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Ich habe abgeschworen

Ich habe abgeschworen

Titel: Ich habe abgeschworen
Autoren: Mina Ahadi , Sina Vogt
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Jahr zuvor von diesem bedroht und misshandelt würde. Da es sich um eine Deutsch-Marokkanerin handelte, lehnte die Richterin den Antrag der Frau mit der Begründung ab, sie käme aus einem Kulturkreis, in dem der Mann gegenüber der Frau ein »Züchtigungsrecht« habe. Eine Welle der Empörung schlug hoch. Aber diese Berücksichtigung des »Kulturkreises«, über die sich die deutsche Öffentlichkeit und Politik in diesem Falle zu Recht aufregten, ist viel üblicher in Europa, als man gemeinhin annimmt: Im Sommer 2007 befand ein Mailänder Gericht, ein Muslim habe das Recht, eine Zweitfrau auch telefonisch zu heiraten, ohne sie zu kennen. (In Italien ist die Polygamie verboten, aber einem eingewanderten Pakistaner wurde nicht nur die Vielehe gestattet, er durfte mit richterlichem Segen die Minderjährige auch telefonisch heiraten.) Im August 2007 kam ein weiteres Urteil aus Italien, das diesmal einem Muslim gestattet, seine Tochter zu verprügeln, weil sie sich mitten in Europa nicht gemäß den islamischen Sitten verhält, sondern »westlich-europäisch«: Fatima R. aus Bologna war mit einem Jungen spazieren gegangen. Darauf hin fesselte ihr Vater sie an einen Stuhl und band sie nur dann los, wenn er oder seine Söhne Lust hatten, sie brutal zu verprügeln. Die Tochter zeigte ihren Vater an. Der wurde zunächst dafür verurteilt, dann aber höchstrichterlich mit Berufung auf den Islam freigesprochen. Die Richter befanden, die Familie habe das Recht, die Tochter in ihren Kulturkreis hineinzuprügeln, wenn die Gefahr bestehe, dass das Mädchen sich ansonsten aus Freiheitsdrang selbst töten werde. Das Urteil kann nicht mehr angefochten werden. In Italien dürfen Muslime somit wohl von sofort an ihre Frauen und Töchter mit höchstrichterlichem Segen aus multikulturellen Gründen zusammenschlagen, wenn sie erklären, dass ihre Töchter zu westlich werden und die Töchter vor dem Hintergrund des Familiendrucks mit Selbstmord drohen.
    Wir sind in Europa sogar an dem Punkt, dass die, die das Unrecht aufdecken, gefährlich leben, nicht die Täter. Am 29. August lief im niederländischen Fernsehen ein besonderer Film: »Submission« zeigt vier Frauen, die sich dem Willen Allahs unterworfen haben, also gute Muslima sind. Und doch sind sie schon auf Erden Höllenqualen unterworfen, der Gewalt von Männern ausgeliefert. Das Drehbuch ist von Ayaan Hirsi Ali, der ehemaligen niederländischen Abgeordneten, die bis heute unter Polizeischutz lebt. Denn der Regisseur, der niederländische Künstler Theo van Gogh, wurde Anfang November 2004 ermordet, von einem gläubigen Moslem. Genauer gesagt wurde er erschossen, ihm wurde die Kehle durchgeschnitten, und in seine Brust wurde mit einem Messer ein Zettel mit einer Botschaft gestoßen. Es war das Todesurteil für Ayaan Hirsi Ali, »im Namen des barmherzigen und gnädigen Allah«. Die Kurzberichte der deutschen Medien über den Mord berichteten auch über das Motiv des Täters: Die Verletzung seiner religiösen Gefühle durch »Submission«. Deutsche Fernsehnachrichten fassten den Film so zusammen: Es war eine Frau zu sehen, deren Ganzkörperschleier vorne transparent war und der Suren des Koran auf die nackte Haut geschrieben standen. Das müsse ein gläubiger Moslem als Verletzung des heiligen Buches empfinden.
    In meinen Augen wurden damit die Künstlerin und der Künstler verantwortlich gemacht für seinen Tod und für ihr Leben unter Todesdrohung. Das Schicksal der vier Frauen im Film, das stellvertretend für das von unzähligen Frauen steht, die im Namen Allahs ausgepeitscht, von ihren Ehemännern verprügelt und vergewaltigt, nach einer Vergewaltigung wegen unehelichem Sex bestraft werden, wurde verschwiegen. So wurden auch sie noch einmal zum Opfer gemacht. Die Botschaft des Films wurde unterschlagen.
    Im deutschen Fernsehen wurde den Vertretern des politischen Islam Gelegenheit gegeben, die Unterdrückung von Frauen ein weiteres Mal zu verleugnen und einen Mord, wenn nicht zu rechtfertigen, dann doch zu verharmlosen. Der Körper einer Frau beleidigt die religiösen Gefühle? »Heilige Worte« dürfen nicht in Berührung kommen mit der Haut einer Frau?
    In »Submission« sehen wir eine Frau, die mit Stockschlägen ausgepeitscht wird, weil sie sich verliebt hat. Wir sehen eine Frau, die sich ihrem von ihr als ekelhaft empfundenen Ehemann, mit dem sie zwangsverheiratet wurde, sexuell unterwerfen muss. Dazu wird der betenden Protagonistin, die Rat bei Gott sucht, denn sie fragt
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