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Ich greife an

Ich greife an

Titel: Ich greife an
Autoren: Iwan Koshedub
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Burschen gelang es keinem, das Gewicht mit einer Hand zu stemmen. Ich beobachtete den Burschen, prägte mir jede seiner Bewegungen ein, und als sich eines Tages niemand im Klub befand, versuchte ich, das Gewicht zu heben. Und ich hob es!
    Bei den erwachsenen Burschen geriet das Gewicht bald in Vergessenheit. Ich schleppte es zu mir nach Hause und trainierte damit. Innerhalb einiger Monate hatte ich gelernt, das Gewicht mit einer Hand zu stoßen und auch zu drücken. Viele Jahre später, als ich an der Luftwaffenakademie studierte, gelang es mir während eines athletischen Wettkampfes, das Gewicht zwanzigmal zu drücken. Unwillkürlich fiel mir dabei ein, wie ich als dreizehnjähriges Bürschlein ein 32-Kilo-Gewicht zum ersten Male in meinem Leben mit einer Hand gehoben und hartnäckig trainiert hatte, um es drücken zu lernen.
MITGLIED DES KOMSOMOL
WOHIN GEHEN?
    Ausgefüllt durch die Schule, mit Spielen und häuslicher Arbeit verflog unmerklich die Kindheit. Im Frühjahr 1934 beendete ich die Siebenjahrschule. Um diese Zeit kamen aus allen Teilen der Sowjetunion Nachrichten über den Bau riesiger Werke und Fabriken. Das Kusnezk-Steinkohlenbecken wuchs, im Norden war der Weißmeerkanal, der Stalins Namen trägt, fertiggestellt worden, in Moskau wurde die Untergrundbahn gebaut. Die heroische Expedition der sowjetischen Polarforscher unter Führung Tscheljuskins hatte ihr Ende gefunden.
    Die großen Ereignisse, die im Lande vor sich gingen, packten mich. Auch ich wollte dort sein, wo alle diese gewaltigen Taten vollbracht wurden.
    Bei uns zu Hause hatte sich einiges geändert. Mein ältester Bruder Jakow und seine junge Frau leiteten jetzt die Wirtschaft, Vater und Bruder Grigori arbeiteten in der Fabrik, Bruder Saschko war zur Armee einberufen worden.
    Mutter betrachtete mich immer noch als Kleinsten und wünschte, daß ich zu Hause bliebe.
    Oft unterhielt sich Vater abends mit mir über meinen künftigen Beruf. Er meinte, daß ich Schlosser oder Dreher werden sollte.
    „Malen kannst du nirgends lernen", sagte er, „dazu mußt du in eine große Stadt fahren. Werde erst einmal größer, dann werden wir sehen!"
    Mein Vater liebte die Fabrik, und mich verlangte es gleichfalls, in der Produktion zu lernen und zu arbeiten. Doch plötzlich änderte sich meine Absicht. Von den Jungen hörte ich, daß der in Schostka liegende Truppenteil Schüler für das Blasorchester einstelle. Die Schüler sollten eine Militäruniform erhalten und auch beim Truppenteil leben. Ich überlegte mir, welch interessantes Leben mich erwartete, wenn man mich annähme, und beschloß, mein Glück zu versuchen.
    Eines Morgens begab ich mich in die Stadt. Ich fand den Truppenteil dadurch, daß ich der Blasmusik nachging. Blasen und Trommeln erfüllte die Luft, offenbar übten die Schüler gerade. Für mich war dieses Dröhnen zärtliche Musik. Am Tor stand ein Posten, der auf mich einen sehr gewichtigen und strengen Eindruck machte. Ich ging lange auf und ab und wagte es nicht, ihn zu fragen. Schließlich faßte ich Mut: „Onkelchen, wo werden hier die Schüler für das Blasorchester angenommen?"
    Er sah mich an und lachte: „Geh schön nach Hause, mein Junge, und wachse noch ein wenig!"
    Ich lief beleidigt und an meiner empfindlichsten Stelle getroffen nach Hause. Über meinen Mißerfolg schwieg ich, denn ich fürchtete, daß man mich auslachen würde.
    Am Abend besuchte ich Nina Wassiljewna. Wie vor sieben Jahren saß ich in ihrem Zimmer am Tisch und trank gesüßten Tee. „Wissen Sie noch, wie ich an der Schultür weinte und Sie mir das Ohr abrieben, Nina Wassiljewna?"
    Nina Wassiljewna lächelte: „Natürlich weiß ich das noch. Du. warst damals noch ganz klein. Ich weiß auch noch, wie du als Hütejunge ausgerissen bist. - Aber, Wanjuscha, hast du dich nun entschlossen? Was willst du werden?"
    „Ich möchte in die FSUeintreten, Nina Wassiljewna." (Anm.: FSU = Betriebsberufsschule)
    Die Lehrerin schwieg einen Augenblick. Dann sagte sie: „Ich bin anderer Meinung. Du solltest deine Ausbildung unverzüglich fortsetzen. Du hast die Fähigkeiten dazu. Ich rate dir, daß du dich für die Pädagogische Arbeiterfakultät vorbereitest. Du wirst keinen schlechten Pädagogen abgeben. Ich habe schon daran gedacht, als du dich damals mit den zurückgebliebenen Schülern befaßtest. Wie denkst du selbst darüber?"
    „Ich möchte schon, aber ... mich zieht es in die Fabrik, Nina Wassiljewna. Mir gefällt die Technik."
    Wieder schwieg Nina Wassiljewna,
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