurdin in einer türkischen Familie in Berlin-Kreuzberg groß geworden. Ihr Vater verheiratete sie gegen ihren Willen mit einem Cousin in der Türkei, als sie 16 war. 1999 trennte sie sich von ihrem Mann und seiner Familie und kehrte schwanger nach Berlin zurück, ihren Sohn wollte sie dort allein großziehen. 2005 lebte sie in einer eigenen Wohnung und stand kurz vor der Gesellenprüfung als Elektroinstallateurin. Dann beschloss ihre Familie, die Ehre wiederherzustellen. Es waren ihre drei Brüder, die ihr an einer Bushaltestelle auflauerten und sie erschossen. Vor Gericht nahm der Jüngste, ein Minderjähriger, die Schuld allein auf sich, nur er wurde zu einer Jugendstrafe von neun Jahren und drei Monaten verurteilt. Er gilt heute vielen islamischen jungen Männern als Held.
    »Vergesst niemals Hatun« war der Titel einer Konferenz in Köln am Frauentag 2006, dem 8. März. Ich hatte sie mit anderen Frauen des »Komitees gegen Steinigung« organisiert, anwesend waren auch Christa Stolle, die Geschäftsführerin von Terres des Femmes, und Ayaan Hirsi Ali, die aus Somalia stammende niederländische Autorin und Politikerin, die inzwischen in den USA lebt.
    Es wird an vielen Stellen betont, dass Ehrenmorde nicht deckungsgleich mit dem Islam seien und auch in nichtislamischen Gesellschaften vorkämen, ebenso wie die Genitalverstümmelung von Mädchen. Das ist richtig, was die Entstehung dieser frauenverachtenden, gewalttätigen bis tödlichen Übergriffe gegen Mädchen und Frauen betrifft. Aber: Es ist kein Zufall, dass heute, im 21.
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